Die Ölflex Classic 110 3G 1.5 ist das Pilotprodukt für die Berechnung des PCF beim Stuttgarter Kabelhersteller Lapp. (Quelle: Lapp)
"Das Jahr 2050 könnte ein Meilenstein im Hinblick auf die Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz sein. Dann - so sieht es der 2019 von der Europäischen Kommission verabschiedete Green Deal vor - soll Europa der erste klimaneutrale Kontinent sein. Um dieses Ziel zu erreichen, werden viele Stellschrauben bewegt, insbesondere bei Industrieunternehmen, denn sie gehören zu den größten Emittenten von Treibhausgasen", heißt es aus dem Haus Lapp. Die Frage "Wo können sie am besten ansetzen?" beantworten die Experten wie folgt: Zum Beispiel bei der Berechnung des Product Carbon Footprints bzw. CO2-Fußabdrucks von Produkten.
„Der Product Carbon Footprint erfasst alle Treibhausgase in der Maßeinheit CO2-Äquivalente (CO2e), die ein Produkt in seinem Lebenszyklus verursacht“, fasst Anna Maier, Project Manager Product Sustainability bei Lapp, zusammen. Sie verantwortet das Projekt bei Lapp und treibt es voran. „Das ‚e‘ steht für equivalents und beschreibt, dass nicht nur Kohlenstoffdioxid (CO2) in die Rechnung miteinfließt, sondern alle Treibhausgase, die zum Klimawandel beitragen, darunter beispielsweise Methan (CH4), Lachgas (N2O) und fluorierte Treibhausgase.“
CO2-Fußabdruck wird zum Wettbewerbsvorteil
Die Berechnung hat sowohl für Lapp selbst als auch für Lapp-Kunden Vorteile: "Indem wir den PCF eigener Produkte bestimmt, können unsere Kunden diese verifizierten Werte für ihre eigenen Berechnungen (Scope 3) nutzen. Das wird in Zukunft immer wichtiger, denn Unternehmen werden mehr und mehr anhand ihrer CO2-Emissionen bewertet und zunehmend gesetzlich gefordert, diese offen zu legen. Das hat zur Folge, dass immer mehr Unternehmen sich zum Ziel setzen CO2-Emissionen zu reduzieren, in dem sie zum Beispiel klimaneutral produzieren oder ihre Produkte umweltfreundlicher zu gestalten. Hierfür bedarf es jedoch einer soliden Datengrundlage", geben die Experten an.
Denn: Kennen Unternehmen ihre eigenen Emissionswerte, können sie selbst ermitteln, wo sie ansetzen müssen, um wirksame Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen und Treibhausgase einzusparen. Als Beispiele werden die Verbesserung der Energieeffizienz, der Einsatz erneuerbarer Energien oder eine nachhaltigere Gestaltung von Lieferketten angegeben, um klimafreundlichere Produkte herzustellen. Gleiches gelte für Kunden und Investoren, die verstärkt auf die Klimabilanz ihrer Zulieferer achten.
Verbesserungsmöglichkeiten identifizieren
Lapp selbst nutzt die eigenen PCF-Werte ebenfalls, um wichtige Weichen für den Klimaschutz zu stellen und den Herausforderungen der Zukunft gerecht zu werden. Für das Erreichen der eigenen Nachhaltigkeitsziele, benötigt das Stuttgarter Unternehmen diese präzisen Daten, durch die es seine Fortschritte messen und Verbesserungsmöglichkeiten identifizieren kann. „Ein wichtiges Stichwort ist an dieser Stelle Transparenz“, erklärt A. Maier. „Sowohl unsere Kunden als auch wir bei Lapp selbst können so auf validierte Werte zurückgreifen.“ Um eine hohe Datenqualität sicherzustellen, seien die Berechnungsmethodik nach ISO 14067 und die PCF-Ergebnisse von Dekra unabhängig geprüft worden. Die verifizierten Werte garantieren laut Lapp PCF nach den aktuellen Standards, die auch den Kunden zur Verfügung gestellt werden.
Der Anbieter von integrierten Lösungen und Markenprodukten im Bereich der Kabel- und Verbindungstechnologie geht bei der Berechnung des PCF systematisch vor und berechnet zuerst die Werte der umsatzstärksten Produkte. Die erste verifizierten PCF wurden für die Anschluss- und Steuerleitung Ölflex Classic 110 ermittelt, rund 2.500 weitere Artikel der Ölflex-Serie sollen folgen. "Dabei werden alle CO2-Emissionen nach dem ,Cradle-to-Gate'-Ansatz berücksichtigt, also alle Daten von der Rohstoffgewinnung über die Produktion, inklusive der Lagerung und Verpackung, bis das Produkt das Lapp-Logistikzentrum verlässt. Herausfordernd ist dabei insbesondere eine hohe Datenqualität und Datenverfügbarkeit über Zulieferer oder – gibt es keine belastbaren Werte – über Sekundärdaten aus CO2-Datenbanken sicherzustellen", erläutern die Experten.
Maßnahmen aus dem PCF ableiten
Mehr als die Hälfte der verursachten Emissionen entstehen nach Lapp-Angaben durch die Kupfergewinnung. Aus Kupfer bestehen die Litzen der Leitung. Um die Umweltbelastung zu reduzieren, will Lapp in Zukunft auf Kupferlieferanten setzen, die einen geringeren CO2-Fußabdruck haben, beispielsweise durch einen hohen Anteil an Sekundärkupfer, das durch Recycling gewonnen wird. Darüber hinaus recycelt das Unternehmen immer mehr selbst, beispielsweise im eigenen Werk im französischen Grimaud, das über zwei Anlagen verfügt, die das Kupferrecycling automatisieren und im eigenen Werk möglich machen. „Unser langfristiges Ziel ist es, einen extern verifizierten CO2-Fußabdruck für alle Lapp-Produkte zu erstellen und diesen zu reduzieren. Auf diese Weise zeigen wir, dass Lapp Verantwortung für die Treibhausgase der eigenen Produkte übernimmt“, so A. Maier.