Erforderliche Dokumentation

Abbild Schaltschrankbau

Bild 2: (Quelle: Siemens AG)

Abbild Schaltschrank

Bild 3: Schaltschrank (Quelle: Siemens AG)

Insofern müssen Schaltschrankbauer die geforderten Nachweise nach DIN EN 61439-1 (VDE 0660-600-1) und DIN EN 61439-2 (VDE 0660-600-2) für den Schaltschrank erbringen. Allerdings empfiehlt beispielsweise Siemens, im Vorfeld der Auftragsvergabe bestimmte Rahmenbedingungen festzulegen, da dies Auswirkungen auf den Prozess der Konformitätsbewertung hat und den Umfang der Dokumentation beeinflusst (Bild 2). Zwischen Auftraggeber und Hersteller sollte deshalb klar vereinbart werden, ob der Schaltschrank
•nicht eigens in Verkehr gebracht wird – der Schaltschrankbau also als „verlängerte Werkbank“ dient,
•oder als elektrisches, anschlussfertiges Produkt unter die Niederspannungsrichtlinie fällt,
•oder ein Sicherheitsbauteil gemäß Maschinenrichtlinie ist.

Abgrenzung der Anwendungsbereiche von Maschinen- und Niederspannungsrichtlinie

Während die Maschinenrichtlinie (MRL) die Sicherheit beim Betrieb der Maschine in den Fokus stellt, konzentriert sich die Niederspannungsrichtlinie (NSPRL) auf die Sicherheit in Bezug auf elektrische Gefährdungen: Ein Schaltschrank fällt also entweder in den Anwendungsbereich der einen oder der anderen Richtlinie. Diese Aussage bezieht sich vor allem auf das sogenannte Konformitätsbewertungsverfahren. Das bedeutet, dass sich übergeordnete bzw. gemeinsame Schutzziele der Richtlinien nicht gegenseitig ausschließen. Oder anders ausgedrückt: Die Schutzziele der NSPRL müssen in jedem Fall erfüllt werden. Die Entscheidung, ob sich ein Schaltschrank im Anwendungsbereich der MRL oder der NSPRL befindet, hat einen wesentlichen Einfluss auf das Konformitätsbewertungsverfahren, auf die CE-Kennzeichnung und auf die Nachweispflichten des Herstellers wie zum Beispiel die technische Dokumentation bzw. internen Prüfberichte. Neben der Maschinenrichtlinie und der Niederspannungsrichtlinie ist auch die EMV-Richtlinie 2004/108/EG zu beachten. Auch wenn sie nicht sicherheitsrelevant ist, beschreibt sie dennoch die wichtige Funktion, wie Geräte im praktischen Einsatz störungsfrei „miteinander funktionieren“ müssen.

Konformitätsbewertung gemäß Niederspannungsrichtlinie

Die Konformitätsbewertung muss vom Hersteller oder seinem Bevollmächtigten, ansässig in derselben staatlichen Gemeinschaft, durchgeführt werden. Sie umfasst im Wesentlichen folgende Schritte:
•die Zusammenstellung der technischen Unterlagen,
•die Konformitätserklärung und
•die CE-Kennzeichnung.
Beim Zusammenstellen der technischen Unterlagen müssen Hersteller eine Reihe wichtiger Details beachten. Hierzu gehören die allgemeine Beschreibung des elektrischen Betriebsmittels, die Konstruktions- und Fertigungspläne sowie die Schaltbilder, aus denen die Anordnung der Bauteile, Baugruppen, Schaltkreise usw. hervorgeht. In der Konformitätserklärung sind die unter der NSPRL angewandten harmonisierten Normen aufzuführen. Falls die Konstruktion nicht auf Normen basiert, müssen die Mittel genau beschrieben werden, mit denen die Sicherheitsanforderungen der Richtlinie erfüllt werden. Auch die Ergebnisse der Konstruktionsberechnungen oder von durchgeführten Prüfungen müssen Inhalt der Schaltschrankdokumentation sein. Dabei können auch Prüfberichte von Geräteherstellern oder von Dritten herangezogen werden. Stets ist zu beachten, dass sämtliche technischen Unterlagen vor dem Inverkehrbringen zusammengestellt sein müssen. Nur so lässt sich der ordnungsgemäße Nachweis führen, dass das Produkt bzw. der Schaltschrank die entsprechenden Richtlinien erfüllt.

Dokumentation muss langfristig angelegt und praxisgerecht sein

Hersteller bzw. Bevollmächtigte müssen diese technischen Unterlagen für mindestens zehn Jahre aufbewahren. Dabei müssen sie leicht zugänglich sein, gegebenenfalls auch in elektronischer Form. Diese Aufbewahrungspflicht gilt auch für den Importeur oder den verantwortlichen Inverkehrbringer, falls der Hersteller bzw. sein Bevollmächtigter nicht in der staatlichen Gemeinschaft ansässig ist. „Auf Anfrage“ beispielsweise durch Behörden müssen die technischen Unterlagen zeitnah zur Verfügung stehen. Die Konformitätserklärung muss eine Reihe von Angaben enthalten, die klar kenntlich machen, wer dafür verantwortlich ist, welche elektrischen Betriebsmittel eingesetzt sind und auf welchem Weg die Konformität erreicht wird. Unter anderem ist auch der Zeitpunkt der erreichten CE-Kennzeichnung relevant. Dabei muss die Konformitätserklärung in mindestens einer europäischen Amtssprache verfasst sein, von denen es in der EU 23 gibt. Zu diesen gehören auch die drei Arbeitssprachen: Deutsch, Englisch und Französisch. Die CE-Kennzeichnung des elektrischen Betriebsmittels muss vor dem Inverkehrbringen erfolgen und darf nur durch den Hersteller oder seinen in der Gemeinschaft niedergelassenen Bevollmächtigten erfolgen. Diese Kennzeichnung muss am elektrischen Betriebsmittel selbst erfolgen. Geht das nicht, bietet sich alternativ die Verpackung, die Gebrauchsanleitung oder der Garantieschein an. In allen Fällen gilt allerdings, dass die Kennzeichnung deutlich sichtbar, leserlich und dauerhaft sein muss. Außerdem muss sie eine Mindesthöhe von 5 mm haben und bei Vergrößerungen müssen die Proportionen erhalten bleiben. Kennzeichnungen, die der CE-Kennzeichnung in Bedeutung oder Gestalt ähnlich sind und somit Verwechslungen hervorrufen könnten, sind verboten.

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