Überstromarten in DC-Netzen

Bild 02: Das hybride Hochvoltrelais HVR10 vereint die galvanische Trennung eines elektromechanischen Kontakts mit der Leistungsfähigkeit modernster Halbleitertechnik. (Quelle: E. T. A.)
Ein Überstrom liegt oberhalb des betriebsmäßigen Lastfalls eines Betriebsmittels vor, also wenn die Betriebsmittel mehr Strom als vorgesehen verbrauchen. Es gibt zwei Fälle von Überstrom. Bei einer Überlast handelt es sich um Überstrom in einem elektrisch fehlerfreien Stromkreis. Bei einem Kurzschluss liegt Überstrom in einem elektrisch fehlerbehafteten Stromkreis vor. Von Überlast ist bei DC Applikationen bis zum vierfachen Bemessungsstrom des Schaltgeräts die Rede. In diesem Bereich soll die Auslösung verzögert erfolgen, um kurzzeitige Anlaufströme zu tolerieren. Ein Kurzschluss dagegen muss eine unmittelbare Auslösung zur Folge haben. Die Zeit, in der eine Überstrom-Schutzeinrichtung abschalten muss, hängt bei DC Applikationen stark von der gewählten Ausführung des Netzes ab.
Uni- und bidirektionale Netze
In unidirektionalen Netzen fließt der Strom von der Quelle zum Verbraucher, aber niemals zurück. Stromflüsse von anderen Verbrauchern haben keine Auswirkung auf die Stabilität des Netzes. Daher muss die Abschaltung von Überströmen in diesen Netzen in weniger als 10 ms erfolgen.
Bei bidirektionalen Netzen können Verbraucher auch Quellen sein. So kommt es, dass ein elektrischer Fehler in Lastzonen mit der Rückspeisung aus anderen Lastzonen verbunden sein kann. Um Fehlauslösungen intakter Verbraucher zu vermeiden, kommen komplexere Kennlinien zum Einsatz. Die Abschaltzeiten müssen unter 3 ms liegen.
Unabhängig von der Ausprägung des Netzes sind Schaltgeräte in DC Netzen im Fehlerfall mit potenziell hohen Stromanstiegen und der Frage nach der Selektivität konfrontiert. Darüber hinaus kann es weitere Anforderungen an integrierte Funktionen für diese Netze geben, wie z. B. Vorladung oder Soft Starts oder die Bereitstellung von Systemdienstleistungen (beispielsweise Strom-Spannungs-Monitoring). Abhängig von den Anforderungen der Applikation und der gewählten Netzform kommen unterschiedliche Konzepte zum Einsatz. Zwei dieser Konzepte sind elektromechanische Schaltgeräte und Halbleiter Leistungsschalter. Bei Letzteren gibt es nochmals die Unterscheidung in Hybride Schutzschalter (Semi Conductor Hybrid Circuit Breaker, SCHCB) und Halbleiter Schutzschalter (Semi Conductor Circuit Breaker, SCCB).
Schutzschalter für höhere Gleichspannungen
Elektronischer Überstromschutz existiert bereits seit fast 25 Jahren und ist inzwischen für DC 24V und DC 48V Anwendungen die State of the Art Lösung. ETA war hier mit dem elektronischen Schutzschalter Typ ESS1 Pionier für diese Technologie. Die Vorteile einer sehr schnellen Erkennung des Überstroms, der programmierbaren Kennlinien und der Möglichkeit, weitere Funktionen wie Fern Ein und Aus oder Diagnosefunktionen zu implementieren, liegen auf der Hand. Die Fortschritte in der Halbleitertechnologie machen es zunehmend möglich, auch in Applikationen mit höheren Gleichspannungen, elektrische Verbraucher mit hybriden oder vollelektronischen Leistungsschaltern abzusichern. So wurden hochperformante, hydraulischmagnetische Schutzschalter entwickelt, die in DC Applikationen wie z. B. Rechenzentren zum Einsatz kommen. Auf Basis dieser bewährten Technologie wurde eine neue Generation von Schutzschaltern für höhere Gleichspannungen entwickelt. Durch die kompakte Bauform ist das mechanische Schalten von DC 400 V auf 19 mm Bauraum (1 polig) und DC 800 V auf 38 mm Bauraum (2 polig) gut möglich. Das Schalten dieser höheren Gleichspannungen macht mechanisch in unidirektionalen Applikationen Sinn, da hier nur einfache Kennlinien zum Einsatz kommen müssen. Elektromechanische Schutzschalter sind in diesen Anwendungen kostentechnisch und platzmäßig anderen Lösungen überlegen und ausreichend schnell. Durch die mechanische Konstruktion und das ausgeklügelte Lichtbogenlöschsystem ist das Schalten und Schützen ohmscher Lasten in kleiner als 10 ms gut realisierbar.