Interview: Jochen Ditsche, Urs Neumair und Christoph Steiger

Krisen werden vielfach als Chance gesehen. Sehen Sie dies im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ebenso: Welche Chancen eröffnen sich für den Maschinen- und Anlagenbau sowie die Elektroindustrie konkret mit Blick auf den nahezu weltweiten Lockdown?

J. Ditsche: Aus unserer Sicht sind Krisen in der Tat Zeiten, in denen sich Chancen ergeben – vor allem für die schnellen und agilen Unternehmen. In der ersten Phase unmittelbar nach dem Shutdown fordern Kunden des Maschinen- und Anlagenbaus sowie der Elektroindustrie ein schnelles Hochfahren der bestehenden Anlagen und bald auch deren Betrieb unter Volllast. Investitionen in Neuanlagen dürften kaum und nur sehr gezielt erfolgen. Eine einsatzbereite Servicemannschaft und ein proaktives Management der Serviceanfragen sind dann gefordert.

Darauf aufbauend sollten die Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus sowie der Elektroindustrie mittelfristig ihr Angebotsspektrum, die Serviceleistungen sowie ihre Lieferketten neu denken und weiter digitalisieren. Das bloße Liefern von Anlagen und Maschinen sowie der gelegentliche Service werden zukünftig nicht mehr den Anforderungen der Kunden genügen.

Wir gehen davon aus, dass die Geschäftsmodelle komplexer und digitaler werden. Erfolgreiche Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus sowie der Elektroindustrie werden über eine umfassende Digitalisierungskompetenz verfügen müssen. ­Darüber hinaus müssen sie in der Lage sein, agil laufend neue ­Geschäftsmodelle zu entwickeln und erfolgreich am Markt zu positionieren. Mittel- bis langfristig kann sich hierzulande aus der Kombination von starker Entwicklungs- und Fertigungskompetenz, Digitalkompetenz und Klimaorientierung eine neue Schlüsselindustrie entwickeln, die Produkte und Verfahren anbietet, deren Einsatz weltweit für saubere Luft, sauberes Wasser und saubere Nahrung sorgt – und damit nachhaltig wirtschaftlichen Erfolg und Arbeitsplätze sichert.

Inge Hübner
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