Erhöhte Messgenauigkeit

Gerd Niedermayer, Senior E&I Engineering Manager bei BASF

Gerd Niedermayer, Senior E&I Engineering Manager bei BASF: „Wir wollen keine Sonderlösungen. Profisafe ist ein TÜV-geprüftes SIL3-Sicherheitsprotokoll und bewährt sich seit vielen Jahren in der Automobilindustrie. Daher war dieser Weg für uns naheliegend“ (Quelle: BASF)

 BASF-Testlabor in Ludwigshafen

Ein Blick in das BASF-Testlabor in Ludwigshafen (Quelle: BASF)

Ein weiterer Pluspunkt ergibt sich bei der Messgenauigkeit. Die weit verbreitete Aufmodulation eines Hart-Signals auf das 4...20-mA-Signal bietet zwar (Non-Safety-)Zugriff auf weitere Parameter und ermöglicht bessere Wartungskonzepte, führt aber gleichzeitig zu einer schlechteren Messgenauigkeit. Da die gemessenen Prozesswerte in den Feldgeräten bereits in digitaler Form vorliegen, lassen sich diese ohne Qualitätsverlust mit Ethernet-APL direkt in die Automatisierungssysteme übertragen. „Wir müssen dann nicht mehr mit einem Wert von 74 °C arbeiten, weil dieser zwei bis dreimal umgewandelt wurde, sondern erhalten den exakten Wert von 73,89 °C“, nennt G. Niedermayer einen weiteren Vorteil. Dieser genauere Messwert ist nicht nur aus dem Gesichtspunkt einer besseren Prozessführung interessant, sondern steht auch für erhöhte Safety-Anforderungen zur Verfügung.

Optimierte Diagnose

„Wir bekommen aufgrund der einheitlichen Infrastruktur für Safety- und Non-Safety-Anwendungen bessere Diagnosemöglichkeiten“, ist G. Niedermayer weiter überzeugt. Schließlich haben Unternehmen so die Chance, das gleiche Diagnosekonzept für Feldgeräte, Netzwerktechnik und Automatisierungssysteme zu realisieren. Bei den derzeit in Safety-Anwendungen genutzten reinen 4...20-mA-Signalen können Diagnoseinformationen nur über ein Ausfallsignal übermittelt werden. Dies führt zur Auslösung des betroffenen Kanals der Safety-Funktion. Mit Ethernet-APL wäre jedoch ein differenziertes Auswerten und Reagieren auf Alarme ohne Messwertverlust möglich. Außerdem reduziert sich der Prüfungsaufwand mit Ethernet-APL, da die Geräte regelmäßig und umfänglich bei laufender Anlage geprüft werden können. G. Niedermayer erklärt: „Dies ist vor allem deshalb interessant, weil die Zahl der Safety-relevanten Geräte stetig steigt.“

Akzeptanz am Markt

Ein flächendeckender Einsatz von Ethernet-APL-Feldgeräten in betrieblichen als auch Safety-Anwendungen setzt voraus, dass die gängigen Messprinzipien mit dieser Technologie auch verfügbar sind. Hierzu zählen unter anderem Druck, Temperatur, Füllstand und Durchfluss. Um die Investition in die Ethernet-APL-Infrastruktur zu rechtfertigen, müssen mindestens 80 % bis 90 % der Feldgeräte einer Anlage über Ethernet-APL eingebunden sein. Zudem müssen alle Komponenten gemäß IEC 61508 entwickelt und zertifiziert sein, damit sie in einer Safety-Anwendung eingesetzt werden können.

Obwohl Safety- mit Non-Safety-Protokollen gemischt verwendet werden können, ist es den Anwendern wichtig, die Netze getrennt zu halten. „Auch wenn wir aus Gründen der erhöhten Sicherheit auf zwei separate Netze setzen, möchten wir dennoch die gleiche Struktur für das Leitsystem und die Safety-PLC“, erläutert G. Niedermayer.

Fazit

Es sind zwar noch einige Fragen offen, aber die ersten Erfahrungen mit Profisafe in der BASF-Testanlage, in der Ethernet-APL seit einigen Jahren auf Herz und Nieren geprüft wurde, sind positiv: „Wir haben in unserer Testanlage zwei Profinet-Geräte von Endress+Hauser mit einem Profisafe-Stack an unser HIMax-System von Hima im August 2020 angeschlossen und getestet. Das hat als Proof-of-Concept gut funktioniert“, so der erste Eindruck von G. Niedermayer. Jetzt heißt es, noch etwas Geduld zu haben. „Da die Profisafe-Funktion noch in die Profinet-Feldgeräte implementiert werden muss, müssen wir hier noch die Roadmaps der Hersteller, wie Endress+Hauser, Krohne, Emerson etc., abwarten“, gibt sich G. Niedermayer zuversichtlich.

Auch die von der Namur geforderte durchgängige Digitalisierung kann mit dieser Technologie einfach umgesetzt werden. Für G. Niedermayer hat Ethernet-APL auf jeden Fall das Potenzial, die Infrastruktur von Safety- und Non-Safety-Anwendungen zu vereinheitlichen. Dies hätte den Vorteil, dass Lösungen in der Prozessautomation entstehen, die minimale Komplexität mit maximaler Wirtschaftlichkeit verbinden. „Wenn dieses Lösungskonzept als Industriestandard in der Prozessautomatisierung zum Einsatz kommt, hätten wir gleichzeitig volle Transparenz der Daten in der Anlage. Dies eröffnet weitere Chancen für Optimierungen“, sagt G. Niedermayer abschließend.

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