01 Im Karosseriebau kommen viele Roboter zum Einsatz. Sie alle werden mit Gleichstrom angetrieben und sparen so eine Menge Energie in der Fertigung eines bayerischen Automobilbauers. (Quelle: Daniel Schvarcz_Lapp)
Im Rahmen des Forschungsprojekts DC-Industrie2 wurde ein Konzept für ein intelligentes DC-Versorgungssystem für eine Produktionshalle entwickelt. Seinerzeit waren bei diesem auch Lapp [1] und die BMW Group [2] mit dabei. Fazit beim Projektende im März 2023: DC eignet sich für ein nachhaltiges, elektrisches Netz und kann gut in die Produktion eingebunden werden. Die Erkenntnisse wurden in der vom ZVEI gegründeten Arbeitsgemeinschaft Open Direct Current Alliance (ODCA) [3] aufgenommen und weiterentwickelt. Mit 56 beteiligten Unternehmen, darunter auch Lapp, setzt sich die ODCA nun für eine ressourcenschonende und CO2-neutrale Welt ein.
Große Einsparpotenziale
Lapp erforschte im Projekt DC-Industrie2 die Langzeitstabilität von Isolationsmaterialien für DC-Kabel und -Leitungen. Konkret wurde untersucht, welche Auswirkungen Gleichstrom auf ein Kabel oder eine Leitung hat und was es zu beachten gilt. Neben dem abweichenden Farbcode zu AC-Kabeln nach DIN EN IEC 60445 (VDE 0197) [4] und der reduzierten Anzahl der Phasenleiter kann aufgrund der höheren Spannung auch häufig ein kleinerer Querschnitt verwendet werden: Leitungen für Wechselspannung haben fünf Adern, bei Gleichspannung sind es nur drei oder vier. DC-Leitungen benötigen daher weniger Kupfer als ihre AC-Schwestern. Das Material-Einsparpotenzial beträgt etwa 40 %. Das macht sie darüber hinaus platzsparender. Außerdem wurde der Einfluss von DC im Niederspannungsbereich auf das Isolationsmaterial untersucht. Die Normung (UL 758 [5]) sieht identische Prüfungen für AC- und DC-Leitungen vor. Das Isolationsmaterial ist im Niederspannungsfall gleich einsetzbar; bei einzelnen Materialien in Kombination mit einer sehr starken Feuchtigkeitsbelastung muss höhere Durchschlagfestigkeit gewährleistet werden.
Mittlerweile hat Lapp ein umfassendes Portfolio aus Ölflex-Anschluss- und Steuerleitungen für DC im Angebot, die sich für unterschiedliche Einsatzzwecke von der festen Verlegung bis zur Dauerbewegung in Schleppketten eignen. Die Lapp-Leitungen kommen unter anderem in einem Pilotprojekt bei BMW zum Einsatz. Der Automobilbauer testet in seinem Werk in Dingolfing die Möglichkeiten und Potenziale der DC-Technologie in der Praxis: Hier wird die Fertigung
im Karosseriebau mit Gleichstrom betrieben.
„In Zukunft wird Energie in der Produktion voraussichtlich mehr und mehr durch Gleichstrom bereitgestellt“, ist Alois Heimler, Strategic Marketing Manager Intralogistik & Automotive bei Lapp (Bild 3), überzeugt. „Das Zauberwort heißt weniger Spannungswandlungen.“ Denn: 25 % des Stromverbrauchs einer Industrieanlage entfällt auf Maschinen und Roboter. Deshalb suchen Hersteller nach Wegen, den Energiekonsum zu senken. Und hier verspricht Gleichstrom große Potenziale.
Energierückgewinnung durch Rekuperation
Im Karosseriebau bestimmen Roboter das Geschehen (Bild 1). Industrieroboter beschleunigen kurzzeitig und entnehmen dabei viel Energie aus dem Stromnetz, um einen Bewegungsablauf zu initiieren oder in kinetische Energie zu wandeln. Im Abbremsmoment oder im Senkbetrieb wird jedoch aus der kinetischen Energie wieder elektrische Energie erzeugt; der Antrieb befindet sich nun im Generatorbetrieb. Diese kinetische Energie wird in Wechselstromsystemen (AC) in der Regel nicht gespeichert und geht als Wärmeenergie verloren. Bislang kamen Bremswiderstände zum Einsatz, um die überschüssige Energie zu „verbrennen“.
Anders im Gleichstrom-Netz: „Hier wird die Energie in den DC-Zwischenkreis, andere DC-Verbraucher oder Energiespeicher gespeist. Somit kann die Energie, die bei Abbremsvorgängen frei wird, ohne große Wandlungsverluste zentral für alle Verbraucher an das Netz zurückgeschickt werden“, erklärt A. Heimler die Bremsrekuperation. Das erlaubt den direkten Energieaustausch zwischen allen Antrieben.
Ideal ist, wenn der Strom aus regenerativen Quellen wie Photovoltaik stammt. Dann liegt direkt DC vor, wenn auch die Verbraucher zunehmend auf Gleichstrom ausgelegt sind. „DC ist daher ein Kernelement für die Energiewende“, stellt A. Heimler fest. Die genauen Einsparungen bei einer Umstellung auf DC variierten je nach Anlage und ihrer Auslastung. Ergebnisse zwischen 15 % und 20 % seien jedoch realistisch.