Nur Einzeladern getestet

Um eine gegenseitige Beeinflussung von Einzeladern und Mantel auszuschließen, wurden die Labortests zunächst an Einzeladern im Wasser durchgeführt. Damit wurde allein deren Isola­tionsfestigkeit untersucht. Das entspricht jedoch nicht den Einsatzbedingungen in der Praxis, denn in einer Leitung befinden sich üblicherweise mehrere Adern, die mit einem Mantel umhüllt werden. In der Zukunft werden nun Messungen an kompletten Leitungen angestrebt. Aufgrund der visuellen Erscheinungen ergibt sich die Frage hinsichtlich der Eignung der verwendeten Prüfmethode. Die Methode, die Alterung im Wasserbad zu beschleunigen, entspricht den Definitionen der DIN VDE 0276-605 [3] und hat sich bei Wechselspannungsleitungen bewährt. Auch liefert sie gute Hinweise auf das tatsächliche Alterungsverhalten über Zeiträume von Jahren und Jahrzehnten. Dies gilt auch für PVC-Leitungen. Fraglich ist allerdings, ob dies auch beim Betrieb mit Gleichspannung gilt. Hier scheint das Wasser eine andere, so nicht vorhergesehene Rolle zu spielen; es beschleunigt den Zeitraffer offenbar noch einmal erheblich.

Weitere Forschung nötig

Um hier zu belastbaren Aussagen zu kommen, bedarf es weiterer Forschung. Zum einen plant die Arbeitsgruppe Alterungstests, die ohne Wasserbad auskommen, die dann allerdings länger andauern müssten. Zum anderen sollen erforscht werden, was chemisch und physikalisch im Kunststoff stattfindet.

Bis dazu belastbare Daten vorliegen, gibt es keinen Grund, auf Leitungen mit PVC-Isolation in Gleichspannungsanwendungen zu verzichten. Voraussetzung ist allerdings, dass diese Leitungen fest, also ohne Bewegung, sowie ohne mechanische Belastung etwa durch zu enge Biegera­dien verlegt werden. Außerdem sollte die Umgebung stets trocken sein. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, etwa im bewegten Einsatz in Energieketten, können Anwender auf andere Isolationsmaterialien ausweichen. So hat beispielsweise TPE in den Prüfungen im Wasserbad gut abgeschnitten.

 

Literatur:
[1] Technische Universität Ilmenau, Fachgebiet „Elektrische Geräte und Anlagen“: www.tu-ilmenau.de/ees-ega
[2] U. I. Lapp GmbH, Stuttgart: www.lappkabel.de
[3] DIN VDE 0276-605 VDE 0276-605:2009-07 Starkstromkabel. Ergänzende Prüfverfahren; Deutsche Fassung HD 605 S2:2008. Berlin · Offenbach: VDE VERLAG
[4] DIN EN 60445 VDE 0197:2018-02 Grund- und Sicherheitsregeln für die Mensch-Maschine-Schnittstelle. Kennzeichnung von Anschlüssen elektrischer Betriebsmittel, angeschlossenen Leiterenden und Leitern (IEC 60445:2017 + COR1:2017); Deutsche Fassung EN 60445:2017. Berlin · Offenbach: VDE VERLAG

Prof. Frank Berger (Fachgebietsleiter an der Technischen Universität Ilmenau)
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