Sonderaufgaben der Raspberry Pi

Abbild Temperaturanzeige

Bild 4: Temperaturanzeige (Quelle: Hochschule Heilbronn)

Der Sensor als MQTT-Client

In der IoT-Box spielt der Raspberry Pi eine besondere Rolle, da er neben der Kommunikation weitere Programme enthält und somit weitere Funktionalitäten übernehmen kann. So dient zum Beispiel das Programm Node-RED als einfache und universelle Entwicklungsumgebung für Aufgabenbereiche aus der Informationstechnologie. Über das grafische Verbinden von Nodes entstehen Flows, mit zum Teil beeindruckenden Funktionalitäten (Bild 4). So lassen sich zum Beispiel Mails oder Twitter-Nachrichten versenden oder Sensorwerte, die von einer Steuerung über OPC UA kommen, grafisch in einer Webvisualisierung darstellen und zeitgleich in einer Datenbank (die auch auf dem Raspberry Pi installiert ist) ablegen.
Damit die Daten nicht gleich in eine externe Cloud gesendet werden müssen, besitzt der Raspberry Pi auch einen „lokalen“ Apache-2-Webserver sowie eine „MySQL“-Datendank, die über die Webanwendung „phpMyAdmin“ verwaltet werden kann. Mit diesen Programmpaketen lassen sich eigene Webapplikationen erstellen.

Der Begriffstitel IoT (Internet of Things) „fordert“, dass alle (elektronischen) Dinge über das Internet miteinander kommunizieren sollen. Traditionell werden in der Automatisierungstechnik Sensordaten von der Eingangskarte einer Steuerung eingelesen, in der Steuerung verarbeitet und ggf. an weitere Steuerungen oder an ein Leitsystem gesendet. In der Informationstechnik werden auch Nachrichten verschickt, zum Beispiel über Twitter. Bei Twitter wird das schlanke und effiziente MQTT-Protokoll verwendet. Somit liegt es auf der Hand, dass zukünftig nicht mehr die Steuerungen, sondern bereits das Sensorsystem Nachrichten versenden wird. Das Publish/Subscribe-Konzept von MQTT benötigt keine performante CPU und durch das zentrale „Verwaltungssystem“ der Nachrichten, dem sogenannten Broker, ist eine flexible Skalierbarkeit garantiert. Dabei wäre das Sensorsystem dann der Publisher und Steuerungen, IT-Systeme oder aber auch eine Cloud die Subscriber.

OPC UA TSN als möglicher Standard für zukünftiges IIoT

OPC Unified Architecture (OPC UA) ist eine konsequente Weiterentwicklung von OPC (classic) und ermöglicht durch die Eliminierung von COM/DOM eine plattformunabhängige Kommunikation zwischen unterschiedlichen Steuerungen und verschiedenen Geräten aus der Informationstechnologie (IT) . Aktuelle Entwicklungen lassen vermuten, dass in naher Zukunft sogar die Aktor-Ebene (bei der harte Echtzeit und Determinismus notwendig sind) erreicht werden wird. Spätestens dann wird die vollständige vertikale Integration bei der Automatisierungspyramide erreicht sein. Auf der anderen Seite wird auch an der Verbindung zur Cloud über OPC UA TSN (Time Sensitive Networking) gearbeitet [1].

[1] Jamal, R.; Heinze, R.: Virtuelle Instrumente in der Praxis 2017. Begleitband zum 22. VIP-Kongress. ISBN 978-3-8007-4441-1

Zusammenfassung und Ausblick

Die Automatisierungstechnik unterliegt einem ständigen Wandel. In der Vergangenheit verbesserten sich die Steuerungen jährlich dadurch, dass noch kürzere Zykluszeiten mit noch weniger Jitter erreicht werden konnten (Echtzeit und Determinismus), was zum Beispiel der Präzision einer schnellen Produktionsmaschine entgegenkommt. Im Zeitalter von Industrie 4.0 wird daran gearbeitet, dass die Automatisierungs- und Informationstechnik zusammenwachsen und dadurch eine vollständige vertikale Automatisierungs-Integration ermöglicht wird. Dafür bietet OPC UA eine gute Basis und die nahe Zukunft wird zeigen, wie die aktuellen Entwicklungen bezüglich OPC UA TSN angenommen werden und sich im sogenannten Greenfield etablieren bzw. im Brownfield integrieren lassen.
Wenn bei einer OPC-UA-Kommunikation die Datenmenge relativ hoch ist und der Client sich die aktuellen Werte kontinuierlich erfragen muss, so liefert das schlanke MQTT-Protokoll durch das Publish/Subscribe-Konzept eine effiziente Kommunikationsmöglichkeit zwischen performanten Steuerungen und weniger performanten Mikrocontrollern. MQTT bietet momentan eine gute Möglichkeit Sensor- oder Steuerungsdaten in eine Cloud zu versenden. Die IoT-Box zeigt mit industriellen und kommerziellen Produkten Möglichkeiten auf, wie die Automatisierungs- und Informationstechnik zusammenwachsen können, indem die verschiedenen Teilbereiche in gemeinsamen Applikationsbeispielen zusammen funktionieren. Der verwendete Raspberry Pi beherrscht hierbei die notwendigen Netzwerkfunktionalitäten. Die darauf installierten Programmpakete (MQTT-Broker, Node-RED, Codesys, Apache 2, „MySQL“, „phpMyAdmin“) bieten eine ideale Grundlage für das skalierbare und interdisziplinäre Lehren und Lernen. Der Einsatz von unterschiedlichen Steuerungen bzw. Kopplern zeigt außerdem, wie die verschiedenen Hersteller mit den gleichen Konfigurationsaufgaben umgehen. Eine konsequente Weiterentwicklung kann nun auf verschiedene Arten erfolgen. Zum einen können bzw. müssen die aktuellen OPC-UA-TSN-Entwicklungen beobachtet und entsprechend umgesetzt werden, zum anderen kann auch das Cloud-Computing betrachtet werden, sodass die Daten nicht nur in der Cloud liegen oder von Alexa vorgelesen werden.
Dieser Artikel ist eine gekürzte Version des Beitrags S4-1b „Das Internet der Dinge und industrielle Bussysteme im Hörsaal“ aus dem Tagungsband zur 15. Fachkonferenz AALE 2018 in Köln [2].

[1] Plenk, V.: Protokolle: OPC UA. In: Angewandte Netzwerktechnik kompakt. IT kompakt. 2017, Springer Vieweg, Wiesbaden
[2] Smajic, H. (Hrsg.): Tagungsband AALE 2018: Das Forum für Fachleute der Automatisierungstechnik aus Hochschulen und Wirtschaft. VDE VERLAG Berlin, ISBN 978-3-8007-4522-7

Prof. Dr.-Ing. Thomas Pospiech, Prof. Dr.-Ing. Tobias Loose
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