Kabelschellen erhöhen die Anlagensicherheit
Stromführende Kabel und Leitungen lassen sich in Anlagen, Produktion, Gebäuden oder Rechenzentren auf unterschiedliche Arten verlegen und sichern. Als strukturmechanische Lösung schützen zum Beispiel die neuartigen Kabelschellen (Bild 3) von Panduit [1] bei Kurzschlüssen und erhöhen so die Anlagensicherheit maßgeblich. Das Thema gewinnt seit der internationalen Norm IEC 61914:2015 [2] (deutsche Fassung DIN EN 61914 (VDE 0604-202):2016-11 [3]) für Kabelhalter für elektrische Installationen an Bedeutung. Die Norm dokumentiert genau den Prüfaufbau, der den Widerstand gegenüber elektromechanischen Kräften simuliert und wie man darauf basierend die Kräfte an Leitungen und Kabelhalter berechnen kann (Tabelle in Bild 4). Die Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Panduit nutzt ein modernes Simulationsprogramm, um zu erkennen, wie sich die elektromagnetischen Kräfte bei einem Kurzschluss entwickeln und welche Materialzusammensetzung der Kabelschellen geeignet ist (Bild 5). Die virtuelle Betrachtung bereitet ideal auf die die Prüfung gemäß IEC 61914:2015 vor. Erst nach der Simulation am Computer werden die Komponenten in einem zertifizierten Labor realen Kurzschlusstests unterzogen, um zu bestätigen, dass sie diesem Standard entsprechen.
Kleeblattform 38 mm Kabeldurchmesser | Kleeblattform 38 mm Kabeldurchmesser | Kleeblattform 35 mm Kabeldurchmesser | Kleeblattform 38 mm Kabeldurchmesser |
Ein Kurzschlussereigniss (Absatz 6.4.4) 300 mm Abstand | Zwei Kurzschlussereignisse (Absatz 6.4.5) 300 mm Abstand | Ein Kurzschlussereigniss (Absatz 6.4.4) 600 mm Abstand | Zwei Kurzschlussereignisse (Absatz 6.4.5) 600 mm Abstand |
0,1 Sekunden | 0,1 Sekunden | 0,1 Sekunden | 0,1 Sekunden |
172 kA Spitze | 167 kA Spitze | 143 kA Spitze | 125 kA Spitze |
39,77 kN (8926 lbs) | 37,4 kN (8415 lbs) | 59,5 kN (13398 lbs) | 41,9 kN (9429 lbs) |
Bild 04: Übersicht über Kurzschlusstests, Prüfung nach IEC 61914:2015 in einer KEMA-Testumgebung; unabhängige, nach ISO 17025 zertifizierte Test-, Inspektions- und Zertifizierungsdienste (IEEE, IEC, UL und ANSI) für elektrische Anlagen
Moderne Simulationssoftware
Mit moderner Simulationssoftware modellieren die Forschungs- und Entwicklungstechniker von Panduit so den dynamischen Drei-Phasen-Wechselstrom-Kurzschlusstest. Der virtuelle Versuch findet über einen Zeitraum von einer Zehntelsekunde statt (siehe IEC 61914:2015). Die Simulation verdeutlicht, dass Bauteile Geschwindigkeiten von mehr als 50 m/s entwickeln, Materialien sich stark verformen und insgesamt katastrophale Ausfälle und Schäden folgen können. Die Ergebnisse der Simulationsentwicklung sind:
- Anpassung der Steifigkeit, Streckgrenze und Masse von soliden Kupferleitern für den Einsatz unter den möglichen Temperaturbedingungen der Leitungen,
- Entwicklung von Materialmodellen mit hoher Dehnungsrate für jede Komponente,
- Einbeziehung der elektromagnetischen Simulation,
- Entwicklung eines mathematischen Modells mit 30 Variablen, mit dem der Algorithmus für die verschiedenen Koeffizienten ermittelt wird,
- Entwicklung von Kriterien für den Verschleiß von Elementen, um die Simulation von physischem Versagen zu ermöglichen, sowie
- erfolgreiche Verifizierung in frühen Tests.
Die neue Produktlinie an Kabelschellen wird in Testzentren vom Prüfinstitut KEMA Labs zertifiziert. Dabei liegen die Spitzenwerte des Kurzschlussstroms sehr nahe an denen der Simulation. Außerdem werden folgende Bereiche in den realen Test einbezogen:
- Temperaturbereich von −60 °C bis 120 °C,
- Beständigkeit gegen Flammenausbreitung analog der UL 94,
- Prüfung der seitlichen Belastung bei Höchsttemperatur,
- Prüfung der axialen Belastung bei Höchsttemperatur,
- Schlagfestigkeit bei Mindesttemperatur,
- Korrosions- und UV-Beständigkeit sowie
- Beständigkeit gegen elektromechanische Kräfte.
Insgesamt bestimmte die Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Panduit schneller und besser die Variablen, die am dreiphasigen Kurzschluss beteiligt sind. In wiederholten Simulationen wurden Konstruktionsänderungen überprüft und Spitzenstrom-Zertifizierungsniveaus ermittelt. Zusammenfassend ließen sich der Prototyp- und Testzyklus erheblich reduzieren.