Netzrückwirkungen frühzeitig berücksichtigen

„Die Anlage/Maschine ist erst … Jahre alt…“ oder „Die Gewährleistung ist gerade abgelaufen…“ gehören auszugsweise zu den häufigsten Hilferufen, zugleich Gewährleistungsansprüche nur in den seltensten Fällen berechtigt sind. Mit einem steigenden Anteil an frequenzbasierten Antriebstechnologien in nahezu allen Anlagentypen empfiehlt es sich, bereits im Rahmen der Projektierung der Anlagen auf Netzrückwirkungen des Verbrauchers zu achten. Besonders hochfrequente Belastungen, beispielsweise von Frequenzumrichtern ohne Oberschwingungsfilter und ungefilterte Versorgungsnetzteile, gehören zu den gängigsten Verursachern.

Auch die Definition von einzuhaltenden eigenen oder normativ begründeten Grenzwerten für Spannungsqualitätspegel könnte hier sinnvoll sein. In Abstimmung mit den Herstellern lassen sich so anlagenseitig bereits Messeinrichtungen und Filterkreise zur Minimierung solcher Belastungen einplanen. Auch die entsprechenden Normenkreise betrachten diese Aspekte wiederkehrend mit Berücksichtigung in den Normschriften, auch wenn hier eine natürliche Verzögerung bis zur dokumentarischen und inhaltlichen Definition zu beachten ist.

Oft übersteigen die Kosten für den Austausch der fehlerbehafteten Anlage/des Verbrauchers jedoch die Kosten im Vergleich zu einer alternativen, nachträglichen Lösungsvariante oder der Austausch ist aus anderen betrieblichen Aspekten nicht umsetzbar. Die „Gewährleistung der Versorgungssicherheit“ von Maschinen und Anlagen oder auch Rechenzentren gewinnt immer mehr an Bedeutung und zählt in diesem Zusammenhang zu den häufigsten Argumenten gegen die Detail Fehlersuche und deren Behebung.

Aktive Netzfilter zur zielgerichteten Minimierung der Spannungsqualitätsbelastungen zentral in der Anlage oder direkt am betroffenen Anlagenteil bieten dabei Möglichkeiten, erhöhte Oberschwingungspegel zu senken. Auch ein Aufbau von Filtertechnologien in Kaskaden zur Erweiterung der Filterkapazitäten ist möglich. Ähnlich dem aus  der Unterhaltungselektronik bekannten „Noise Canceling“- Verfahren, nimmt der Netzfilter das aktuelle Oberwellenspektrum durch seine interne Messtechnik auf und steuert mit selbst generierten Frequenzanteilen und Regelzeiten im μ-Sekundenbereich das Oberwellenspektrum aus.

Neben der Filterdimensionierung durch einen Experten auf den Filtertypen und dessen Bauart sei jedoch auch an dieser Stelle an die Grenzen von aktiven Filterlösungen hingewiesen: Im sogenannten „Resonanzfall“, den es im Rahmen der Filterauslegung messtechnisch auszuschließen gilt, sind spezielle auf die Resonanzfrequenzbereiche dimensionierte, passive Filterlösungen einzusetzen. Auch eine Kombination von passiven und aktiven Filterlösungen wird häufig projektiert und umgesetzt.

Literatur

  1. DIN EN 50160:2020-11 Merkmale der Spannung in öffentlichenElektrizitätsversorgungsnetzen. Berlin · Beuth
  2. DIN EN 61000-4-30 (VDE 0847-4-30):2016-01 Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) – Teil 4-30: Prüf- und Messverfahren– Verfahren zur Messung der Spannungsqualität. Berlin ·VDE VERLAG
  3. DIN EN 62586-1 (VDE 0415-1):2018-07 Messung der Spannungsqualität in Energieversorgungssystemen – Teil 1: Messgeräte für die Spannungsqualität. Berlin · VDE VERLAG
  4. Janitza Eletronics GmbH, Lahnau: www.janitza.de
  5. PQ Engineering Nosswitz GmbH, Otterfing: www.nosswitz.de
Hannes Fröhlich ist Business Development Manager für Planer bei der Janitza Electronics GmbH in Lahnau.
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