Abbild eines Geräts

Bild 1:   Mit den einbaufertigen Anybus-Kommunikationsmodulen lässt sich TSN in Automatisierungsgeräten nachrüsten (Quelle: HMS Industrial Networks GmbH)

Ursprünglich wurde TSN für die Echtzeitübertragung von Audio- und Videodaten in Ethernet-Netzwerken konzipiert. Schnell stellte sich heraus, dass TSN aufgrund seiner guten Echtzeiteigenschaften auch für andere Anwendungsbereiche, wie die schnelle Echtzeitkommunikation in Fahrzeugen, dem Finanzwesen (Echtzeitkommunikation für die Börse) oder der Multimediawelt (Verteilung von Audio- und Videosignale synchron über das Netzwerk) sowie für die Echtzeitkommunikation in industriellen Anwendungen, geeignet ist.

TSN – ein Baukasten aus zehn Standards

Die Echtzeiterweiterung TSN darf jedoch nicht als ein einzelner Standard in Form einer Spezifikation verstanden werden, die Ethernet echtzeitfähig macht. TSN ist vielmehr ein Baukasten aus aktuell zehn Standards für einzelne Mechanismen und Funktionen. Die Standardisierung in der IEE ist noch nicht vollständig abgeschlossen und einige Teile befinden sich zurzeit in der Spezifikationsphase. Je nach Anwendungsbereich gilt es, ein Subset aus den insgesamt zehn Einzelstandards zu definieren, mit dem sich die gewünschte Funktionalität realisieren lässt.

TSN spezifiziert im Wesentlichen Funktionen für die Ebene 2 (Data Link Layer) des ISO/OSI-Schichtenmodells. Somit stellt es die Basisfunk­ti­onen für die Echtzeitübertragung verschiedener Anwendungsprotokolle, zum Beispiel IP, TCP, UDP, OPC UA und MQTT, einschließlich industrieller Anwendungsprotokolle, wie Profinet oder Ethernet/IP, bereit. Die TSN-Mechanismen alleine sind also noch keine Komplettlösung für den standardisierten Datenaustausch zwischen Geräten verschiedener Hersteller. Erst im Zusammenspiel mit den passenden Anwendungsprotokollen ist die Anwendung von TSN sinnvoll.

Dank seiner guten Echtzeiteigenschaften ist TSN anlagen­weit sowohl in den IT-Netzwerken als auch in der Produktion (OT, Operational Technology) einsetzbar. TSN kann so einen wichtigen Beitrag zur systemübergreifenden Kommunikation, der sogenannten IT/OT-Integra­tion leisten.

Damit stellt es eine wichtige Basistechnologie bei der Realisierung innovativer Automatisierungslösungen nach Industrie-4.0-Prinzipien dar. Weitere Vorteile von TSN sind die Robustheit auch bei hoher Netzwerklast, geringe Latenz­zeiten bei der Kommunikation sowie gute Plug-and-work-Eigenschaften. Die volle Leistungsfähigkeit spielt TSN erst in Gigabit-Ethernet-Netzwerken aus.

Die TSN-Vorteile für den Anwender

Für anspruchsvolle Anwendungen, zum Beispiel in der Automobilproduktion, bieten TSN-basierte Kommunikationsnetzwerke unter anderem folgende Vorteile:

  • Ablösung von proprietären durch standardisierte Lösungen,
  • Steigerung der Datenrate auf 1 Gbit/s oder höher,
  • Etablierung einer netzwerkweiten Zeitsynchronisation,
  • Netzwerkkoppler, zum Beispiel Profinet/Profinet-Koppler, können entfallen und
  • Standard-TSN-Switches ersetzen Spezial-Switches.

Diese Vorteile kommen jedoch nur dann zum Tragen, wenn es gelingt, ein einheitliches Profil für TSN in der Automatisierungstechnik zu definieren. Die Spezifikationsarbeiten dazu wurden in IEC/IEEE 60802 „Time Sensitive Networking Profile for Industrial Automation“ bereits begonnen.

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