Mögliche Fehlerursachen bei bisherigen Lösungen

MOV-Kennlinienveränderung

Bild 3: Grafik einer langsamen (1) und schnelleren MOV-Kennlinienveränderung (2) bis zum Kurzschluss (3) (oben) sowie die resultierenden Schutzbereiche bei einer Standardlösung mit Sicherung (mittig) und einem Typ-2-SPD mit ACI-Technologie (unten)(Quelle: Dehn + Söhne GmbH & Co. KG)

MOV nach einem Impulsstrom/TOV-Fehlerstrom

Bild 4: MOV nach einem Impulsstrom von 5 kA (10/350 µs) (links) und einem TOV-Fehlerstrom von 50 A (4 s)(Quelle: Dehn + Söhne GmbH & Co. KG)

Bei modernen SPD, in denen MOV als Schutzelemente ein­gesetzt werden, unterbrechen ­Abtrennvorrichtungen, die thermisch mit der Varistor-Keramik gekoppelt sind, die entstehenden Leckströme bis zu einigen A. Ein zu schnelles Ansteigen des Leckstroms kann jedoch dazu führen, dass die thermische Abtrennvorrichtung nicht schnell genug aktiviert wird. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn die Kennlinienveränderung im MOV durch eine lang anliegende, temporäre Überspannung ­hervorgerufen wird. Solche temporären, netzfrequenten Überspannungen entstehen durch Fehlerzustände im ­Niederspannungsnetz, wie dem Verlust des Neutralleiters oder Kurzschlüssen zwischen einem Außenleiter und dem Neutralleiter. Überschreitet der entstehende Leckstrom ein gewisses Maß, erfolgt eine sehr schnelle Kennlinienveränderung im Varistor – der Varistor legiert durch und geht in einen leitfähigen Zustand über. In diesem Fall steigt der Fehlerstrom rapide an und die thermische ­Abtrennvorrichtung trennt das SPD nicht oder zu spät vom speisenden Niederspannungsnetz. Dann ist auch die zugeordnete ÜSSE nicht in der Lage, den MOV und damit das SPD sicher zu schützen, da unter Umständen aufgrund ­eines begrenzten Fehlerstroms keine Auslösung erfolgt, wie die Schutzbereiche in Bild 3 zeigen.

Ein anderes Fehlerszenario, welches zu einer unzulässigen Überlastung eines SPD auf MOV-Basis führen kann, ist das undefinierte Ausfallverhalten des MOV selbst. Legiert ein MOV als Folge eines sehr großen Impulsstromes durch, so kann abhängig von der eingebrachten Impuls­energie und der Homogenität der Keramik, ein signifikanter Restwiderstand verbleiben, der den sich einstellenden Kurzschlussstrom begrenzt (Bild 4). Auch in diesem Fall kann die vorgeordnete Sicherung oder der LS-Schutzschalter das SPD nicht schützen, da keine oder nur eine stark verzögerte Auslösung erfolgt.

Verschärft wird die Problematik dadurch, dass Vorsicherungen oft große Nennstromwerte aufweisen, um zu vermeiden, dass Impuls­ströme, die vom SPD abgeleitet werden, zu ­ihrem Auslösen führen. Dies führt in einigen Fällen zu einem nicht eindeutig definierten ­Bereich im Schutzverhalten, der von der Nenn­stromstärke der Sicherung sowie vom tatsäch­lichen Kurzschlussstrom, der wiederum durch die Impedanz am Fehlerort bestimmt wird, ­abhängt. Selbst wenn in modernen SPD interne Sicherungen eingesetzt werden, die besser auf das mögliche Ausfallverhalten der SPD angepasst sind, verbleiben auch hier Unschärfen im Schutzverhalten.

Schaltelement sorgt für Sicherheit

Die beschriebenen Nachteile beim Schutz von überlasteten SPD lassen sich durch die Inte­gration eines leistungsstarken Schaltelements ­überwinden. Dieses muss einerseits in der Lage sein, Ströme im mA- oder A-Bereich schnell zu ­unterbrechen oder gar nicht zuzulassen, und andererseits Fehler­ströme im Bereich der prospek­tiven Kurzschlussströme schnell und ­sicher zu unterbrechen. Während mechanisch betätigte Schaltgeräte wie Leitungsschutzschalter immer einen Zeitverzug für das Erkennen eines Fehlerstroms, das Auslösen sowie das Bewegen der Schaltkontakte aufweisen, wird das hier beschriebene Schaltelement mit dem Überspannungsereignis selbst aktiviert. Dabei darf es weder das Ableitvermögen noch den Schutzpegel für das gesamte SPD negativ beeinflussen. Bild 5 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines solchen SPD auf MOV-Basis mit integrierter, leitungsstarker Schaltvorrichtung und Deaktivierungsschaltung. Eine solche Kombination aus MOV-basiertem SPD und leistungsstarkem Schaltelement steht mit der bekannten Schaltfunkenstreckentechnologie zur Verfügung.

Dehn [4] ist es gelungen, die einzelnen Funktionseinheiten MOV mit Abtrennvorrichtung, Schaltfunkenstrecke als integrierte ÜSSE sowie Überwachungs- und Anzeigesystem in einem Gerät mit einer Baubreite von 18 mm zu integrieren (Bild 6). Das spezielle Design der getriggerten Schaltfunkenstrecken ermöglicht es, niedrige Ansprechwerte bei gleichzeitig ­hohem Ableitvermögen zu erreichen. Zusätzlich vermeidet die integrierte ACI-Schalteinheit auftretende Leckströme, da sie im Normal­zustand zuverlässig isoliert. Diese zuverlässige Isolation sorgt auch für eine hohe Festigkeit gegenüber netzfrequenten zeitweiligen Überspannungen (TOV), die deutlich über den im Produktstandard geforderten Werten liegt. Da die ACI-Schalteinheit bei jedem Überspannungsereignis aktiviert wird, entfällt der für andere ÜSSE typische Zeitverzug für das ­Erkennen und Auslösen einer Schaltvorrichtung. Die ACI-Schalteinheit weist dadurch ein kleines Abschaltintegral auf, welches selektiv zu einer 35-A-gG-Sicherung ist. Daher sind ­Anschlussquerschnitte ab 6 mm² zulässig und unerwünschte Wechselwirkungen zu vorgelagerten ÜSSE ausgeschlossen.

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