Abb. 1 Bestandteile einer Produktion mit Gleichstromnetz – Energiespeicher, erneuerbare Energien, Roboter und Maschinen

Abb. 1 Bestandteile einer Produktion mit Gleichstromnetz – Energiespeicher, erneuerbare Energien, Roboter und Maschinen (Quelle: Phoenix Contact)

Der Charme eines Gleichstromnetzes liegt vor allem in spürbaren Effizienzverbesserungen, steigenden Wirkungsgraden und vereinfachter Installation. So lässt sich Bremsenergie beispielsweise einfacher zurückgewinnen und regenerative Energie direkter integrieren

Selbst wenn aus der Steckdose Wechselstrom herauskommt: Die meisten Elektronikgeräte und Produktionsmaschinen laufen mit Gleichstrom. Diese Aussage mag angesichts globaler AC-Netze überraschen. Wer aber genau hinschaut, entdeckt im privaten wie gewerblichen Umfeld vorwiegend Gleichstrom.

Mit diesem Bild vor Augen erscheint es schon merkwürdig, dass die Gleichstromtechnik spätestens mit dem Aussterben von Gleichstrommotoren in der Fabrik aus dem Bild gefallen ist. Aber Gleichstrom kommt zurück – in Gestalt intelligenter DC-Grids innerhalb einer stromgeführten Energiewende.

Bremsenergie effektiv nutzen

Wo liegt der Charme des Gleichstroms, jener scheinbar aus der Mode gekommenen Energieform? Der aktuelle DC-Aufschwung lässt sich mit zwei Trends begründen: Die Zunahme regenerativer Energieerzeugung durch PV-Anlagen und die stetig wachsende Zahl von E-Fahrzeugen auf den Straßen. Solarmodule erzeugen Gleichstrom und Fahrzeugbatterien speichern Gleichstrom. Ein weiterer Vorteil: Bremsenergie lässt sich einfacher zurückgewinnen. Dafür ist es aber notwendig, die durch den generatorischen Effekt der Elektromotoren erzeugte Bremsenergie effektiv im Verbund zu behalten.

Unterstützung erfährt dieser Ansatz z.B. durch Kondensatoreinheiten für die kurzfristige Speicherung. Genau diesen Weg gehen die Automobilhersteller auch bei ihren Fahrzeugen und sprechen von Rekuperation. Rollen Autos oder LKW bergab und stoppen vor einer Ampel, dann fließt die dabei freiwerdende Energie zurück in den Speicher – also die Batterie. Ähnlich verhält es sich beim DC-Verbund von elektrischen Antrieben im Maschinen- und Anlagenbau.

Lastspitzen wirksam kappen

Roboter bilden mit ihrer mehrachsigen Bewegungsführung die prinzipielle Ausgangsbasis für die weitreichende Sektorenkopplung. Der Zwischenkreisverbund wirkt auf Maschinenebene als energetisches Bindeglied von Antriebsreglern. Diese beziehen daraus ihren Leistungsbedarf und speisen Bremsenergie zurück. Der Einspareffekt im Vergleich zu losgelösten Antriebsachsen besteht darin, dass in einer mehrachsigen Applikation eigentlich immer ein Antrieb bremst, während an anderer Stelle gerade eine andere Achse beschleunigt.

Ein typisches Beispiel dafür sind Regalbediengeräte in der Logistik. Senkt sich z.B. das Lastaufnahmemittel, kann der Fahrantrieb die freiwerdende Bremsenergie für das eigene Beschleunigen nutzen. Der Effekt: Lastspitzen beim Beschleunigen sinken und Bremsenergie bleibt erhalten, wird also nicht in Bremswiderständen verheizt. Ein weiterer Vorteil ist der Verzicht auf ein separates Leistungsteil im Antriebsregler zur Energieversorgung inklusive Gleichrichter. Stattdessen bezieht der Achsregler seine Leistung aus dem DC-Bus. Der wiederum nimmt die physische Gestalt eines Versorgungskabels oder einer Sammelschiene ein. Mit diesem Aufbau steigert der Maschinen- und Anlagenbau seit rundweg 20 Jahren die Effizienz in Mehrachsanwendungen – und das ohne Aktive-Front-End-Techniken für singuläres Rückspeisen.

Der Gleichstromzwischenkreis als interne Energieader: Die Sektorenkopplung holt dieses etablierte Prinzip aus dem Schaltschrank heraus und bringt es als vollflächigen DC-Bus in die Fläche. Das Prinzip der Energieströme ist schließlich ähnlich: Was im Kleinen die Bremsenergie, ist im Großen die Einspeisung von Energie aus regenerativen Quellen.

Werfen wir einen Blick auf die Solarenergie und in die Gondel eines Windrads. PV-Panel wandeln die Energie des Sonnenlichts in Gleichstrom um. Wechselrichter bringen ihn auf eine Frequenz von 50 Hertz und speisen die Energie als Wechselstrom ein. So effizient die Solarwechselrichter auch arbeiten: Jede Wandlung ist mit Energieverlusten verbunden. Dies trifft ebenfalls für Windenergieanlagen zu. Damit diese überhaupt ihre Energie ins Netz einspeisen können, brauchen sie Gleichrichter, die die variable Frequenz des Generators als Folge schwankender Windgeschwindigkeiten ausgleichen. Dann wird der Gleichstrom auf 50 Hertz wechselgerichtet.

Stellen wir uns schließlich als Verbraucher einen Fabrikroboter vor: Die interne Leistungs-elektronik wandelt den Wechselstrom wieder in Gleichstrom um, um ihn dann für die Drehzahlregelung ein weiteres Mal mit Hilfe von Leistungshalbleitern auf die gewünschte Frequenz wechselzurichten. Die Folge der ständigen Umwandlung: Verluste auf ganzer Linie. Spätestens jetzt stellt sich die Frage, warum der Roboter den von der PV-Anlage erzeugten Gleichstrom nicht direkt für den Zwischenkreisverbund seiner Antriebe nutzt. Die Antwort ist die Hauptmotivation für ein industrielles DC-Grid, das Phoenix Contact als Blaupause im Gebäude 60 in Blomberg installieren wird. Die direkte DC-Kopplung ohne den Umweg über AC senkt spürbar die Verluste – und es gibt noch weitere Pluspunkte.

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