Umrüstung vorhandener Thermoprozesse entlang der gesamten Produktionskette

Net-Zero-Fabrik der Zukunft

Bild 02: Vor allem energieintensive Branchen wie die Glasindustrie haben jetzt die Chance, sich langfristig fit für die Net-Zero-Fabrik der Zukunft zu machen. (Quelle: Parilov@shutterstock.com, 1697147176)

Offene Ecosysteme erweisen sich als entscheidender Vorteil bei der Umstellung auf neue Brennprozesse.

Bild 03: Offene Ecosysteme erweisen sich als entscheidender Vorteil bei der Umstellung auf neue Brennprozesse. (Quelle: Phoenix Contact)

Zur erfolgreichen Umsetzung langfristiger und nachhaltige Klimastrategien müssen alle Bereiche industrieller Fabriken betrachtet werden – vom Rohstofflager und dem Gemengehaus über die individuelle Fertigung sowie den Verpackungs-und Lagerbereich bis zum Gebäude selbst. Geschieht dies nicht, scheitern die Ansätze zur Senkung der Treibhausgase oder zur Erfüllung von Richtlinien im Hinblick auf eine Umwelt- und Wesentlichkeitsanalyse des Unternehmens.

Energieintensive Branchen, wie Stahl, Glas, Keramik oder die Nicht-Eisenmetallurgie, werden durch die Energiewende vor die Herausforderung gestellt, ihre vorhandenen Thermoprozesse entlang der gesamten Produktionskette auf CO2-arme respektive CO2-freie Abläufe umzurüsten. Aufgrund der von Klimakatastrophen getriebenen geopolitischen Veränderungen ist sofort zu handeln. Dazu bedarf es minimalinvasiver, offener Technologien, die nachhaltige Infrastrukturen generieren und dabei einerseits für funktionale Sicherheit sorgen. Gleichzeitig müssen in puncto Security zertifizierte, offene Digitalisierungs- und Automatisierungsplattformen zur Verfügung stehen. Soll die Energiewende gelingen, sind insbesondere die wärmetechnischen Anlagen für den Betrieb mit Strom aus erneuerbaren Energien oder anderen zukünftigen CO2-armen Energieträgern auszulegen. Parallel müssen Energie- und Anlagen-2024 verfügbarkeit, Produktqualität und Wirtschaftlichkeit sichergestellt werden. Zudem ist ein Umdenken oder Überdenken konventioneller Beheizungskonzepte in Bezug auf eine CO2-arme oder CO2-freie Prozesswärmeerzeugung notwendig (Bild 2).

Änderungsbedarf durch den Einsatz von Wasserstoff

Als neue Gasinfrastrukturquelle kommt dem Power-to-Gas(PtG)-Prinzip im Bereich der modernen Gas- und Wasserstoffnetze eine große Bedeutung zu. PtG bezeichnet die Umwandlung von elektrischer in chemische Energie (Gas) mittels der Wasserelektrolyse. Das in diesem Zusammenhang entstehende Wasserstoffgas lässt sich sowohl energetisch als auch stofflich – zum Beispiel in der Industrie und deren Thermoprozessen – nutzen. Daraus resultieren neue Anforderungen an eine Industriefeuerung.

Wasserstoff und dessen Gemische führen darüber hinaus zu einer Reduzierung des Luftbedarfs, Änderung des Heizwertes, höheren Verbrennungsgeschwindigkeiten und Flammentemperaturen sowie steigenden Stickoxiden (NO) beziehungsweise Stickstoffoxiden (NO2). Das betrifft vor allem die „Maschine“, das heißt je nach ermoprozess die Schmelzwanne, den Ofen oder Kessel, die Versorgungstechnik (Rohrnetz, Stationen, Ventile, Sensoren, mechanische Stell-, Speicher- und Regelglieder), den Brenner sowie vor allem die Steuerung und das Automatisierungssystem des Thermoprozesses, sofern vorhanden.

Anforderungen an die Thermoprozesstechnik

Die ermoprozesse müssen minimalinvasiv sowie mit hoher Ertragskraft in die Bestandsanlagen integriert werden. Wenn es um die Digitalisierung ging, haben die Akteure in der Vergangenheit meist an DCS-, ERP- und MES-Systeme, Sensoren sowie Maschinen und Anlagen der Fabrik gedacht. Die konventionellen, teils noch mechanischen Ausrüstungen, die für das Brennstoff-Luft-Verhältnis, die Rückzündungen, Zündtemperaturgrenze, Ventildichtigkeit, Oberofentemperaturen, Flammenüberwachung, den minimalen Brennstoffverbrauch sowie maximale Durchflüsse und Drücke verantwortlich sind, wurden entweder übersehen oder in sperrigen dezentralen Systemen vergessen.

In Zukunft muss die Thermoprozesstechnik folgenden Anforderungen gerecht werden:

  • Mischbefeuerungen, Regelungsverfahren, Abgasrezirkulierungen, Spülverfahren der Brennstoffstrecken und vieles mehr müssen auf offenen, ganzheitlichen Ecosystemen/-plattformen betrieben werden (Bild 3).
  • Eine nachträgliche und effektive Einbindung von Sensoren zur Brenn- und Abgasanalyse sowie neuen Sensorgenerationen ist unabhängig vom Kommunikationsprotokoll skalierbar möglich.
  • Die funktionale Sicherheit des Ofens, der Schmelzwanne oder des Kessels geht einher mit der Cyber Security gemäß IEC 62443 respektive den Anforderungen von NIS 2.0.
  • Der Betreiber kann Machine Learning (ML) und Industrial IoT (IIoT) übergreifend zur zustandsorientierten Überwachung und Prozessoptimierung in seiner Anlage einführen – sowohl Off- und insbesondere On-Premise.
  • Die Agilität lässt sich durch Low- oder No-Code-Anwendungen zur einfachen, individuellen und skalierbaren Anpassung an sich ändernde Brennstoffstrecken erhöhen, indem beispielsweise einheitliche Parametrierplattformen wie das Open-Source-Tool Grafana verwendet werden.
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