Latenzzeiten müssen noch verkürzt werden

Thomas Schildknecht

Bild 01: Thomas Schildknecht, CEO der Schildknecht AG: „Die Automatisierungstechnik stellt hohe Anforderungen und 5G ist eine neue, aber deutlich ausbaufähige Technologie. Der Nutzen auch für die Automatisierungstechnik wird sich einstellen, allerdings wird es länger dauern, als von vielen erwartet oder erhofft“. (Quelle: Schildknecht)

In der Diskussion steht auch unverändert die Latenzzeit: Für Automatisierer beschreibt Latenz die sogenannte „Feldbus-Aktualisierungszeit“. Bei Profinet beträgt diese beispielsweise 1 ms. Feldbuskommunikation über 5G statt über WLAN kann mit dem aktuellen Stand von 5G (Release 15 „eMMB“) nicht realisiert werden. Erst das Mitte 2020 erwartete Release 16 definiert dann die „uRLLC“-Anforderungen an die Echtzeitfähigkeit. Dieses Release 16 muss man sich aber nur als Entwicklungsziel vorstellen. Was auf Applikationsebene dann tatsächlich möglich werden kann, wird ersichtlich, wenn erste 5G-Release-16-Produkte am Markt verfügbar sind. Nach meiner Einschätzung wird das frühestens in drei Jahren der Fall sein. IoT-Sensor-Anwendungen mit „mMTC“-Services werden erst in Release 17, voraussichtlich 2021, definiert.

Ähnlich sieht es bei den Übertragungszeiten in 5G-Campus-Netzen aus: Hier wir derzeit für die Übertragung eines Datenpakets ein Wert von 1 ms „angestrebt“. Dieser Wert ist damit also kein garantierter Wert, sondern vorerst nur das Entwicklungsziel, um 5G für Automatisierungsanwendungen einsetzen zu können. Das hierfür vorgesehene TDD-Verfahren ist jedoch als Halb-Duplex-Verfahren kontraproduktiv hinsichtlich geringer Latenzzeiten: Nicht ohne Grund wurde beim Übergang von Profibus auf Profinet auch der Übergang von Halb- auf Voll- Duplex vollzogen.

Es muss also festgestellt werden, dass die heute erreichbaren Latenzzeiten noch erheblich über den Zielvorgaben liegen, und dass hier noch massive Anstrengungen erforderlich sind.

5G-Reifeprozess benötigt noch Zeit

Zur Vervollständigung von 5G müssen noch weitere Technologiekomponenten, wie Beamforming, Mimo-Antennen und Millimeterwellen, entwickelt werden, um nur einige Beispiele zu nennen. Generell wird es daher noch einige Jahre in Anspruchnehmen, bis die heutige 5G-Lösung durch Erweiterungen einen technologischen Reifezustand erreicht hat; bei allen Vorgängertechnologien (2G bis 4G) vergingen dafür fünf und mehr Jahre; für 5G kann von einem ähnlichen „Reifeprozess“ ausgegangen werden.

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