Der Weg zum Prozess-Ethernet

Sind in einer Anlage Distanzen von bis zu 200 m zu überbrücken, ­eignet sich die Sterntopologie am besten

Sind in einer Anlage Distanzen von bis zu 200 m zu überbrücken, ­eignet sich die Sterntopologie am besten (Quelle: PI/VDE VERLAG)

Mit dem Ziel, Standard-Ethernet für die Prozessindustrie zu ­ertüchtigen, haben sich vor rund sechs Jahren einige Hersteller auf den Weg gemacht. Zunächst wurden dazu Projektstudien erstellt und im Ergebnis festgelegt, dass es eines neuen Ethernet-Standards bedarf, der sich in die bestehende Ethernet-Landschaft integrieren lassen muss. „Dazu wurden 2018 die FieldComm Group, PNO und ODVA ins Boot geholt. Seit Kurzem ist auch die OPC Foundation Mitglied des Projekts. Gehostet wird dieses in der PNO“, berichtet Stefan Lüder, Projektmanager R&D sowie Senior Key Expert Indus­trial Communication bei der ­Siemens AG. Insgesamt zwölf Industriepartner arbeiten in diesem Projekt mit. Nun haben sie die Ethernet-APL-Spezifikation ­erstellt und stehen kurz vor deren Veröffentlichung. 

Insgesamt wurde mit Ethernet-APL eine robuste, zweiadrige, schleifengespeiste Ethernet-Physikschicht geschaffen, die auf 10BASE-T1L (IEEE 802.3cg) basiert und Erweiterungen für die Installa­tion innerhalb der anspruchsvollen Betriebsbedingungen und explosionsgefährdeten Bereiche (IEC 60079) von Prozessanlagen verwendet. APL ermöglicht eine direkte Verbindung von Feldgeräten mit Ethernet-basierten Systemen. Die APL-Spezifikation soll in die IEC 61158-2 eingearbeitet werden.  

Wie der Name Advanced Physical Layer bereits vermuten lässt, wird APL in den jeweiligen Ethernet-Protokollen, wie Profinet, Ethernet/IP oder Hart/IP, im Physical Layer abgebildet. „Hier werden die anderen Protokollübertragungen nicht beeinträchtigt“, sagt S. Lüder und verdeutlicht am Beispiel Profinet: „Es lassen sich die gewünschten APL-Datenübertragungsgeschwindigkeiten von 10 Mbit/s realisieren.“ Bei Ethernet-APL wurden zudem Technologien und Optionen übernommen, die in der Prozessautomatisierung etabliert sind, wie die Trunk-and-Spur-Topologie. „Grundsätzlich lassen sich mit APL alle Topologien umsetzen. Allerdings sind zwei Topologien im Prozessbereich am relevantesten: die Stern- sowie die Trunk-and-­Spur-Topologie“, sagt S. Lüder. 

Bei der Sterntopologie werden die APL-fähigen Feldgeräte an einen APL-Field-Switch angeschlossen, über den eine Inte­gration in das Ethernet-Netzwerk der höheren Ebenen erfolgt. Diese Geräte lassen sich auch in der Zone 2, Div. 2 betreiben. „Die Sterntopologie kommt für kompakte Anlagen zum Tragen, bei denen maximale Leitungslängen von bis zu 200 m die Regel sind. Hier werden die Field-Switches über eine Ringschaltung an den übergeordneten Ethernet-Backbone angebunden“, sagt ­Andreas Hennecke, Produktmarketingmanager bei Pepperl+Fuchs.   

Im Fall großer, verteilter Anlagen kommt die Trunk-and-Spur-Topologie zum Einsatz. „Hier versorgt ein Power-Switch über den Trunk die in Reihe geschalteten Field-Switches, an die die Feldgeräte per Stichleitung (Spur) angeschlossen sind. In dieser Topologie lassen sich Trunk-Längen von bis zu 1 000 m reali­sieren“, erklärt A. Hennecke weiter.  

Bestandsanlagen einfach umrüstbar

Sollen zukünftig Bestandsanlagen der APL-Kommunikation ­ertüchtigt werden, ist dies nun einfacher möglich als zuvor ­beispielsweise die Migration von Hart auf ein Feldbusprotokoll. Mit einem Schwenk in das Pepperl+Fuchs-Portfolio erklärt A. Hennecke: „Bisher musste das gesamte Feldgerät gegen ein anderes mit Feldbusanschluss getauscht werden. Bei APL lässt sich nun beispielsweise bei einem Profibus-PA-Gerät die Feldbarriere gegen einen Field-Switch tauschen. Der Switch erkennt automatisch, ob es sich um ein APL- oder ein MBP-Gerät handelt, und passt die Kommunikation entsprechend an. Über einen Proxy lässt sich anschließend das Profibus-PA-Gerät in ein Profinet-Netzwerk einbinden. Wird im späteren Fall das Feldgerät gegen ein APL-fähiges getauscht, erkennt der Switch dieses und es erfolgt eine automatische Umschaltung, sodass die ­Anlage wie gewohnt weiterlaufen kann.“ Mit Blick auf eine spätere APL-Umstellung rät er deshalb: „Anlagenbetreiber sollten bei einem Neubau oder Modernisierungsprojekt besser Feldbusgeräte verwenden.“ Bezüglich der Infrasturktur erklärt er ferner: „Kabeltyp A kann später auch für ein APL-Gerät weiterverwendet werden. Das heißt, die gesamte bestehende Infrastruktur kann bei einem Umstieg auf APL beibehalten werden.“ 
 

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