Die BMW Group hat auf der Developer Conference GTC von Nvidia den globalen Roll-out von Nvidia Omniverse über alle Werke bekannt gegeben (Quelle: Nvidia)
Nvidia beschäftigt weltweit rund 26.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In Deutschland ist man 2002 gestartet und heute an vier Standorten mit ca. 640 Menschen unterwegs, davon arbeiten mehr als 200 im Bereich der Entwicklung. „Viele verbinden den Namen Nvidia immer noch ausschließlich mit Grafikkarten für den Gaming-Bereich“, sagt Ludwig von Reiche, Geschäftsführer der Nvidia GmbH. Tatsächlich ist das Unternehmen heute führender Anbieter im Bereich KI-Computing und ermöglicht mit seiner skalierbaren, durchgängigen Multi-GPU-Plattform Omniverse den Einstieg ins (Industrial) Metaverse. L. v. Reiche stellt heraus: „Digital erzeugte Designs fotorealistisch zu visualisieren – das klingt zunächst einfach. Es wird allerdings komplex, wenn man es nicht alleine dahingehend umsetzt, mittels CAD-Software einen digitalen Zwilling zu erzeugen.“ So gehe es für Nvidia darum, mit Bewegtbildern, in Echtzeit sowie in Verbindung mit komplexen Volumenströmen digitale Modelle zu erschaffen. „Und genau dafür ist ein hoher Rechenaufwand erforderlich. Hier schließt sich der Kreis zu unserer ursprünglich für den Gaming-Bereich entwickelten Grafikprozessortechnologie. Sie legt die Basis für das schnelle Rechnen von Bewegtbildern in hoher Qualität“, erklärt er weiter.
Standardisierung ebnet Weg ins Industrial Metaverse
Auf die vielgestellte Frage nach dem aktuellen Umsetzungsstand des Industrial Metaverse antwortet L. v. Reiche: „Wir stehen nicht mehr am Anfang, sondern sind bereits gestartet.“ Dass wir über die Anfangsphase hinaus sind, begründet er damit, dass sich derzeit Standards etablieren würden. Als einen wesentlichen nennt er Universal Scene Description (USD), auf dem auch Omniverse basiert. USD ist ein offenes Format zur Beschreibung dreidimensionaler Computergrafiken, um das sich mittlerweile ein Ökosystem gebildet hat. Es wird auch als HTML des Metaverse bezeichnet. „USD hat sich zum offenen Standard entwickelt, der von vielen industriellen Kunden genutzt wird“, berichtet der Geschäftsführer. Als weitere Standardisierungsbestrebungen nennt er solche zur Beschreibung von Materialien und Oberflächen, unter anderem von Oberflächen im Fahrzeug oder Stoffen. „Ziel ist es, dass sie unter verschiedenen Lichtverhältnissen im virtuellen Raum realistisch aussehen. Hier ist man schon gut vorangekommen“, gibt er an.
Aber nicht nur bei den Standardisierungsarbeiten, sondern auch bei vielen weiteren Themen sind Partnerschaften aus seiner Sicht von größter Wichtigkeit. L. v. Reiche erläutert: „Beim Industrial Metaverse geht es nicht darum, einfach eine etablierte Software aufzuspielen und loszulegen. Stattdessen gilt es, auf vielen Gebieten zunächst Wissen auszutauschen und gemeinsame Lernerfahrungen zu sammeln.“ Als Beispiel nennt er die Vielzahl unter-schiedlicher Roboter, die im Fertigungsumfeld autonom agieren und auf bestimmte Situationen angemessen reagieren müssen. „Um solche Szenarien im virtuellen Raum umzusetzen, zu simulieren und Daten aus dem laufenden Prozess wieder zurückzuspielen, ist der kontinuierliche Austausch mit Experten auf diesem Gebiet unabdingbar. Zudem müssen die industriellen Software-Tools optimal an unsere Plattform konnektierbar sein. Entsprechende Lösungen werden Schritt für Schritt im Team erarbeitet“, verdeutlicht L. v. Reiche.
Kompetenzen gebündelt
Als einen solchen gemeinsamen Weg beschreibt der Geschäftsführer die Mitte letzten Jahres gestartete Zusammenarbeit mit Siemens. In diese bringt Siemens seine Xcelerator- und Nvidia seine Omniverse-Plattform ein. Auf der Hannover Messe 2023 haben die Partner den Besuchern in einem gemeinsam entwickelten Showcase die sich daraus erwachsenden Potenziale verdeutlicht: Gezeigt wurde ein digitales Modell einer Freyr-Batteriezellen-Fertigung der nächsten Generation. Freyr Battery ist ein norwegischer Anbieter von Batteriezellen, der Batteriezellen-Gigafactories in Norwegen und den USA plant. Das Unternehmen hat Siemens zum bevorzugten Lieferanten von Automatisierungs- und Digitalisierungstechnik ausgewählt.
Der Showcase zeigte einen Cloud-basierten digitalen Zwilling der Freyr-Fabriken, der mit AWS IoT TwinMaker erstellt und in einer Siemens-Anwendung auf Basis der Nvidia-Omniverse-Plattform entwickelt wurde. An diesem wurde demonstriert, wie Unternehmen wie Freyr bessere und schnellere Entscheidungen treffen können. Das gelingt, indem sie mit dem digitalen Zwilling des Produkts interagieren. In das Modell flossen Betriebsdaten aus der Freyr-Fabrik in Norwegen ein sowie 3D-Definitionen von Gebäuden, Anlagen, Maschinen und Geräten, Informationen zur menschlichen Ergonomie und Sicherheit, detaillierte Produktionsprozesse, Roboter und fahrerlose Transportfahrzeuge sowie Simulationen von Produkten und Produktion. Damit wurden die Möglichkeiten der Integrationen zwischen den Plattformen Siemens Xcelerator und Nvidia Omniverse vorgeführt.
Besucher erfuhren, wie Teams anhand von Modellen bestehender und zukünftiger Anlagen digitale Zwillinge im Industrial Metaverse nutzen können. Dies kann beispielsweise ein Treffen mit potenziellen Investoren oder Kunden in der virtuellen Anlage in Norwegen sein. Die Echtzeitsimulation liefert ein genaues Abbild von den Räumlichkeiten sowie Maschinen und Robotern in der Fabrik. Zudem können komplexe Prozesse simuliert werden. Die Demo veranschaulichte auch den Nutzen des Modells für die Produktionsplanung oder, wie ein Betriebsleiter die Anlagenleistung mit einer Siemens-Anwendung bewerten kann, die einen Überblick über den Betrieb der Anlage bietet. „Durch die Kombination der Erfahrung von Siemens in den Bereichen industrielle Automatisierung und digitale Zwillingstechnologien mit Nvidia AI Computing und Omniverse können Unternehmen wie Freyr die Vorteile des Industrial Metaverse voll ausschöpfen“, sagte Rev Lebaredian, Vice President of Omniverse and Simulation Technology bei Nvidia.
„Das Beispiel Siemens zeigt sehr schön, dass das Industrial Metaverse nicht von heute auf morgen umgesetzt werden kann. Im Lauf dieses und der nächsten Jahre wird es weitere Ankündigungen und Fortschritte im Rahmen der Siemens-Zusammenarbeit geben“, sagt L. v. Reiche.