Gerhard Borho, Vorstand Information Technology and Digitalization bei Festo

Gerhard Borho, Vorstand Information Technology and Digitalization bei Festo, ist rund um das Thema KI überzeugt: „Die Innovationsgeschwindigkeit ist enorm. In wenigen Jahren werden wir Lösungen sehen, die wir uns heute kaum vorstellen können.“ (Quelle: Festo)

„Innovation ist Teil unseres Selbstverständnisses – sowohl um Mehrwert für unsere Kunden zu schaffen als auch um uns selbst weiterzuentwickeln“, erklärt G. Borho zu Beginn des Gesprächs. Dazu arbeite man eng mit Kunden zusammen – schon immer. „Etwa 20 % unseres Umsatzes generieren wir über kundenspezifische Lösungen“, gibt G. Borho an. Innovationsbereitschaft zeigt sich bei Festo auch in den internen Prozessen, zum Beispiel im Bereich IT und Informationsverarbeitung. „Wir haben eine zweistellige Kundennummer bei SAP – waren also einer der ersten SAP-Kunden. Hasso Plattner persönlich soll damals bei uns die Einführung begleitet haben“, erzählt er schmunzelnd.

Highlights mit Alleinstellungsmerkmal

In seiner 100-jährigen Geschichte hat Festo viele innovative Highlights hervorgebracht. Ein wesentlicher Schwerpunkt liegt seit circa 1950 auf der Pneumatik. Später kamen die elektrische Antriebstechnik sowie Digitalisierungs- und KI-Lösungen hinzu. Nach dem größten Highlight in der jeweiligen Sparte gefragt, antwortet G. Borho: „In der Pneumatik – noch immer unser Kerngeschäft – ist das die Erfindung der Ventilinsel. Diese Technologie hat Festo entscheidend geprägt und maßgeblich zum Unternehmenserfolg beigetragen.“ Er verweist auf die neueste Version, die VTUX, die viele smarte Funktionen in sich vereint: von Energieschaltfunktionen bis hin zu KI-gestützten Optimierungen, die den Energieeinsatz und die Funktionalität der Ventile verbessern. „Unsere VTUX bietet die freie Kombination von Schaltventilen und Vakuumeinheiten. Dank des breiten und flexiblen Baukastens können unsere Kunden vielfältige Bewegungsaufgaben in der Maschine über eine Ventilinsel lösen.“

In der elektrischen Antriebstechnik hebt G. Borho die neue Achsfamilie ELGD hervor: „Ihre Besonderheit liegt in einem selbst entwickelten Führungssystem, das deutlich verwindungssteifer ist als herkömmliche Lösungen – ein technischer Fortschritt, der gerade bei anspruchsvollen Bewegungsaufgaben neue Möglichkeiten eröffnet.“

Ein drittes Highlight ist der neue Edge-Controller CEPE, der im Juni auf den Markt kommt. „Basierend auf Festo AX Controls, einem offenen, Linux-basierten Betriebssystem und Docker-Technologie verwandelt er die klassische SPS in eine flexible, App-fähige Steuerungseinheit. Beispiele für diese Apps sind Codesys für Motion-Control-Anwendungen, die von Festo entwickelten AX Industrial Apps oder auch Apps, die es ermöglichen, Applikationen in Hochsprachen wie Python zu programmieren. Aber auch die Kunden können eigene Apps integrieren, Daten in Echtzeit auswerten und damit völlig neue digitale Geschäftsmodelle entwickeln“, gibt er an. Bei diesem kommt die Kooperation mit Phoenix Contact rund um deren PLCnext Technology zum Tragen.

Und damit hatte er bereits das vierte Highlight genannt: die AX Industrial Apps. „Sie analysieren Maschinendaten in Echtzeit und liefern frühzeitig Hinweise auf Anomalien – ein entscheidender Baustein für Predictive Maintenance und zur Steigerung der Anlagenverfügbarkeit“, so G. Borho.

Nahtlose Verbindungen schaffen

Als wesentliches Alleinstellungsmerkmal stellt Festo sein Angebot von pneumatischer und elektrischer Automatisierungstechnik und deren nahtloses Zusammenspiel heraus. Auf der Hannover Messe wurde unter der Headline Seamless Automation die Durchgängigkeit veranschaulicht. „Mit ,nahtlos‘ meinen wir zum einen die nahtlose Integration von pneumatischer und elektrischer Automatisierungstechnik“, verdeutlicht G. Borho. „Bei uns können Sie beispielsweise aus einer Ventilinsel heraus einen elektrischen Antrieb steuern – oder umgekehrt eine Ventilinsel direkt an einen elektrischen Antrieb anschließen.“ Maschinenbauer würden so flexibel bleiben und könnten je nach Anwendung nahtlos zwischen beiden Technologien wechseln. Zur zweiten Bedeutung, der vollständigen Datendurchgängigkeit von Sensoren und Aktuatoren bis in die Cloud, erläutert er: „Kunden fordern zunehmend den direkten Zugriff auf Gerätedaten, um ihre Maschinen zu optimieren und neue digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln.“ Festo schaffe dafür die technischen Grundlagen, etwa durch offene Schnittstellen und konsistente Datenstrukturen.

Und schließlich bedeutet Seamless Automation auch Durchgängigkeit in den Engineering-Tools: Von der Produktauswahl und -auslegung bis hin zur Inbetriebnahme und dem Betrieb bleibt eine konsistente Datenbasis erhalten. „Unsere Kunden können einmal angelegte Parameter in der Cloud unter ,My Festo‘ speichern, später darauf zugreifen und sie direkt in die Geräte laden“, erklärt er. Das spare nicht nur Zeit, sondern reduziere auch Fehler – „und unterstützt die Kunden entlang des gesamten Lebenszyklus ihrer Maschinen“, fasst er zusammen.

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