Grafische Darstellung der Ergebnisse einer reichelt-Studie

Die aktuelle Studie zeigt, dass 62 % der deutschen Industrieunternehmen an eine vollautomatisierte Fertigung in den nächsten fünf Jahren glauben. 43 % der Fertigungsprozesse sind bereits automatisiert, doch es gibt noch viel ungenutztes Potenzial, besonders bei Big Data Analytics. (Quelle: reichelt elektronik)

Die Mehrheit der deutschen Industrieunternehmen (62 %) glaubt an eine vollautomatisierte Fertigung in fünf Jahren. Zudem gilt Automatisierung für fast drei Viertel der deutschen Industrie (72 %) als essenziell, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Das sind einige Ergebnisse einer unabhängigen Studie von reichelt elektronik. Diese beleuchtet den Status quo der verschiedenen Automatisierungstechnologien und Investitionspläne in deutschen Industrieunternehmen verschiedener Betriebsgrößen und Branchen. Darüber hinaus vermittelt sie die potenziellen Chancen für zukünftige Automatisierungsprojekte und zeigt auf, welche Hürden die Industrie bei der Umsetzung dieser Pläne nehmen muss.

Status Quo – wird Potenzial verschenkt?

"Deutschland gilt als eine der stärksten automatisierten Volkswirtschaften weltweit – zumindest was die Roboterdichte in der Fertigung angeht", geben die reichelt-Experten an. 

In der Studie haben sie ferner ermittelt: Durchschnittlich 43 % der Fertigungsprozesse in Deutschland laufen aktuell automatisiert ab. Im Detail nutzt fast die Hälfte (47 %) der Befragten Cloud-Computing, 46 % Industrial IoT und vernetzte Maschinen, aber nur 35 % Big Data Analytics. "Im Idealfall ließen sich die gewonnenen Einblicke aus Big Data Analytics zur Automatisierung von Prozessen und für die Entscheidungsfindung nutzen. Allerdings scheinen die deutschen Industrieunternehmen momentan hier Potenzial zu verschenken. Mögliche Hürden könnten fehlende Ressourcen, Fachkenntnisse oder Aufklärung im Bereich Big Data Analytics sein. Dass sie sich doch für die Zukunft wappnen wollen, zeigen 48 Prozent der Befragten, die Big Data Analytics in den kommenden ein bis zwei Jahren implementieren wollen", berichten die Experten weiter. 

Darüber hinaus finden sich in deutschen Industrieunternehmen häufig automatisierte Lager- und Logistiksysteme (45 %) und automatisierte Fertigungssysteme (44 %). Anders sieht es aus bei künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen (ML) – nur 28 % setzen aktuell darauf. Jedoch gelten die Technologien als vielversprechend für die Zukunft, wie 50 % der Unternehmen mit ihren Investitionsplänen zeigen. Zudem sind 60 % der Befragten der Meinung, dass künstliche Intelligenz und Automatisierung den Fachkräftemangel in Deutschland lösen kann. 

Andere Technologien, in die Unternehmen künftig auch investieren wollen, sind:

-    Prozessautomatisierung durch Software oder Bots (49 %),
-    Predictive Maintenance (50 %),
-    Cobots (45 %) sowie
-    Roboter (41 %).

Automatisierungsgrad abhängig von Unternehmensgröße

"Besonders kleinere Betriebe sind in der Automatisierung ihrer Fertigung noch nicht so weit vorangeschritten", berichten die reichelt-Fachleute. Laut Studie nutzen 25 % der Betriebe mit unter zehn Mitarbeitern kaum oder keine Automatisierungsprozesse in der Fertigung. "Je größer das Unternehmen, umso wahrscheinlicher ist es, dass Automatisierungsprozesse zur Unterstützung der Fertigung eingesetzt werden. Dagegen gaben alle befragten Unternehmen mit 50 bis 250 Angestellten (KMU) an, ihre Prozesse zumindest teilweise zu automatisieren", wird weiter erklärt. Durchschnittlich liege der Automatisierungsgrad der KMU bei knapp 40 %. Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitern automatisieren im Durchschnitt sogar über die Hälfte ihrer Prozesse (55 %).

Roboter als treibende Kraft der Automatisierung

"Roboter gelten wohl als das Symbol und wichtigstes Werkzeug der Automatisierung, denn sie vereinen viele Schlüsseltechnologien in einer effizienten Maschine, die darauf ausgelegt ist, den Menschen zu entlasten und seine Fähigkeiten zu ergänzen", geben die Experten an. Der aktuelle World Robotics Report (2023) besagt, dass die Bundesrepublik nach Südkorea und Singapur eine Spitzenposition als „Roboternation“ einnimmt, 415 Industrieroboter kommen auf 10.000 Mitarbeiter im verarbeitenden Gewerbe. Dieser Trend spiegelt sich auch in der aktuellen Umfrage wider, denn fast zwei Drittel (63 %) der Befragten setzen Roboter ein. Mehr als die Hälfte (54 %) der befragten Unternehmen lässt seine Roboter körperlich schwere oder herausfordernde Aufgaben erledigen, weitere 45 % haben repetitive Tätigkeiten oder gefährliche Arbeiten (38 %) an die Maschinen auslagert. Konkret verrichten sie Montage- und Bestückungsaufgaben (47 %), sowie  Schweißerarbeiten (41 %), helfen beim Palettieren, Stapeln und Entpacken (38 %) und verrichten Tätigkeiten wie Fräsen, Sägen, Lasern und mehr (37 %). 

Die Vorteile der Technik 

Grundsätzlich lassen sich mit Automatisierungstechnologien eine Reihe von Vorteilen erzielen: Dazu gehören laut der befragten Tech-Entscheider höhere Produktivität (54 %), Zeitersparnis (52 %) und Kostenersparnis (49 %). "Das Ergebnis ist wenig überraschend, da diese unmittelbar zu verbesserten Geschäftsergebnissen führen und zu den Hauptgründen gehören, warum sich Unternehmen überhaupt für Automatisierungslösungen entscheiden", ziehen die Experten als Bilanz. 

Zudem schätzen Befragte die präzisere und zuverlässigere Ausführung von Aufgaben, was letztlich auch zu einer höheren Produktqualität führt – laut Umfrage gaben fast die Hälfte (47 %) an, eine Qualitätssteigerung seit der Einführung der Automatisierungstechnologien festgestellt zu haben. "Besonders in den Branchen Produktion und Fertigung sowie Chemie/Kunststoffverarbeitung profitieren auch die einzelnen Angestellten von der Automatisierung, da sie weniger gefährliche oder schwere Arbeiten verrichten mussten. Insgesamt 45 % der befragten Industrieunternehmen stellten eine Entlastung bei ihren Angestellten als großen Nutzen fest", gibt reichelt an.

Hemmschuhe

Weiter wird berichtet, dass seitens der Unternehmensführung viele entscheidende Argumente für die Automatisierung eines Betriebs sprechen. "Damit sind sie nicht nur in der Lage, nachhaltig ressourcenschonender, idealerweise in Europa, zu produzieren, neue Märkte zu erschließen sowie flexibler auf Marktanforderungen zu reagieren und ihre Zukunfts- sowie Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, sondern können auch den Umsatz steigern", wird angegeben. So gehen 58 % der Befragten davon aus, dass sich die nächste geplante Investition in Automatisierung innerhalb nur eines Jahres amortisiert hat.

Allerdings verweist fast ein Drittel der Teilnehmer (32 %) darauf, dass die Entscheidungsfindung über die richtigen Investitionen schwierig sei. Darüber hinaus berichteten 31 % über einen Mangel an Fachkräften mit den erforderlichen Kenntnissen. Finanzielle Einschränkungen sind ebenfalls eine Hürde, da fehlendes Budget oder zu hohe Kosten für Lösungen eine Herausforderung darstellen (28 %). Zusätzlich bleibt bei 26 % der Befragten der Wunsch nach spezifischen Lösungen unerfüllt. 

"Besonders kleinere Unternehmen stoßen oft auf Schwierigkeiten, wenn es darum geht, Automatisierungs-Tools zu finden, die sowohl ihren Anforderungen entsprechen und zum Betrieb passen als auch erschwinglich sind", weiß man bei reichelt.

Bedarfsgerechte Automatisierungsstrategie 

Die Studie ergab folgende Zukunftsprognosen: 62 % der deutschen Industrieunternehmen glauben, dass die Fertigung in fünf Jahren vollkommen automatisiert laufen wird, und sich die Menschen somit auf andere Arbeitsbereiche konzentrieren können. Auch sollen KI und Automatisierung sich als Lösung für den Fachkräftemangel in der Industrie erweisen (60 %). Angesichts dessen bleibt noch die Frage offen, welche Auswirkungen die vollautomatisierte Fertigung auf den Arbeitsmarkt haben wird, denn schon jetzt sparen 72 Prozent der befragten Industrieunternehmen durch Automatisierung Personalkosten ein.

Die reichelt elektronik Umfrage lässt auch erkennen, dass die Akzeptanz von Automatisierung in der deutschen Industrie nicht uniform ist, sondern stark von der Größe und Struktur des Unternehmens abhängt. "Trotz der offensichtlichen Vorteile bringen automatisierte Prozesse auch ihre Herausforderungen mit sich. Differenzierte Strategien und Maßnahmen helfen dabei, den Herausforderungen zu begegnen und die Implementierung von Automatisierungstechnologien in Unternehmen aller Größen zu fördern. Idealerweise sollten diese auch immer den Faktor Mensch miteinbeziehen", raten die Experten.

Details zur Studie

Die Umfrage wurde durch das unabhängige Institut OnePoll unter 500 Teilnehmern aus Deutschland durchgeführt. Zeitraum der Befragung war April/Mai 2024. Die Befragten waren Tech-Entscheider aus dem verarbeitenden Gewerbe, darunter die Branchen Luft- und Raumfahrt, Chemie/Kunststoffverarbeitung, Automobil, Textil, Hardwarekomponenten, Produktion und Fertigung, elektronische Bauteile, Transport und Spedition, Zulieferer für den Energieversorgungsektor sowie Maschinenbau.

reichelt (ih)

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