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Bild: (Quelle: VDMA)

Herr Schnittler, Sie befassen sich seit Jahren innerhalb des VDMA unter anderem mit dem Thema Variantenmanagement. Es verspricht Maschinen- und Anlagenbauern beispielsweise eine weitere Steigerung der Effizienz ihrer Abläufe und Prozesse – von der Entwicklung über die Produktion bis zum Vertrieb. Bitte erläutern Sie kurz, welcher Nutzen sich für den Anwender – angewendet in den einzelnen Wertschöpfungsstufen – konkret ergibt.

V. Schnittler: In der Tat ist in den letzten zwei Jahrzehnten eine stetige Entwicklung weg von der Serie und hin zu kundenindividuellen Produkten mit immer kleineren Losgrößen und immer mehr Varianten zu verzeichnen, bei immer kürzeren Produkt­lebenszyklen. Dies führt, wenn man nicht mit einer zielgerichteten Strategie im Variantenmanagement vorgeht, zu einem teuren Wildwuchs an individuellen Produkten ohne durchgängige Produktstruktur. Mit einem strukturierten Variantenmanagement lassen sich Aufwand und Kosten über den gesamten Wertschöpfungsprozess gezielt eindämmen. Dies beginnt im Vertrieb bei der Angebotslegung, wo gezielt Produktplattformen, Baukästen und Vorzugsreihen ausgewählt werden können, um die vom Kunden gewünschten Leistungsmerkmale des Produkts auszuprägen. Bereits diese Ordnungsstruktur wirkt sich in der Konstruktion, im Einkauf, in der Lagerhaltung und in der Fertigung kostendämpfend aus; Bedarfe und Fertigungslose können zusammengefasst und damit wirtschaftlicher gesteuert werden. Durch diese „Standardisierung nach innen“ kann sogar die ­Produktdokumentation rationalisiert werden und schließlich profitiert auch das Ersatzteil- und Servicemanagement. So sind die fraglichen Komponenten überschaubar sowie bekannt und werden durch die Eindeutigkeit der eingesetzten Komponenten Fehler vermieden und Prozesse sicherer.    

Würden Sie sagen, dass die Digitalisierung bzw. das Thema Industrie 4.0 das Management von Varianten in den Unternehmen begünstigt hat bzw. vorantreibt?

V. Schnittler: Mit zunehmender Automatisierung und Digitalisierung und dem damit einhergehenden Einsatz der entsprechenden Komponenten und Softwareapplikationen öffnet sich eine weitere Dimension differenzierbarer Merkmale, über die rein mechanische Struktur der Produkte hinaus. Dies erklärt das stetige und dynamische Wachstum von Varianten, trotz der nachhaltigen Bemühungen der Maschinen- und Anlagenbauer, durch Variantenmanagement dämpfend auf dieses Phänomen einzuwirken.

Der VDMA veranstaltet seit Jahren eine Tagung „Varianten­management“ – in diesem Jahr in der achten Auflage. Wie haben sich das Themenspektrum, das Besucherinteresse und der Kenntnisstand der Besucher seit der ersten Veranstaltung verändert?

V. Schnittler: Interessanterweise hat die Veränderung bei diesem Thema bereits viel früher begonnen. Als wir zu Anfang der 2000er-Jahre zum ersten Mal eine Veranstaltung zum Thema Variantenmanagement durchführten, waren wir über die überwältigende Resonanz bei diesem Thema sehr überrascht. Schon damals war in der Branche das Thema Serienfertigung eher Industriegeschichte. Das lag daran, weil wir einerseits das nachhaltige Interesse am Thema wahrgenommen haben. Andererseits hatten die Lösungsanbieter für Variantenkonfigura­tion, die weitgehend Mitglieder in unserem Fachverband Software und Digitalisierung sind, keine Heimat für ihr Angebot auf einer der einschlägi­gen Messen. Deshalb entschlossen wir uns für die Ausrichtung einer Tagung mit begleitender Fachausstellung. Seit Beginn der Veranstaltungsreihe ist das Leistungsangebot unserer Aussteller viel reifer und anspruchsvoller geworden. Die heute angebotenen Lösungen sind jetzt viel tiefer in die kaufmännischen, konstruktiven und logistischen Wertschöpfungsprozesse inte­griert, als dies zu Anfang der Fall war.

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