Bild 01: Systemübersicht für das Smart Grid Interace Modul (Quelle: EMH)
Vor allem das dynamische Steuern der Netze kann nur über die Erfassung von Echtzeit-Daten bewältigt werden, um den Netzzustand als Führungsgröße zur Ansteuerung bestimmen zu können. Um die Anforderungen zuverlässig und schrittweise erfüllen zu können, bietet EMH Energie-Messtechnik [1] mit dem Smart Grid Interface Modul SGIM-01 eine geeignete technische Lösung an (Bild 1). Die Stadtwerke Service Meerbusch Willich [2] bereitet als einer der ersten Netzbetreiber inzwischen den flächendeckenden Roll-out des Systems vor.
Nach dem gegenwärtigen Stand sind Niederspannungsnetze noch die große Unbekannte im Zusammenspiel von Erzeugern erneuerbarer Energien und den elektrischen Verbrauchern. Noch unbekannter ist das Verhalten von sogenannten Prosumern im Netz, also Geräte und Anlagen, die sowohl Energie erzeugen als auch abgeben können.
Bis 2029 sollen die Niederspannungsnetze fit für alle möglichen Szenarien sein, vor allem mit dem beschleunigten Ausbau der oben genannten Technologien schritthalten. Bei einer durchschnittlichen Lebensdauer von 40 Jahren und mehr sowie der Unmöglichkeit des einfachen Ausbaus mit Tiefbau und Komponenten bleibt als relevante Möglichkeit zur Vermeidung von Überlasten nur die Digitalisierung. Mit der Digitalisierung kann einerseits das zukünftige Nutzungsverhalten der Teilnehmer beobachtet werden und damit ein gezielter, schrittweiser Ausbau erfolgen, andererseits können die Netze auch online über das Zu- und Abschalten von Lasten und Erzeugern geregelt werden.
Neben dem Thema der Lastbetrachtung stellen sich bei der Digitalisierung aber noch weitere Herausforderungen. Power Quality (PQ) ist ein Thema, welches aus dem Verbraucherschutz herrührt und wo nun die Beweislast beim Versorger liegt, aber auch das Assetmanagement in Form von nutzungsabhängigen Wartungen, schneller Fehlerfindung etc. sind neue Faktoren, die mit der Digitalisierung unterstützt werden sollen.
Alle Anforderungen zu erfüllen, erfordert ein ganzes Bündel an unterschiedlichen Daten. Zunächst braucht es dafür entsprechende Lastkurven der mittleren Lasten im Takt von ein bis fünf Minuten. Solche Lastkurven sind sicher aus den Smart-Meter-Daten erzeugbar, die übrigen Themen erfordern allerdings Online-Daten, die zumindest an der Trafostation erzeugt werden müssen. Neben den Daten von Kurzschluss- und Richtungsanzeigern, Temperaturen und Laufzeiten braucht es eben auch zumindest die Einspeisung als PQ-Daten und die Abgänge als Onlinedaten. Damit kann dann ein Lastzustand gebildet werden und eine Onlinesteuerung der Prosumer erfolgen. Auch die Ausbauplanung wird unterstützt, und die Dokumentation der Lieferqualität wird an der Netzeinspeisung protokolliert.
Alles in allem braucht es in Zukunft beides, das Smart Meter und Daten aus der Trafostation. Letztere beginnen schon heute zu fließen, der Smart-Meter-Roll-out wird noch ein wenig brauchen.
Sichere Planbarkeit der Niederspannungsnetze bleibt nicht bestehen
Generell gilt, dass die über Jahrzehnte mögliche sichere Planbarkeit der Niederspannungsnetze in der Weiterentwicklung des Ausbaus nicht mehr bestehen bleibt. Dies gilt nun auch und vor allem auch in den Innenstädten und Stadtrandlagen von Großstädten. Der Grund ist die Notwendigkeit des massiven Einsatzes von vor allem zwei Bestandstechnologien in die breite Nutzung. Dies sind die Elektromobilität und die Wärmeerzeugung durch Wärmepumpen. Beide ersetzen fossile Technologien und werden durch ihren hohen Energieverbrauch im Vergleich zu den sonst üblichen eher Kleinverbrauchern oder nur sehr sporadisch auftretenden größeren Verbrauchern wie zum Beispiel Elektroherde die Netznutzung massiv beeinflussen.
Ein Vergleich am Beispiel eines Haushalts: Ein Elektroherd hat üblicherweise eine Anschlussleistung von 7,5 kW und wird im Schnitt etwa eine Stunde am Tag genutzt und dies tatsächlich auch nur sehr sporadisch am Tag oder während der Nutzung getaktet. Gleiches gilt für den Staubsauger mit einer Nennleistung von vielleicht 1000 W. So kommt man in einem Haushalt mit der üblichen Berechnungsgrundlage von 14,5 kW Anschlussleistung mit genügend Sicherheitsabstand in der Berechnung für die Planung aus.
Im Unterschied dazu kann eine Wärmepumpe im Eigenheim 10 kW und das E-Auto 11 kW Leistungsaufnahme haben. Die Beeinflussung des Netzes durch nicht ohmsche Anteile soll dabei hier nicht diskutiert werden, obwohl dies sicher auch relevant werden wird.
Die bis dato anzunehmende Anschlussleistung und die Nutzungsdauer derselben in Bezug auf den Gleichzeitigkeitsfaktor innerhalb einer Einheit oder auch zum Beispiel in einem Strang kann also höchstwahrscheinlich mit allein 21 kW Anschlussleistung für Wärmeerzeugung und Ladung des Autos nicht aufrechterhalten werden. Multipliziert man nun diese Leistungen in einem Strang bei bisher nicht bekanntem Nutzungsverhalten, so erkennt man auch schnell die Möglichkeit, dass die gleichzeitige Versorgung aller zu erwartender Verbraucher nicht mehr gewährleistet werden kann. Die Möglichkeit eines modernen E-Autos sich als Prosumer zu verhalten, also auch Energie abgeben zu können, macht die Situation dabei nicht gerade überschaubarer.
Noch nicht betrachtet wurden Mehrfamilienhäuser, Bild 2 zeigt eine Beispielübersicht.