Technologischer Lösungsansatz

Abbild Transportmanagement

Bild 2: Transportmanagement (Quelle: Mikrolab)

nter der Überschrift Industrie 4.0 hört man hauptsächlich informationstechnologische Schlagworte wie beispielsweise Cloud Computing, Big Data, Internet der Dinge oder Cyber Physical System (CPS). Unter anderem soll damit ausgedrückt werden, dass Industrie 4.0 für Dezentralisierung steht. Auch CIM (Computer Integrated Manufacturing) verfolgte in den 1980er Jahren einen technologischen Ansatz. Letzten Endes scheiterte es daran, dass es für die neuen Technologien keine Anwendungen gab bzw. die damaligen Herausforderungen mit der neuen Technologie auch nicht gelöst werden konnten. All das wird mit Industrie 4.0 besser – so zumindest der Plan. Natürlich versuchen auch unter dem mittlerweile etablierten Hype-Thema Industrie 4.0 viele Technologieanbieter, ihre Innovation zu vermarkten. Aber die wahren Potenziale stecken in der Organisation bzw. in der Anwendung selbst.

Warum fordert Industrie 4.0 die Dezentralisierung?

Es wird immer deutlicher, dass eine Flexibilisierung von Prozessen und damit die Erweiterung der Möglichkeiten nur mit einer Dezentralisierung einhergehen können, da ansonsten die Komplexität einer zentralen Steuerung nicht mehr beherrschbar wäre. Damit erscheint die Forderung von Industrie 4.0 nach Dezentralität in einem ganz anderen Licht: Es geht dabei um intelligentere Prozesse und mehr Entscheidungsfreiheit – Technologie steht erst in zweiter Reihe. Demnach müsste die Herleitung der Industrie 4.0 wie folgt geändert werden: 1.0 = Dampfmaschine; 2.0 = Förderband; 3.0 = Automatisierung; 4.0 = Dezentralisierung in der Organisation. Bisher steht an vierter Stelle das (noch immer nicht endgültig definierte) Cyber Physical System (CPS).

Dezentralität in der Organisation

Dezentralität beginnt jedoch oft in viel kleinerem Maßstab. Im Vergleich zur immer noch weitverbreiteten hierarchischen Fertigungssteuerung nehmen immer mehr selbstregelnde Systeme und intelligente Steuerungsmechanismen Einzug in moderne Fabrikhallen. Dabei geht es nicht immer um intelligente Maschinen, sondern häufig um intelligente Prozesse bzw. darum, dass die Menschen in der Fertigung mehr Entscheidungsfreiheit bekommen. Der Mensch als flexibles und autonomes Wesen kann sein direktes Arbeitsumfeld sehr gut überblicken und basierend darauf deutlich bessere Entscheidungen treffen als ein zentrales System. Letzteres überblickt zwar die komplette Fabrik, übersieht möglicherweise aber lokale Details oder bewertet diese unzureichend. Dezentralität in der Organisation ist daher so zu verstehen, dass Entscheidungen, die früher zentral getroffen wurden, nun in die jeweiligen Bereiche delegiert werden. Ob ein Mensch diesen Entscheidungsspielraum nutzt oder ein dezentrales IT-System, ist dabei nicht relevant. Das funktioniert aber nur, wenn alle relevanten Informationen auch dezentral verfügbar sind. Die lokale Instanz kann diese dann mit eigenen Erkenntnissen anreichern und basierend darauf Entscheidungen treffen.

Dezentrale Anwendungen der Intralogistik

Ein einfaches Beispiel einer dezentralen und selbstregelnden Anwendung ist Kanban. Zur Erinnerung: Bei Kanban geht es darum, bestimmte Teile nur dann zu fertigen, wenn Sie benötigt werden – und dann nur in einer vorgegebenen Menge, sodass keine übermäßigen Bestände aufgebaut werden. Häufig ist dabei auch vom Pull-Prinzip oder Supermarkt die Rede. In der klassischen Form ist Kanban sogar so dezentral, dass ein zentraler Eingriff das System empfindlich stören würde. Durch die Erweiterung um eine elektronische Komponente werden die Abläufe transparent und lassen sich so mit anderen Prozessen synchronisieren. Man spricht dann von „eKanban“. Der dezentrale Charakter, dass der Auslöser zur Nachproduktion aus dem Feld und nicht aus der zentralen Planung kommt, ist bei „eKanban“ ein wichtiges Merkmal und Garant für die Effizienz der Methode. Auch ein modernes Transportmanagement ist dezentral organisierbar. Hierzu bekommt der Werker an der Maschine bzw. am Arbeitsplatz die Möglichkeit, Transportaufträge zu generieren: Zum Beispiel soll eine volle Palette abgeholt und eingelagert werden. Sobald der Transportauftrag mit Quelle, Ziel und zu transportierender Ware angelegt ist, kann der nächste freie Staplerfahrer diesen reservieren und anschließend durchführen. Auch der Transport von Rohmaterial zu Beginn eines Produktionsauftrags oder die Anlieferung eines Werkzeugs zum Rüsten der Maschine ist mit solch einem dezentralen Ansatz möglich. Durch ein intelligentes Verteilungsverfahren und die Entscheidungsfreiheit der Transporteure wird sichergestellt, dass kein zentraler Eingriff nötig ist. Trotzdem ist zentral bekannt, welche Transporte aktuell durchgeführt werden und welche noch anstehen.

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