Abbild Drahterosionsmaschine

Bild 1: Mehr Flexibilität für Drahterosionsmaschinen (Quelle: GF Machining Solutions)

Wie ist die Zusammenarbeit mit Beckhoff bei der Entwicklung der neuen Generation von Drahterosionsmaschinen entstanden und welche technologischen Vorteile bietet PC-based Control aus Ihrer Sicht?

Orio Sargenti: Ziel von GF Machining Solutions war eine durchgängige Steuerungsplattform, um die zuvor an unterschiedlichen Konzernstandorten eigenentwickelte Elektronik der Drahterosionsmaschinen zu vereinheitlichen. Wichtige Voraussetzung war dabei, dass sich Produkte von Drittherstellern, wie z. B. Antriebe, problemlos integrieren lassen. Außerdem musste es die Kommunikationsstruktur ermöglichen, den 1-ms-Regelkreis für die Steuerung des Erodierdrahts einzubinden. Hier sind wir zunächst auf das sehr weit verbreitete und leistungsfähige Kommunikationssystem Ethercat aufmerksam geworden und dann aufgrund des breiten verfügbaren Produktspektrums auch auf den Ethercat-Erfinder Beckhoff. Letztendlich ausschlaggebend für die Zusammenarbeit war, dass Beckhoff ein PC-basiertes Steuerungssystem und im Gegensatz zu den konventionellen CNC-Herstellern auch eine wirklich offene CNC-Lösung anbietet.

Was bedeutet die Offenheit und Durchgängigkeit von PC-based Control für Sie als Maschinenbauer ganz konkret?

Orio Sargenti: Der Vorteil der offenen Beckhoff-Technologie liegt in der großen Freiheit bei der Wahl der benötigten Komponenten, wie z. B. IO-Module. Hier sind die traditionellen CNC-Anbieter deutlich eingeschränkt. Bezogen auf die numerische Steuerung benötigen wir einen sehr guten CNC-Kernel, in den sich unser spezielles Prozess-Know-how möglichst einfach integrieren lässt. Aus unserer Sicht nutzen wir die Standardkomponenten von Beckhoff und aus Softwaresicht ist es unsere eigene CNC. Zudem steht mit der Software Twincat ein offenes Framework zur Verfügung, bei dem beispielsweise die komplexe Kommunikation zwischen den einzelnen Komponenten und die Safety-Integration bereits realisiert sind. Twincat ist hier sehr offen und benutzerfreundlich und bietet zudem verglichen mit den in konventionellen CNC integrierten PLC deutlich mehr Funktionalität. Einer der größten Vorteile überhaupt ist, dass wir mit PC-based Control alle Vorteile der Automatisierungswelt in die numerische Steuerung mit übernehmen können.

Welche besonderen Anforderungen stellt der Drahterosionsprozess an die CNC-Technik?

Orio Sargenti: Bei konventionellen Werkzeugmaschinen lässt sich das Werkzeug im Idealfall genau mit einem Punkt im Raum beschreiben. Beim Drahterodieren sind hingegen komplexere Abläufe zu steuern, um mit dem Draht als Werkzeug exakt arbeiten zu können. So steuert die CNC als Hauptmerkmal über insgesamt fünf Servoachsen die ober- und unterhalb des Werkstücks positionierten Drahtführungen. Ergänzend muss die gesamte Bewegung des Drahts, d. h. dessen Geschwindigkeit und Kraft, präzise vorgegeben werden. Ein weiterer komplizierter Aspekt der numerischen Steuerung besteht darin, dass der Erodierdraht gebogen und nicht gerade in den Arbeitsbereich eintritt. Denn der Draht neigt dazu, sich abhängig von den elektrischen Parametern und der auf ihn einwirkenden Kraft vom Arbeitspunkt weg zu bewegen. Unser Kern-Know-how liegt darin, diese Einflüsse optimal zu korrigieren. Dabei profitieren wir von der hohen Rechenleistung der Beckhoff-CNC, da mit ihr das bisherige Stoppen und Nachregeln des Drahtes entfällt und so auch eine Kurve in der maximalen Geschwindigkeit gefahren werden kann.

Warum wurde für die Umsetzung dieser Anforderungen ein eigenes Entwicklungsprojekt initiiert?

Orio Sargenti: Die Entwicklung der neuen Steuerungsplattform war und ist für GF Machining Solutions ein bedeutender Schritt und ein großes Investment in die Zukunft. Um hierfür auf ein möglichst umfassendes Know-how zugreifen zu können, haben wir im April 2012 einen Kooperationsvertrag mit Beckhoff abgeschlossen. Im Rahmen des Entwicklungsprojekts wurden wir insbesondere bei der Integration der prozessrelevanten Funktionen in die numerische Steuerung zusätzlich von der ISG Industrielle Steuerungstechnik GmbH in Stuttgart unterstützt. Als erste Maschinenbaureihe konnte dann Ende 2014 die CUT E in Serie gehen. Inzwischen ist die Entwicklungsarbeit für eine effizientere Regelung des Drahterosionsprozesses abgeschlossen. Um weitere Technologiebereiche abzudecken, führen wir das Projekt bis 2020 fort.

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