Abbildung von Zeitreihendatenbank

Bild 01: Bei der Plattform von Pragmatic Industries werden die Maschinendaten über eine verschlüsselte Verbindung via MQTT oder HTTPS in das Backend übertragen und dort in einer Zeitreihendatenbank für den schnellen Zugriff gespeichert. Über das Portal stehen die Daten z. B. für Analysen, Remote Maintenance, Wartungsüberwachung oder zur Visualisierung der Stillstände zur Verfügung (Quelle: Pragmatic Industries)

Die Realität im deutschen Maschinenbau bezüglich neuer Geschäftsmodelle ist bei vielen Unternehmen ernüchternd. Warum das so ist, erklärt Prof. Dr. Heiko Gebauer vom Fraunhofer IMW [1], der seit vielen Jahren zu Plattform-Strategien in der Industrie forscht, folgendermaßen: „Die Margen im Maschinenbau sind nicht so hoch. Das Geschäft wird einmal gemacht und dann entstehen kaum Umsatzchancen.“ Zwar würden in vielen Firmen Service Abteilungen existieren, aber Umsatzbringer sind die meisten davon nicht. Prof. Dr. Sepp Hochreiter, Vater des LSTM-Algorithmus und KI-Koryphäe, fasst es auf der Hannover Messe treffend zusammen: „Der Maschinenbau ist heute blind, hält nicht wie Facebook oder Apple andauernden Kontakt zum Kunden, analysiert seine Daten nicht – auch weil die Kunden das nicht immer wollen.“

Plattform vs. Marktplatz

Die großen Maschinenbauer entwickeln deshalb mit Partnern, Zulieferern und Kunden seit einigen Jahren eigene Plattformen. Das Problem: Zu oft würden Unternehmen Plattformen mit Marktplätzen gleichsetzen, so der Wissenschaftler. Eine Plattform sei aber viel mehr, sie sollte auch ein Innovationshub sein, wo man mit Kunden und Partnern neue Geschäftsmodelle entwickelt, meint Prof. Dr. H. Gebauer. Außerdem sollte eine Plattform nicht nur den großen Maschinenbauern weiterhelfen. „Gerade kleinere Maschinenbauer können von einer Plattform profitieren, in dem sie Daten von den Maschinen im Feld zurückgespielt bekommen. Dadurch kann die Anlagenverfügbarkeit steigen und die Maschinenbauer können ihren Kunden digitale Services direkt anbieten“, unterstreicht Prof. Dr. H. Gebauer.

Über eine Plattform können Maschinenbauer Zusatzservices anbieten oder Partner, die das Ersatzteilgeschäft vielleicht verantworten, mit aufnehmen sowie gemeinsam Applikationen entwickeln und werden so am Umsatz beteiligt. Somit sollten Maschinenbauer, Kunde und Partner im Feld Teil einer eigenen Plattform sein. Doch viele kleinere Maschinenbauer fürchten die Plattform, ihnen fehlt es an Wissen bezüglich ihrer Entwicklung und ihres Betriebs.

Plattformbauer für den Maschinenbau

Hilfestellung dabei bietet Dr. Julian Feinauer mit seinem Team von Pragamtic Industries [2]: „Wir nehmen den Maschinenbauer an die Hand und entwickeln mit ihm eine Platform as a Service (PaaS). Cloud-basiert, mit einem deutschen Hosting und damit voll DSGVO-konform.“ Das bedeutet: Zusammen mit dem Maschinenbauer definieren die Entwickler die Anforderungen an die Plattform. Der Kunde bekommt eine auf seine Bedürfnisse zugeschnittene Lösung als Whitelabel, wobei oft gemeinsam erste SaaS-Angebote entstehen (Bild 1). Pragmatic Industries liefert Applikationen wie das Factory Hub für die „komplette Produktionsübersicht und Vergleich verschiedener Maschinen“ oder das Digital Cockpit für die „visuelle Darstellung der wichtigsten Daten einer Maschine für den effizienten Betrieb der Maschine“ (Bild 2). Daraus leiten sich für den Maschinenbauer als Verkäufer der Maschine neue Geschäftsmodelle ab. Zwei oder drei Apps, das klingt wenig für eine Plattform. „Die Angebote auf den Plattformen entwickeln sich im Austausch mit dem Kunden. Zu Beginn sollten drei Applikationen verfügbar sein, die Mehrwerte liefern und die man dann gemeinsam weiterentwickelt. Viele Maschinenbauer denken, sie müssten mit dem Start der Plattform sofort zehn oder zwanzig digitale Angebote dem Kunden präsentieren. Das ist ein Trugschluss“, meint Prof. Dr. H. Gebauer.

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