Aufbau und Inbetriebnahme des Prüfstands

Wirkschaltbild des Dspace-Prüfstands

Bild 02: Wirkschaltbild des Dspace-Prüfstands mit Movic-Umrichter von SEW. (Quelle: HS-Heilbronn, Grafik: etz)

Die Topologie des Ansteuerungskonzeptes entspricht der sogenannten Software in the Loop (SIL). Dabei können Regler auf einem Zielsystem ausgeführt werden, das mit einem realen Prozess verbunden ist. Die Strom- bzw. Drehmomentregelung der SEW-Motoren soll dabei weiterhin dezentral durch die Umrichter erfolgen. Das Drehmoment wird jedoch durch das Echtzeitsystem vorgegeben. Diese Topologie ist eine Variante des sogenannten Rapid Control Prototyping (RCP), welches in der Entwicklung und Auslegung von Reglern eine große Rolle spielt [1]. Das RCP ist eine Erweiterung der „Entwicklungsmethodik für mechatronische Systeme“ [5], mit dem V-Modell nach DIN 2206. Dieses umfasst die folgenden Punkte:

  • Systementwurf,
  • Modellbildung,
  • Simulation,
  • Reglerauslegung,
  • Implementierung und
  • modularer Test aller Teilsysteme und des Gesamtsystems.

Durch die durchgängige Verwendung von Ethercat lösten die Entwickler die Schnittstellenproblematik. Der realisierte Prüfstand besteht im Wesentlichen aus der Simulation (Host-PC), dem Echtzeitsystem (Scalexio) sowie der Realität (Umrichter und Motoren) (Bild 2). Der Host-PC ist ein Standard-PC (x86) mit einem konventionellen Windows-Betriebssystem, Matlab von Mathworks [6] sowie Simulink zur Simulation und Reglerauslegung. Die automatische Erzeugung von ausführbaren Code erfolgt mit der Matlab-Toolbox Simulink-Coder. Dieses Programm kann anschließend automatisiert auf eine Zielhardware übertragen werden. Parameter des laufenden Modells sind vom Host-PC über die TCP/IP Schnittstelle veränderbar. Auf dem Echtzeitsystem Scalexio von Dspace wird das zuvor erzeugte Programm ausgeführt. Über eine Ethercat-Karte von Hilscher [7] lassen sich die beiden Umrichter von SEW-Eurodrive als Ethercat- Slaves mittels Prozessdaten ansteuern. Als Motoren kommen ein CMP50 Servomotor mit einem Hyperface-DSL-Geber sowie ein DRN56 Getriebemotor mit Resolver zum Einsatz.

Die Hilscher-Software Sycon.net erstellt aus den gerätespezifischen XML-Dateien systemspezifische XML-Dateien. Dabei wird die Topologie und die dadurch vorhandenen Slaves konfiguriert. In diesem Rahmen weist der Master den einzelnen Slaves individuelle ID-Nummern zu. Die Datei wird anschließend in die Software-Configurationdesk von Dspace eingebunden. Die weitere Einrichtung der Tool- Chain, bestehend aus Host-PC, Scalexio und den industriellen Umrichtern, erfolgt mithilfe der Simulationssoftware Matlab/Simulink.

Dieser Vorgang ist der wesentliche Unterschied im Vergleich zu der Nutzung von Ethercat mit industriellen Steuerungen, da hier die ganze Buskonfiguration offline erfolgen muss. Erst bei der Übertragung des Programms auf das Echtzeitsystem steht der Ethercat-Master zur Verfügung. Mithilfe der Simulationssoftware ist es dann möglich, Regler und Steuerfunktionen zusammen mit dem Prozess zu implementieren und zu simulieren. Nach erfolgreicher Simulation werden die Steuerungsalgorithmen durch Codegenerierung auf das Echtzeitsystem übertragen.

Durch die Ethercat-Schnittstelle werden die Prozessdaten für die Ansteuerung an den Umrichter zyklisch gesendet und auch von den Antrieben empfangen. Dieser Systemzugang erlaubt es die Antriebe als Drehmomentquellen zu betrachten und den Systemregelkreis über ein Modell in Matlab/Simulink zurückzukoppeln. Bei mehreren Achsen ist es besonders wichtig, dass die Daten synchron übertragen und empfangen werden [8, 9]. Dafür sorgt bei der Konfiguration in Sycon.net die Option „DC-Synchronized“.

Während des Betriebs lassen sich die Parameter durch die Dspace-eigene Software Controldesk verändern. Dies ist besonders nützlich, wenn beispielsweise Reglerparameter im laufenden Prozess anzupassen sind.

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