
Das Vario-X-System ermöglicht eine einfache, schaltschranklose Installation und Verdrahtung sowie eine flexible Integration in Bestandsanlagen und Neumaschinen. (Quelle: Murrelektronik)
Die industrielle Automatisierung befindet sich wie kaum eine andere Branche unter Transformationsdruck. Mittels Elektrifizierung und Digitalisierung lassen sich große energetische und somit Kostenpotenziale heben – das Industrial Internet of Things (IIoT) und künstliche Intelligenz (KI) sind dabei noch nicht berücksichtigt. Zudem bieten industrielle Automatisierungslösungen Vorteile in Sachen Effizienz, daher sind sie auf steilem Expansionskurs. Laut einer McKinsey-Studie [1] soll der Markt bis 2025 um jährlich knapp 4 % auf 115 Mrd. US-$ anwachsen.
Der erste Schritt zur Smart Factory
Ein weiterer Aspekt der Studie zeigt, dass bisher nur ein sehr kleiner Teil von Fabriken die Möglichkeiten eines digitalisierten und automatisierten Betriebs nach heutigen Maßstäben ausschöpfen. Das Spektrum reicht dabei von digitalen Zwillingen über innovative Software bis hin zu mit KI angereicherten Robotern und selbstlernenden Systemen. In einem ersten Schritt geht es oft darum, die häufig noch analoge Maschinenarchitektur zu digitalisieren, sprich analoge und digitale Welt zusammenzuführen. Einen vielversprechenden Ansatz bietet eine dezentrale Anlagenstruktur, denn diese sichert Anwendern eine smarte Antwort auf anstehende Herausforderungen zu. Mit dem Vario-X-System bietet der schwäbische Automatisierungsspezialist Murrelektronik [2] eine dezentrale, skalierbare und schnittstellenoffene Lösung, die Unternehmen die Transformation in die digitale Zukunft erleichtern soll. Die Lösung ermöglicht den Entfall von Schaltschränken, weniger Verkabelungsaufwand und kann via App parametriert werden.
Installationskonzepte passend zur Anwendung
Mit dem System lassen sich sämtliche Automatisierungsfunktionen bedarfsgenau skalieren und dezentral realisieren – also ohne typische Schaltschrank-Architektur. Das Installationskonzept lässt sich individuell auf Kundenanforderungen und Einsatzzweck ausrichten.
Aber welchen Mehrwert haben dezentrale Automatisierungskonzepte für Anwender und Integratoren? Die Antwort lautet: Effizienz – und das in vielerlei Hinsicht. Konkret bedeutet das, dass sich etwa Aufwände in der Installation deutlich minimieren lassen, bedingt durch modularisierte Komponenten und Einheiten. Die Installation sowie Verkabelung der Sensorik und Aktorik erfolgt bei Vario-X dementsprechend nach dem Plug-and-play-Prinzip mit vorkonfektionierten M12- und MQ15-Steckern fehlerfrei und in kürzester Zeit. Langwierige und damit teure Installationsarbeiten am Schaltschrank, wie dem Abisolieren und dem Setzen von Adern-Endhülsen sowie dem Anklemmen, entfallen gänzlich. Reicht eine Station für die gesamte Maschinensteuerung nicht aus, können problemlos weitere Stationen – etwa für eine zusätzliche Stromeinspeisung – dezentral an der Maschine platziert und miteinander verbunden werden. Ebenso lassen sich einzelne IO-Module ganz ohne Backplane an der Sensorik/Aktorik installieren. Das Ergebnis: eine schlanke Kabelarchitektur und gestraffte Maschinenanbauten. Vario-X integriert alle Peripherie-Elemente vom Sensor bis zur Cloud in einem einzigen Automatisierungssystem.
Bedienung erfolgt über Voice Control
Dank Smartphone und Smartwatch sind Bedienung über Apps, sprachgesteuerte Assistenten und Gestensteuerung im Alltag nicht mehr wegzudenken. Warum sollten also nicht auch Maschinen so einfach gesteuert werden Dementsprechend erfolgt die Inbetriebnahme von Vario-X per App und die Steuerung eines Roboters beispielsweise per Gesten oder Sprache.
Besucherinnen und Besucher der SPS 2023 konnten am Murrelektronik-Stand die Funktionsweise einer sogenannten Voice Control als Studie live erleben (Bild 2). Die Applikation: Ein Roboter wird mittels Sprache gesteuert, der wiederum eine Spannvorrichtung justiert, wie sie in der Karosseriebaubranche üblich ist (Bild 3). Maschinen und Anlagen lassen sich so effizienter bedienen, da Anwender ihre Hände für andere Aufgaben frei haben und durch Sprache unmittelbare Aktionen der Maschinen auslösen können. Andersherum kann die Maschine dem Bedienenden beispielsweise Störzustände oder Positionen via Sprache rückmelden – der Weg zur HMI entfällt somit. Das optimiert nicht nur Bewegungsabläufe, sondern erhöht zudem die Produktivität.
Ein weiterer wesentlicher Vorteil der Voice Control ist die Benutzerfreundlichkeit: Sprachsteuerungssysteme können so programmiert werden, dass sie mehrere Sprachen und unterschiedliche Akzente erkennen. Dies ist besonders in Produktionsumgebungen relevant, in denen Mitarbeiter aus verschiedenen Ländern tätig sind. Die Fähigkeit, verschiedene Sprachen und Dialekte zu unterstützen, trägt erheblich zur Effizienz und Sicherheit bei, weil Missverständnisse minimiert werden und sich Sprachbarrieren überwinden lassen. Nützlich ist das nicht nur in der laufenden Produktion, auch für die Inbetriebnahme können Softwarefunktionen wie Voice Control ein wirksames Instrument sein. So können Inbetriebnahmezeiten verkürzt oder Maschineninstallateuren und späteren Bedienern die Arbeit erleichtert werden.
Predictive Maintenance mit Zwilling 4.0
Ein digitaler Zwilling leistet während des Betriebs einen wichtigen Beitrag in Sachen Condition Monitoring und Predictive Maintenance. Durch den Einsatz von KI in Kombination mit dem digitalen Zwilling von Vario-X wird die Nutzung einfach (Bild 4): Werden die Daten in entsprechende Software- und Analysetools eingelesen, lassen sich etwa Anomalien im Prozessablauf erkennen und Maßnahmen zu deren Behebung frühzeitig einleiten. Vario-X misst die Genauigkeit von Automatisierungsprozessen gemäß dem Lab-to-Field-Ansatz direkt an der Maschinenanlage. Weil der Zwilling auch gleich die dafür notwendigen Bauteile kennt, können sie bereits im Vorfeld ausgelagert oder bestellt werden. Im besten Fall lassen sich so Maschinenausfälle vollständig vermeiden – ohne dass Teile unnötig oft getauscht werden müssen. Durch Langzeitanalyse der gesammelten Daten lassen sich darüber hinaus Aussagen zur Energieeffizienz treffen und Simulationen verschiedener Prozessänderungen fahren, die Aufschluss über mögliche Einsparpotenziale geben.