Abbild Wirkungsrichtungen

Bild 1: Wirkungsrichtungen (Quelle: National Instruments)

Kurzfassung
Eine Industrie 4.0 steht und fällt mit der vorhandenen Sensorik in der Produktion. Und zwar mit einer Sensorik, die Technologiewissen in der Produktion verfügbar macht; Technologiewissen in Form aktueller Daten über den Prozess- und Maschinenzustand, wie sie heute von der Sensorik nicht erfüllt wird. Dieser Beitrag beschreibt die aktuellen Entwicklungen zur Nutzung von Sensoren und Sensorsystemen in der Produktionstechnik. Ausgehend vom Stand der Technik wird untersucht, welche Anforderungen an zukünftig einzusetzende Sensoren für die digitale Produktion gestellt werden. Die Systemgrenzen werden um den Prozess selbst sowie die Interaktion von Werkzeug und Werkstück unter Nutzung von Betriebsmitteln gelegt. Durch die Vernetzung von Menschen, Maschinen und Systemen der Kommunikations- und Informationstechnik wird ein grundsätzlich neuer Entwicklungsstand erreicht, der sich auch in der Organisation und in neuen Fabrikstrukturen widerspiegelt. Mit der weiteren Digitalisierung der Produktion und durch Vernetzung von Maschinen und Werkzeugsystemen, der Betriebsmittel und des innerbetrieblichen Materialflusses werden Cyber-Physical Production Systems (CPPS) aufgebaut. Die Intelligenz und Leistungsfähigkeit dieser Systeme basieren wesentlich auf der Verfügbarkeit von realen Prozessdaten. In diesem Umfeld spielen leistungsfähige und auch resiliente Sensoriken eine entscheidende Rolle, denn von diesen Datenvorräten ausgehend müssen prozessrelevante Informationen generiert werden. Dies ist der Gestaltungsrahmen für diesen Beitrag.


Wenn dies gelingt, sind Möglichkeiten gegeben, Produktionsreserven nachhaltig nutzbar zu machen. Grundvoraussetzung hierfür ist, dass die Gründe für das Auftreten von Prozessschwankungen in ihrer physikalischen Wirkungsweise bekannt und kausale Zusammenhänge zu Prozessstellgrößen abgeleitet werden können. Hierbei ist es nicht relevant, ob die Zusammenhänge empirisch oder durch physikalische Zusammenhänge beschrieben werden können. Erst wenn diese beschrieben werden können, ist es möglich, Anforderungen an Sensoren und Sensorsysteme zu definieren. Es kommt darauf an, Prozesszustände orts- und zeitaufgelöst zu quantifizieren und kausale Zusammenhänge zu den Stellgrößen der Prozesse herzuleiten. Am Beginn dieser Informationskette stehen prozessgeeignete Sensoren. Sie sind Schlüsselkomponenten für die erweiterte Prozessanalyse und sind somit die wichtigste Voraussetzung dafür, dass sich die im Umfeld der Entwicklungsinitiative Industrie 4.0 abzeichnenden Möglichkeiten in der Produktion umsetzen lassen.

Bild 1 zeigt die Wirkungsrichtungen von Sensordaten in einer vernetzten Produktion. Hier wird die Bedeutung von Sensoren für digitales Produktionswissen deutlich. Sensoren liefern analoge oder digitale Signale, welche durch Daten beschrieben werden. Diese enthalten Informationen, die dann mithilfe von Modellen interpretierbar werden. Erst die Bereitstellung relevanter und konsistenter Daten sowie deren Weiterverarbeitung und Verwendung in Modellen ist die Grundvoraussetzung dafür, dass in Echtzeit Prozessoptimierungen durchgeführt werden können. Neue Sensorkonzepte stellen nicht nur Daten zur Verfügung, die beim jetzigen Stand der Technik ex post ausgewertet werden, sondern sie können in Echtzeit und in-situ aus Daten Informationen generieren. Solche Systeme werden unter dem Begriff „Embedded Systems“ beschrieben und können sowohl dem Maschinenbediener als auch einem Experten an einem anderen Ort als direkte Entscheidungshilfe dienen. Auf Skaleneffekten beruhende Kostensenkungen und neue Datentechnologien, wie beispielsweise die drahtlose Datenübertragung, ermöglichen die Gewinnung großer Datenmengen aus Haupt- und Nebenprozessen. Werden diese Daten in geeignete Modelle gespeist, bilden sie die Grundlage für mächtige Multi-Physik- und Mehrkriterienoptimierungen. Diese Datenbasen können auch genutzt werden, um Selbstoptimierung und Selbstüberwachung durchzuführen. Aus diesem Grund liegt der Schwerpunkt dieses Beitrags auf der Beschreibung geeigneter Sensorik für Werkzeuge, Werkstücke, Prozessstrategien und Wirkmedien.
Im Folgenden werden ausgewählte Beispiele aus der Anwendung von Sensoren nach jetzigem Stand der Technik in der Produktionstechnik beschrieben. Hierauf aufbauend werden die Anforderung an die Weiterentwicklung von Sensorsystemen aufgezeigt und ein mögliches Szenario zur zukünftigen Nutzung von Sensorik beschrieben.

Etablierte Sensoren und Anwendung in der Produktionstechnik

Im Produktionsumfeld kommt eine Vielzahl von externen Sensoren zum Einsatz. Der Anwendungsfokus dieses Abschnitts liegt auf der Überwachung von Produktionsprozessen. Daher ist eine Konzentration der Messobjekte auf das Werkstück, das Werkzeug und das Wirkmedium zielführend. In Bild 2 sind verschiedene Sensoren nach deren Messprinzipien und ihre Verwendung zur Beurteilung von Werkstück, Werkzeug und Wirkmedium in der Produktion dargestellt. Die Sensoren verwenden unterschiedliche Messprinzipien, um Zustands- bzw. Prozessgrößen zu erfassen. Die Wirkprinzipien der Sensoren können in sechs wesentliche Kategorien unterteilt werden: mechanisch, thermisch, elektrisch, magnetisch, strahlend und chemisch. In vielen Fällen stellen die externen Sensoren am Ausgang ein elektri-sches Signal zur Verfügung, das die Messgröße repräsentiert. Die weitverbreiteten Standards der analogen Messtechnik sind ein Spannungssig-nal zwischen 0 V und ±10 V oder ein Stromsignal zwischen 4 mA und 20 mA. Idealerweise ist der Zusammenhang zwischen der Messgröße und dem elektrischen Signal proportional und durch einen konstanten Faktor gegeben. Die Übersicht suggeriert, dass für alle Felder der Matrix eine technische Sensorlösung besteht. Grundsätzliche Probleme bestehen jedoch darin, dass viele der gezeigten Sensoren entweder nur eine Messgröße erfassen können oder extrem kostenintensiv sind und somit nur als Laborlösung dienen können. Für den Einsatz in der täglichen Produktion muss ein Sensor onlinefähig, also vollständig in den Prozess integriert sein, was auf viele der gezeigten Beispiele nicht zutrifft. Im Folgenden wird am Beispiel der Glasumformung gezeigt, wie nach heutigem Stand der Technik diesen Nachteilen begegnet werden kann.

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