Foto von Frank Nolte und Kollmorgen-Geschäftsführer Jan Treede

etz-Redakteur Frank Nolte (links) zu Besuch bei Kollmorgen-­Geschäftsführer Jan Treede in Ratingen (Quelle: VDE VERLAG)

Ihr Produktportfolio reicht in der Antriebstechnik von Servo- und Getriebemotoren über Planetengetriebe, Servoverstärker und -regler bis hin zu Linearantrieben. Sehen Sie Kollmorgen eher als Antriebsgeneralist oder als Antriebsspezialist?
J. Treede: Die Breite des Antriebsportfolios ist durchaus eine unserer Stärken. Unsere Katalogprodukte sind auf die gängigen Anforderungen in speziellen Branchen abgestimmt und decken die Standardanforderungen ab. In erster Linie fokussieren wir uns auf die Branchen Medizin, Verpackungs- und Veredelungsindustrie, Materialbearbeitung, Lebensmittel und Getränke sowie Robotik. Deshalb sehe ich uns eher als Antriebsspezialist, vor allem durch unsere große Stärke, die Customization.

Was ist darunter zu verstehen?
J. Treede: Unser größtes Plus ist die steuerungsunabhängige und in allen gängigen Größen mögliche auf die Bedürfnisse des Anwenders zugeschnittene Lieferung. Wir sind die Einzigen, die in dieser Größenordnung kundenspezifische Lösungen schon ab wenigen 100 Stück anbieten können. Obwohl wir auch Antriebstechnik verkaufen, sind wir herstellerunabhängig und können in Absprache mit dem Kunden alle gängigen Feedback- und Kabelsysteme sowie Konfigurationen anbieten. Andere Hersteller bieten weniger Varianten an und konzentrieren sich damit eher auf spezielle Anwendungsgebiete.

Wie weit geht ihre kundenspezifische Fertigung?
J. Treede: Neben den Motoren liefern wir auch bei den Umrichtern kundenspezifische Lösungen – beschränken uns aber auf bereits zertifizierte Produkte. Die Varianz liegt dann in der Software bzw. spezieller Firmware, die von unseren Spezialisten vor Ort in Ratingen geschrieben wird.

Auf Ihrer Homepage stellen Sie den Servicegedanken unter den Schlagworten „co-engineering“ sowie „motion control expertise“ in den Vordergrund. Wie weit reicht Ihre Unterstützung?
J. Treede: Co-engineering ist unser Schlagwort für customization, also die gemeinsam mit dem Kunden entwickelte Expertise für den jeweiligen Antriebsstrang (Antrieb-Kabel-Motor-Getriebe). Die Entwicklung und Auslegung erfolgt also in einer partnerschaftlichen Kooperation. Dabei bringen unsere Mitarbeiter ihre jahrelange Erfahrung in den unterschiedlichsten Branchen ein und sprechen dementsprechend die Sprache der Kunden.
Dabei muss man natürlich auch das Gesamtsystem betrachten und auslegen. Unter dem Stichwort „motion control expertise“ helfen wir beispielsweise auch bei der Erstellung der Anforderungsliste. Der technische Hintergrund ist natürlich, dass wir unsere eigenen Produkte am besten bewerten können und über deren spezielle Eigenschaften bestens Bescheid wissen. Damit können wir unseren Kunden im Grunde jedes Antriebsproblem lösen.
Wie weit unsere Unterstützung geht, ist dabei von Land zu Land verschieden. Während wir zum Beispiel in der Türkei fast ausschließlich Komplettlösungen, sogenannte turnkey-Projekte verkaufen, wird von unseren Kunden in Deutschland eher die optimale Einzelkomponente gesucht. Daher ist der deutsche Markt auch sehr anwendungsspezifisch und beratungsintensiv. In den USA läuft der Großteil des Geschäfts sowie der Beratung wiederum über Händler und Distributoren.

Zusätzlich bieten Sie online Softwaretools an. Was steckt dahinter?
J. Treede: Wir wollen unsere Kunden halt auf allen möglichen Wegen unterstützen. Beispielsweise ist „motioneering“ ein Auslegungstool für den gesamten Antriebsstrang, bei dem verschiedenste Komponenten abgestimmt aufeinander ausgelegt werden können. Das geht bis hin zur Energieeffizienzbetrachtung. Der Produktkonfigurator ist im Grunde ein Tool zur Selbstbedienung, das fast schon einer Erstberatung oder Produktvorstellung gleichkommt. Der Kunde kann sich dabei seinen Antrieb und Motor aus verschiedenen Modulen zusammenstellen und ordern. Viele Mittelständler nutzen dieses Tool, fragen dann aber oft noch Einzelheiten nach.

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