Der Sensor Jumo hydroTrans kann die Raumtemperatur, Luftfeuchte sowie die CO2-Konzentration messen und auch seine Statuswerte (Metadaten) über die SPE-Schnittstelle direkt in die Jumo Cloud senden. (Quelle: Jumo)
Wie sehen Sie die aktuelle Marktentwicklung der Sensorik und Messtechnik?
Dr. S. Hoßfeld: Die Einschätzung des AMA Verbands für Sensorik und Messtechnik, der die Branche als „robust und wachstumsstark“ bezeichnet hat, teilen wir nicht vollständig. Im Tagesgeschäft spüren wir die Auswirkungen der angespannten wirtschaftlichen Lage in Deutschland. Unsere Umsätze für 2024 liegen leicht unter Plan, und die Auftragseingänge könnten besser sein. Es wird wohl noch einige Zeit dauern, bevor wir eine deutliche Erholung sehen. Die weltpolitische Lage und die damit verbundene Unsicherheit – ich denke nur an die Konflikte in der Ukraine, im Nahen Osten und die Spannungen zwischen den USA und China – erschweren unser tägliches Geschäft. Zudem fehlt es in der deutschen Wirtschaftspolitik an klaren Konzepten, die unsere Branche unterstützen könnten. Die kommenden Monate werden spannend, und aktives Management ist wichtiger denn je.
Wie positionieren Sie sich als Jumo? Welche Transformation durchläuft Ihr Unternehmen derzeit?
Dr. S. Hoßfeld: Unser Ziel ist es, Jumo als System- und Lösungsanbieter weiter auszubauen, der die komplette Automatisierungspyramide abdeckt. Technologien wie „Sensor to Cloud“ gewinnen immer mehr an Bedeutung. Unsere Kunden suchen nach Lösungen, die auf Daten basieren, um ihre Geschäftsprozesse zu optimieren, nicht nur nach einfachen Produkten. Daher erweitern wir unser Angebot, insbesondere im Bereich Dienstleistungen und Auswertungstools, wie beispielsweise Cloudtechnologien. Zusammen mit den Gesellschaftern Bernhard und Michael Juchheim sowie meinem Geschäftsführer-Kollegen Dimitrios Charisiadis haben wir diverse Veränderungsprozesse angestoßen, um Jumo auch in den kommenden Jahren auf Erfolgskurs zu halten und schneller zu wachsen.
Was sind die Vorteile des Produktionsstandorts in Deutschland, insbesondere im Werk Sensilo?
Dr. S. Hoßfeld: Der Standort im Technologiepark Fulda-West bietet zahlreiche Vorteile. Das große Grundstück ermöglicht uns ausreichend Raum für künftige Erweiterungen, was gut zu unserer Strategie passt, global zu wachsen. Zudem haben wir hier vor Ort eine enge Verbindung zu Politik und Verwaltung. Die gute Autobahnanbindung und die Nähe zum Flughafen Frankfurt sind ebenfalls Pluspunkte. Trotz der Herausforderungen finden wir immer noch gut ausgebildete Fachkräftein der Region und setzen verstärkt auf eigenen Nachwuchs, insbesondere im technischen Bereich mit Fokus auf Digitalisierung und künstliche Intelligenz.
Welche Herausforderungen belasten derzeit den Wirtschaftsstandort Deutschland?
Dr. S. Hoßfeld: Eine der größten Herausforderungen ist die überbordende Bürokratie, die Unternehmen ausbremst. Wir benötigen mehr Geschwindigkeit bei der Integration von Migranten in den Arbeitsmarkt. Zudem sind die hohen Energiepreise, die hohe Steuerlast und das vergleichsweise hohe Lohnniveau abschreckende Faktoren für Investoren. Die abnehmende Investitionsbereitschaft könnte langfristig den Standort Deutschland gefährden, insbesondere, da die aktuellen Produktionskapazitäten auf Dauer nicht ausreichend erneuert werden.
Können Sie uns mehr über das Werk Sensilo erzählen?
Dr. S. Hoßfeld: Das Werk Sensilo stellt die größte Investition in der Geschichte von Jumo dar, mit einem Volumen von 50 Mio. €. Unser Fokus liegt auf Digitalisierung, Materialflussoptimierung und Kostensenkung, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Besonders der Bereich der Drucksensoren wird durch die Zusammenlegung der bisherigen fünf Produktionsbereiche in einem Gebäude erheblich optimiert.
Wie engagiert sich Jumo im Bereich Nachhaltigkeit?
Dr. S. Hoßfeld: Nachhaltigkeit ist ein zentraler Bestandteil unserer Strategie im Technologiepark Fulda-West. Wir planen, vollständig auf fossile Energieträger zu verzichten. Unsere Geothermieanlage wird die Spitzenlasten abdecken, während die Grundlast durch Wärmerückgewinnung aus Produktionsprozessen gedeckt wird. Ein Großteil unseres Strombedarfs wird durch selbst erzeugten Strom aus einer Photovoltaikanlage gedeckt. Unsere intelligenten Mess- und Regeltechniken ermöglichen es, den Energieverbrauch zu minimieren und die Energieeffizienz zu maximieren. So können wir nicht nur unseren eigenen CO2-Fußabdruck reduzieren, sondern auch unseren Kunden dabei helfen, ihre Kosten und Emissionen zu senken.
Welche weiteren Pläne hat Jumo für die Zukunft?
Dr. S. Hoßfeld: Wir planen, global weiter zu expandieren und unsere Präsenz in den Schlüsselmärkten zu stärken. Unsere Strategie umfasst organisches Wachstum, aber auch gezielte Übernahmen, wie zuletzt in Korea. Dabei möchten wir weiterhin in die Märkte unserer Kunden folgen und eine starke Präsenz in Asien, Amerika und Europa aufbauen. Trotz der globalen Herausforderungen bleiben wir optimistisch und setzen auf langfristige Erfolge durch Innovation und Nachhaltigkeit.