
CEO Dr. Peter Selders und Verwaltungsratspräsident Matthias Altendorf bilden das Team an der Spitze der Endress+Hauser-Gruppe. (v.r., Quelle: Endress+Hauser)
„2024 war ein Jahr mit vielen Herausforderungen. Aber, das möchte ich betonen, es war kein Krisenjahr für unser Unternehmen. Wir konnten am Ende nicht alle unsere Ziele erreichen – deshalb sind wir auch nicht zufrieden. Aber Endress+Hauser hat sich alles in allem erfolgreich behauptet. Deshalb sind wir stolz darauf, was wir gemeinsam erreicht haben. Denn wir haben im vergangenen Jahr viele Themen bewegt und damit unser Unternehmen vorangebracht", sagte CEO Dr. Peter Selders auf der Bilanzpressekonferenz im schweizerischen Reinach. "Bezogen auf unser Geschäft war 2024 ein Jahr der Konsolidierung. Nach drei Jahren mit starkem Wachstum ist der Umsatz der Firmengruppe nur leicht gestiegen. Vor allem deshalb, weil sich unsere drei größten Märkte – die USA, China und Deutschland – nur verhalten entwickelt haben.“
Der Nettoumsatz der Firmengruppe stieg leicht um 0,7 % auf 3,744 Mrd. €. Das organische Wachstum – ohne Währungseinflüsse – bezifferte CFO Dr. Luc Schultheiss mit 1,3 %. „Unsere Hoffnung auf eine wirtschaftliche Belebung im zweiten Halbjahr hat sich nicht erfüllt“, sagte er weiter. Die verhaltene Entwicklung der drei großen Märkte, USA, China und Deutschland, glichen die kleineren und mittleren Vertriebsgesellschaften aus.
Der CFO berichtete weiter, dass die Verkäufe in Europa im vergangegen Jahr um 0,9 % gesunken sind, hauptsächlich wegen der rückläufigen Zahlen in Deutschland. Einzelne Märkte auf dem Kontinent, darunter Italien, Frankreich und Großbritannien, hätten sich dagegen gut entwickelt. "Asien insgesamt lag mit 1,9 % im Minus, eine Folge des Umsatzrückgangs in China. Indien und Japan verzeichneten gutes Wachstum", so Dr. L. Schultheiss.
Auf dem amerikanischen Kontinent erzielte Endress+Hauser ein Plus von 4,2 %. "Hier sorgten vor allem Kanada, Argentinien und Brasilien für Zuwächse. Die USA trugen nach Jahren mit großem Markterfolg 2024 nur wenig zum positiven Verlauf bei. Dynamisch entwickelten sich Afrika und der Nahe Osten mit einer Rate von 13,3 %", wurde weiter berichtet.
Endress+Hauser schuf im vergangenen Jahr weltweit 514 neue Arbeitsplätze. Ende 2024 zählte die Firmengruppe 17.046 Mitarbeitende. "Vor allem in der Produktion kamen neue Stellen hinzu, ebenso in der Ausbildung", sagte Dr. P. Selders. 636 junge Menschen waren im Unternehmen in der betrieblichen Ausbildung, studierten mit Endress+Hauser an einer Universität oder Fachhochschule oder engagierten sich als externe Studierende. Die Ausbildungsquote stieg auf 3,7 %. "Unser Ziel ist ein Anteil von 5 %", gab Dr. P. Selders weiter an.
Investitionen und Innovationen
"Wir haben 2024 so viel in neue Gebäude und Anlagen investiert wie nie zuvor – fast 350 Mio. €. Damit stärken wir unmittelbar unser globales Netzwerk für Produktion, Logistik und Vertrieb", gab Dr. P. Selders bekannt. Auf dem Firmencampus im indischen Chhatrapati Sambhajinagar (früher Aurangabad) gingen neue Fertigungsgebäude in Betrieb, im schweizerischen Arlesheim eröffnete ein Gästehaus. In China und Indien nahmen regionale Logistikhubs die Arbeit auf. Derzeit setzt die Gruppe Investitionsvorhaben für über 550 Mio. € um – das größte davon am Produktionsstandort im süddeutschen Maulburg.
Weiter wurde berichtet, dass im vergangenen Jahr 81 Produkte neu auf den Markt gebracht wurden. „Innovation ist ein Motor unseres Erfolgs, wir sind technologisch führend“, sagte der CEO. Mit 285 Erstanmeldungen bei Patentämtern in aller Welt habe Endress+Hauser diesen Anspruch unterstrichen. Die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung wurden mit 275,6 Mio. € angegeben, 3,0 % mehr als im Vorjahr. Die Summe entspricht 7,4 % des Umsatzes.
Nachhaltigkeit weiter im Fokus
Trotz dieser großer Investitionen und zusätzlicher Arbeitsplätze hielt die Firmengruppe den Gewinn auf hohem Niveau: Endress+Hauser erzielte ein Ergebnis nach Steuern von 407,9 Mio. € – 0,2 % weniger als im Vorjahr. Das entspricht einer Umsatzrendite von 14,1 %. „Wirtschaftlicher Erfolg ist die Grundlage, um die Nachhaltigkeit unseres Unternehmens weiter voranzutreiben“, betonte Dr. P. Selders.
Im EcoVadis Nachhaltigkeits-Rating erzielte Endress+Hauser 78 von 100 Punkten, so viele wie noch nie, und erreichte damit erneut Gold-Status – eine Platzierung unter den besten 5 % von rund 130.000 untersuchten Unternehmen.
Eine strategische Partnerschaft mit dem Sensorhersteller Sick in der Prozessautomatisierung erweitert das Angebot in der Gas-Analyse und Gas-Durchflussmesstechnik. Endress+Hauser möchte so Kunden noch besser dabei unterstützen, die Effizienz ihrer Anlagen zu steigern, die Umwelt zu schützen und den CO2-Fußabdruck zu verkleinern. „Endress+Hauser stellt sich noch breiter auf. Wir decken neue Anwendungsfelder ab und erschließen Zukunftsmärkte“, sagte Verwaltungsratspräsident Matthias Altendorf.
Im Zuge der Kooperation wechselten weltweit rund 800 Vertriebs- und Servicekräfte von Sick zu Endress+Hauser. Die Fertigung und Weiterentwicklung der Produkte wurde unter dem Dach der Endress+Hauser Sick GmbH+Co. KG zusammengeführt. Beide Unternehmen halten jeweils 50 % an dem Joint Venture; es zählt rund 730 Mitarbeiter an fünf Standorten in Deutschland. Dr. P. Selders sieht Synergien und Wachstumspotenzial für die Firmengruppe: „Eins plus eins ergibt in diesem Fall mehr als zwei.“
Gut für die Zukunft gerüstet
„Wir haben den Wechsel an der Spitze und den Generationswechsel in der Gesellschafterfamilie gut bewältigt“, betonte M. Altendorf, der nach zehn Jahren als CEO seit Anfang 2024 Verwaltungsratspräsident ist. Sandra Genge und Steven Endress, zwei Enkel des Firmengründers, vertreten heute die Familienaktionäre im Verwaltungsrat. Dr. h. c. Klaus Endress ist Vorsitzender des Familienrats, dem wichtigsten Bindeglied zwischen Familie und Unternehmen.
Mit Blick auf das Geschäftsjahr 2025 rechnet Dr. P. Selders angesichts der politischen, gesellschaftlichen und technologischen Umwälzungen mit einer weiterhin uneinheitlichen Entwicklung der Wirtschaft.
Zum Thema Zölle sagte Dr. P. Selders: "Die von der US-Regierung angekündigten Zölle haben die Situation grundlegend geändert, nicht nur aufgrund der Zölle oder der Gegenmaßnahmen, sondern vor allem aufgrund der weltweiten Verunsicherung. Verunsicherung hat zur Folge, dass der Konsum zurückgeht und Investitionen hinausgezögert werden. Verunsicherung reduziert Wachstum. Wir sind auf diese Situation vorbereitet. Wir haben verschiedene Szenarien durchgespielt. Auf Grundlage der verfügbaren Informationen werden wir jetzt unser Vorgehen ausarbeiten. Wir werden unser weltweites Produktionsnetzwerk nutzen, um den Einfluss auf unser Geschäft zu minimieren."
Für die aktuellen Herausforderungen sieht er das Familienunternehmen prizipiell gut gerüstet. Plan ist es, 2025 im mittleren einstelligen Prozentbereich zu wachsen und den Gewinn stabil zu halten. „Wir sind bei Endress+Hauser in einer guten Ausgangslage für die Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen. Unser Unternehmen ist kerngesund. Unser Produktportfolio war noch nie so stark wie heute. Dank ständiger Innovation sind wir Technologieführer. Unsere breite Abstützung über verschiedene Branchen und Regionen sorgt für Stabilität. Unsere Kunden vertrauen und schätzen uns. Wir haben Gesellschafter, die langfristig denken und handeln. Und wir haben Mitarbeitende, die für dieses Unternehmen brennen. Unsere Strategie gibt uns eine klare Richtung vor für die nächsten Jahre. Unsere Branche, die Prozessautomatisierung, wächst. Mit Digitalisierung, Demographie, Dekarbonisierung haben wir mächtige Treiber für unser Geschäft. Deshalb dürfen wir mit Zuversicht nach vorn blicken. Weil wir vieles in unseren eigenen Händen haben, um den Wandel in der Welt zu bewältigen. Und weil wir alles Übrige, was nötig ist, um den Wandel erfolgreich zu gestalten, gemeinsam erarbeiten werden. Weil wir es können und weil wir es wollen", so Dr. P. Selders.