Smart MA-X

(Quelle: SmartFactoryKL)

„Wir wissen, dass Maschinen aus verschiedenen Gründen oft nicht arbeiten. Manche Maschinen sind sogar nur wenige Tage im Monat in Betrieb, vor allem bei Mittelständlern. Da setzen wir an“, erklärt Prof. Martin Ruskowski, Vorstandsvorsitzender der SmartFactoryKL, Leiter des DFKI-Forschungsbereichs Innovative Fabriksysteme und des Lehrstuhls Werkzeugmaschinen und Steuerungen an der TU Kaiserslautern. „Es wäre viel sinnvoller, wenn eine stillstehende Maschine von jemand anderem genutzt werden könnte. Diese ‚Fremdnutzer‘ zahlen dann für den Gebrauch. So haben Maschinenbesitzer und ‚Fremdnutzer‘ etwas davon.“ 

Gaia-X greift diesen Gedanken der ‚geteilten Produktion‘ auf. Shared Production oder Production-as-a-Service soll europaweit möglich sein. In der Vision sind im Gaia-X-Netzwerk Maschinenmodule mit bestimmten Skills (Fertigungsfähigkeiten), wie ein Werkstück zuschneiden oder Metall fräsen, europaweit verbunden und können miteinander kommunizieren. Die Skills werden angeboten und können abgerufen werden. „Gaia-X muss eine sichere Dateninfrastruktur bieten“, sagt Prof. M. Ruskowski. „Deshalb wird im Unterschied zu bisher existierenden Clouds europäischer Datenschutz für Gaia-X gelten.“ So soll Datensouveränität sichergestellt sein, damit jedes Unternehmen immer Herr über seine Daten bleibt. Aber auch die Datendurchgängigkeit entlang der Lieferkette haben die Wissenschaftler im Blick.

Production Level 4 als Vorbild für das Gaia-X-Ökosystem

Das 2019 veröffentlichte Update von Industrie 4.0, Production Level 4, beschreibt die Fertigung der Zukunft. „Wir gehen darin von Skills, also Fertigungsfähigkeiten aus, die ein Produkt abrufen kann“, sagt Prof. M. Ruskowski. „Ein Produkt kennt demnach sich selbst und kommuniziert mit den angebotenen Skills und ruft diese zu seiner eigenen Fertigung ab. Im Prinzip spielt es dabei keine Rolle, ob das in einer Fabrikhalle geschieht oder europaweit.“ „Der Kerngedanke der Shared Production wird durch Gaia-X und die damit verbundenen neuen Möglichkeiten Schwung erhalten“, ist Ernst Stöckl-Pukall, Leiter Digitalisierung und Industrie 4.0 im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, überzeugt. „Gaia-X wird Europa zusammenbringen und seine Innovationsfähigkeiten bündeln. Deshalb freue ich mich, dass über die SmartFactoryKL auch Organisationen wie die SmartFactroy-EU mit Gaia-X verbunden sind.“

Das Projekt smartMA-X

das Teilprojekt der SmartFactoryKL trägt den Namen smartMA-X. Projektleiter Keran Sivalingam erklärt: "Zuerst müssen wir unseren Demonstrator praktisch an das Gaia-X-Netzwerk andocken. Das, was wir in den nächsten Jahren entwickeln, wird dann zum Vorbild für alle anderen. Wir möchten definieren, wie Maschinen mit ihren Skills überhaupt Teil des Gaia-X-Netzwerkes werden können.“ Doch das ist erst der Anfang. Ein Blick in die Details zeigt die Komplexität der Aufgabe: Eine Fähigkeit (ein Skill) besteht aus vielen kleinen Teilen, sogenannten Atomic Skills. Der Skill selbst ist also die Summe kleiner oder untergeordneter Skills, weshalb er wissenschaftlich korrekt Compound Skill genannt wird. So setzt sich beispielsweise der Compound Skill ‚Loch bohren‘ aus vielen Atomic Skills zusammen: Drehzahl, Bewegung zum Produkt, Bohrdruck, Bohrwinkel etc. „Wir müssen nun erforschen und ausprobieren, welcher Grad an Abstraktion eines Skills notwendig und sinnvoll ist, um ihn im Gaia-X-Netzwerk anzubieten. Sind Compound Skills zielführender oder Atomic Skills?“, erläutert K. Sivalingam. „Vor allem müssen wir aber auch testen, was technisch überhaupt möglich und sinnvoll ist. Dazu gibt es bisher kaum Wissen.“

Als weitere Aufgabe von smartMA-X wird die Arbeit mit Maschinendaten angegeben, die mit zunehmender Digitalisierung überall in großem Umfang generiert werden. „Bisher arbeitet kaum jemand damit“, sagt der Projektleiter. „Viele deutsche Mittelständler sitzen auf Daten, ohne zu wissen, welche praktischen Anwendungsmöglichkeiten es hierfür gibt. Erst seit wir auf echte Maschinendaten zurückgreifen können, können wir überhaupt vernünftig im Bereich industrieller KI-Anwendungen forschen. Deshalb bin ich sehr gespannt, welche Anwendungen oder Geschäftsmodelle wir in den nächsten Jahren unter Verwendung der maschinellen Daten aus unseren Forschungsarbeiten entwickeln.“

Als nächsten konkreten Schritt für 2021nennt Prof. M. Ruskowski : „Im Moment fokussieren wir uns auf Smart Maintenance. Das setzen wir gerade in unserem Demonstrator mit unserem Partnerkreis um. Die Headline ist resiliente Produktion: Wie kann ich Module aus einem System herausnehmen, ohne dass die Produktion stoppt. Darauf zahlt auch Gaia-X ein, denn denkbar wäre, dass der ausfallende Skill irgendwo in Europa übernommen werden kann.“

Der Partnerkreis der SmartFactoryKL plant in diesem Sinne, 2021 einen fassbaren Smart Maintenance Use Case zu präsentieren.

SmartFactoryKL (ih)

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