Philipp Duwald, Studienleiter und M&A-Experte bei Horváth: „Wer einen Blick auf Familienunternehmen geworfen hat, braucht eine klare Vorstellung zur Fortführung und zukünftigen Ausrichtung des Geschäfts. Außerdem spielen Aspekte wie der "Cultural Fit" eine wichtige Rolle um sich als Best Owner zu positionieren." (Quelle: Horváth AG)
„Unsicherheiten sind aus Sicht der Unternehmen zum ,New Normal‘ geworden und daher kein Grund, sich zurückzuhalten“, sagt Philipp Duwald, Studienleiter und M&A-Experte bei Horváth. Eher das Gegenteil sei der Fall: Die Marktdynamiken würden die Unternehmen zwingen, anpassungsfähiger und agiler zu werden. "Strategische Zukäufe können dabei helfen, beispielsweise im Bereich neuer Technologien und Digitalisierung voranzukommen“, so P. Duwald weiter.
Transaktionen aus technologischem Zugzwang
Laut der Studie sind die Zukäufe vor allem technologisch getrieben. „Von neuen elektrischen Antriebsformen bis hin zur KI-gestützten Automatisierung – aus eigener Kraft schaffen es viele Unternehmen nicht, die notwendigen Transformationen in gebotener Geschwindigkeit umzusetzen. Zukäufe von Know-how sind somit unumgänglich“, erklärt der Horváth-Experte. Eine weitere Horváth-Befragung aus dem Januar unter mehr als 150 Unternehmen zeige zudem, dass etwa sechs von zehn Unternehmen gerade gezielt Ausschau halten und Firmen mit KI-Expertise suchen - sowohl branchenübergreifend als auch innerhalb der Industrie. „Es ist aber auch schlicht Größe und Marktrelevanz, die gerade in der aktuellen Situation entscheidende Faktoren sind, um sich zu behaupten und Zukunftsfähigkeit zu sichern“, gibt der Experte an.
Wunsch und Realität der Zukäufe
Die Befragung hat weiter gezeigt: Gerade aufgrund der bestehenden Unsicherheiten und hohen Marktdynamiken halten neun von zehn Teilnehmenden es für wichtig, das Portfolio intensiver zu hinterfragen und strategisch anzupassen. Hier besteht laut Horváth allerdings noch eine Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit: Nur jedes fünfte Unternehmen tätigt Transaktionen die ganz klar aus der Unternehmensstrategie abgeleitet sind. Bei weiteren 40 % spielen strategische Überlegungen mit ein, der Rest agiert opportunistisch und nimmt sich ergebene Chancen wahr.
Erfolge der Transaktionen
Wie die Managementberatung weiter mitteilt, messen die Käufer den Erfolg einer Transaktion nach Abschluss mehrheitlich sehr akribisch. "Vor allem wird analysiert, ob die strategische Wettbewerbssituation nachhaltig gestärkt wurde. Dieses Kriterium steht an erster Stelle der Nachbetrachtung. Weiter wird gemessen, ob Synergieeffekte wie erwartet realisiert wurden (Rang zwei). Inwiefern der Kaufpreis optimiert werden konnte, spielt ebenfalls stark in die Bewertung mit ein", so die Experten. Für die Verkaufsseite, die in der Regel ebenfalls eine umfangreiche Nachbetrachtung durchführt, sei der erzielte Verkaufspreis neben der Vermeidung von Buchverlusten der entscheidende Erfolgsfaktor. Auch die Umsetzungsgeschwindigkeit sei für viele ein wichtiger Leistungsmaßstab. "Gilt es, sich zwischen zwei ähnlich attraktiven Bietern zu entscheiden, geben weiche Faktoren wie Transaktionssicherheit den Ausschlag. Darüber hinaus spielen die Fortführungsprognose sowie Arbeitsplatzsicherheit eine große Rolle", heißt es von Seiten der Managementberatung.
Schlüsselfaktoren für erfolgreiche Transaktionen
Wie die Studie zeigt, werden sowohl für den Kauf als auch für den Verkauf kritische Schlüsselfaktoren gesehen, die für einen positiv verlaufenden M&A-Prozess wichtig sind. „Es gibt bei den Unternehmen in der Regel allerdings keine standardisierten Lessons-Learned-Prozesse, auch wenn die Befragten das grundsätzlich für sinnvoll halten würden“, so P. Duwald. Auf der Käuferseite (Buy-Side) sei beispielsweise eine gute sogenannte Why-us-Story unabdingbar. Auf der Verkäuferseite (Sell-Side) zähle noch immer ein solider Businessplan mit nachvollziehbarer Geschäftsentwicklung zu den wichtigsten Faktoren. „Unternehmensverflechtungen sind oft komplex. Realistisch umsetzbare Carve-Out-Konzepte, also konkrete Modelle für Neustrukturierungen, sind definitiv ein großer Pluspunkt“, so Horváth-Experte Duwald.
Um angestrebte Synergieeffekte zu erreichen, sehen 80 % der Befragten zudem eine frühzeitige Planung der Post-Merger-Integration (PMI) als wesentlichen Erfolgsfaktor. Die Folgen laut Horváth: Viele große Unternehmen bauen derzeit eigene PMI-Teams auf, die Integrationsthemen standardisiert und effizient umsetzen sollen.
„Wer einen Blick auf Familienunternehmen geworfen hat, braucht eine klare Vorstellung zur Fortführung und zukünftigen Ausrichtung des Geschäfts. Außerdem spielen Aspekte wie der ,Cultural Fit' eine wichtige Rolle, um sich als Best Owner zu positionieren“, weiß der M&A-Experte.
Details zur Studie
Für die Studie „Erfolgsfaktoren im M&A Prozess in der Industrie“ befragte die Managementberatung Horváth im Rahmen einer qualitativen Umfrage Strategie- und M&A Leiter:innen aus produzierenden Unternehmen mit mindestens 300 Mio. € Jahresumsatz. Die Interviews mit den ausgewählten Experten:innen namhafter Unternehmen fanden Ende 2023 statt.