Grafische Darstellung einer Ethernet-APL-Anlagentopologie

Typische Ethernet-APL-Topologie. Sie ermöglicht anlagenweite Datentransparenz (Quelle: Endress+Hauser)

Im weitaus größten Teil der Anlagen in der Prozessindustrie kommt heute 4-mA-...20-mA-Technologie zum Einsatz. Mit diesem analogen Datenaustauschformat lassen sich allerdings nicht die Potenziale der Digitalisierung heben. „Sie liefert nicht die für die Prozessoptimierung notwendigen Diagnosedaten sowie die Remote-Zugriffsmöglichkeit“, erklärt Benedikt Spielmann, Marketing Manager Industrial Communication bei Endress+Hauser. Mit Blick auf das ebenfalls etablierte Hart-Protokoll verweist er darauf, dass dieses heute meistens nur für die Konfiguration der Geräte genutzt wird. „Mit seiner ­Datenübertragungsrate von 1,2 kbit/s ist es für einen umfangreichen Datenzugriff schlicht zu langsam“, gibt er an. Gleiches gelte für die Profibus-PA-Feldbustechnologie, die vielen Anwendern ­zudem viel zu komplex sei und sich infolgedessen nicht weitreichend durchgesetzt habe.

Zwei-Draht-Ethernet erfüllt Prozessanforderungen 

Mit Ethernet-APL soll nun Ethernet seinen Siegeszug bis in die Feldebene in der Prozessindustrie fortsetzen. In der Office-Welt schon lange Standard und im Fertigungsumfeld mittlerweile ebenfalls weit verbreitet, würde eine durchgängige Ethernet-Kommunikation über alle Ebenen hinweg viele Vorteile bringen. Mit dem Ziel, Standard-Ethernet für die Prozessindustrie zu ­ertüchtigen, haben sich deshalb vor rund sechs Jahren zwölf Industriepartner auf den Weg gemacht. 2018 wurden die Nutzerorganisationen FieldComm Group, PNO und ODVA ins Boot geholt, etwas später folgte die OPC Foundation nach.   

Als Herausforderungen nennt B. Spielmann: „Ethernet ermöglicht zwar eine hohe Datenübertragungsrate, allerdings benötigen alle Komponenten eine separate Energieversorgung. Somit steigt der Verkabelungsaufwand und damit einhergehend die Kosten.“ Als weiteren Punkt führt er die großen Distanzen an, die es im Prozessumfeld zu überbrücken gelte. „Bislang war Ethernet auf eine Leitungslänge von 100 m beschränkt. In Prozessanlagen sind jedoch 1.000 m keine Seltenheit“, gibt er an und verweist ferner auf die Interface-Technik: „Der typische RJ45-Stecker ist für die raue Umgebung im Feld nicht geeignet.“ Und als wesentlichen Punkt, der gegen den Einsatz von Ethernet in der Prozessindustrie sprach, gibt er die fehlende Eigen­sicherheit und damit die mangelnde Eignung für den Ex-Bereich an.

Ziel der Ethernet-APL-Gruppe war es also, Ethernet fit für den Einsatz in der Feldebene der Prozessindustrie zu machen. Hierzu wählte man die Zwei-Draht-Technologie, über die Daten und Energie parallel übertragen werden können. Und auch die anderen Erfordernisse erfüllt Ethernet-APL. Die Lösung findet sich mittlerweile in verschiedenen Arbeitspapieren, Standards und Dokumenten wieder:

  • 10BASE-T1L: Die Spezifi­kation IEEE802.3cg-2019 ­definiert die Full-Duplex-Datenübertragung mit 10 Mbit/s über eine Zwei-Adern-Leitung für Distanzen bis zu 1.000 m. Das ist auch die Basis zur Produktion von PHY-Komponenten (Mikrochips zur Codierung und Decodierung in Ethernet-APL-Geräten). 
  • 2-WISE: Das Konzept für 2-Wire Intrinsically Safe Ethernet (2-WISE) basiert auf dem Fieldbus Intrinsically Safe Concept (FISCO). Eine Migration von bestehenden Feldbusinstallationen wird durch kompatible Ex-i-Parameter vereinfacht und eine einfache Installa­tion ohne umfangreiche Validierungen in Ex-Bereichen sichergestellt. 
  • Port Profiles: In der APL-Port-Profile-Spezifikation werden funktionale und elektrische Anforderungen mit mehreren Energiekonzepten festgelegt. Dies ermöglicht unterschied­liche Topologien wie das gängige Trunk-and-Spur-Konzept mit bis zu 1.000 m auf dem Trunk und 200 m auf der Spur-Line. Die Spezifikation beinhaltet zudem Installa­tionsregeln wie zugelassene Leitungen, Schirmung und Erdung sowie die Definition von Klemmverbindungen und M8/M12-Steckverbindern.
  • Engineering Guideline: Diese Guideline bietet detaillierte Informationen für die Planung, Installation und Inbetriebnahme von Ethernet-APL-Netzwerken.
  • Conformance Test Specification: Um die Konformität eines Ethernet-APL-Geräts mit den genannten Spezifikationen sicherzustellen, wird eine entsprechende Testspezifikation ­erstellt. Diese Tests sind die Basis für die Zertifizierungen von Ethernet-APL-Geräten bei akkreditierten Prüflaboren der involvierten Nutzerorganisationen. Dadurch wird die Inter­operabilität von Ethernet-APL-Geräten für den Endanwender sichergestellt. 
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