Sven O. Rimmelspacher mit dem Pokal

Sven O. Rimmelspacher, Geschäftsführer der ­Pickert & Partner GmbH in Pfinztal, freut sich über den 3. Platz des ­Industrie 4.0 Innovation Award (Quelle: Pickert & Partner)

Betrachtet man einen Fertigungsprozess, dann ist es sinnvoll und richtig, sich jeden Teilschritt im Detail anzuschauen. Alle Parameter, die diesen Prozessschritt absichern, müssen ermittelt, analysiert und dann zur Prävention genutzt werden.

Ob das nun Informationen über die vorbeugende Wartung, Prozessdaten, wie Drücke und Temperaturen, Produktdaten, wie Maße oder Oberflächen, Umgebungsparameter, wie Luftfeuchtigkeit oder Vibrationen oder aber auch Organisationsthemen wie benötigte Skills sind – alle haben ihren Einfluss auf das Gelingen oder Misslingen des Prozessschrittes. Mit dem Sammeln dieser Parameter haben wir die Basis geschaffen, die die oben gezeigte ganzheitliche Betrachtung möglich macht.

Konfiguration der Prozesse und Daten

Diese Parameter und deren Datenquellen (IoT/IIoT, Maschinen-, Prozess-, Qualitätsdaten, ERP oder andere externe Systeme, u. a.) werden zentral im „ZERO defects Designer" definiert und später bei der Ausführung der Prozesse zur Absicherung und Inline-Überwachung verwendet. Hierfür ist keine Programmierung notwendig, alle Daten können durch Konfigura­tion ­beschrieben werden. Alle relevanten Dokumente und ­Informationen (z. B. Zeichnungen, Anleitungen, Bilder, Videos, usw.) werden eingebunden und stehen später bei der Ausführung der Prozesse auf Knopfdruck zur Verfügung.

Die bei der Fertigung verwendeten Rohmaterialien oder Zwischenprodukte werden über Stücklisten definiert – bei Verfügbarkeit auch zum Beispiel aus dem ERP-System importiert. Liegen zu den Komponenten Chargen- oder Seriennummern vor, werden diese während der Produktion aufgezeichnet, so dass am Ende zu jedem Produkt alle verwendeten Identifika­tionen bekannt sind.

Technische Umsetzung

Für alle identifizierten Parameter erfolgt im nächsten Schritt die konkrete technische Umsetzung. Werden Sensoren oder eine bestimmte Messtechnik benötigt, werden die Maschinen und Anlagen entsprechend ausgerüstet oder die bereits vorhandenen Systeme über Standardschnittstellen (z. B. OPC UA, MQTT, Webservices, Datenbanken, usw.) angebunden.

Ein konfigurierbarer Workflow und Ereignisüberwachung bestimmen die konkrete Abfolge und die Verschränkung der ­Prozessschritte sowie der überwachten Daten. Treten Ereignisse auf, wie Über- oder Unterschreitung von Grenzwerten, n.i.O.-Prüfergebnisse, Maschinen- oder Prozessstörungen, usw., erfolgen vorher festgelegte Reaktionen, wie

  • Ausschleusen von gefährdeten oder defekten Teilen,
  • proaktive Information der Instandhalter,
  • optische oder akustische Alarme,
  • Erzeugung von Maßnahmen/Tickets und
  • Auslösung interner Reklamationen.

Die Überwachung der Produktion bzw. der Prozesse erfolgt in einfach zu konfigurierenden Dashboards, die alle relevanten Informationen übersichtlich zusammenfassen.

Durch den Einsatz mobiler Apps (Tablet, Smartphone, usw.) sind die Daten leicht dynamisch abrufbar, so können zum ­Beispiel durch das Abfotografieren eines QR-Codes an einer Maschine oder eines Arbeitsplatzes die jeweils aktuellen Informationen angezeigt werden, ohne dass eine aktive Suche ­notwendig ist.

Das Monitoring der Daten und Ereignisse ermöglicht eine sofortige – im Idealfall sogar vorbeugende – Reaktion, die das Verhindern oder frühzeitige Erkennen von Fehlern oder Abweichungen sicherstellt. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Ausfallzeiten reduziert werden und dass nur einwandfreie Produkte die Fertigung verlassen.

Digital Twin und Traceability

Alle aufgenommenen und überwachten Daten werden in einer Cloud langfristig gespeichert (z. B. Microsoft Azure oder alternativ auch auf der eigenen Infrastruktur – On Premise – installiert). Haben die hergestellten Produkte Serien- oder Chargennummern, werden die Daten diesen eindeutigen Bezeichnern zugeordnet – wodurch ein Digital Twin des gefertigten Produkts und automatisch eine 100%ige Traceability entsteht. Diese Traceability ist im Downstream (prozessbegleitend) sowie auch im Upstream (für Dokumentation, Analysen und Nachweise) dauerhaft verfügbar.

Höchste Transparenz und dokumentierte Nachweise werden damit ermöglicht. Darüber hinaus wird auch beim Verlassen der Unternehmensgrenzen (z. B. durch Einbindung der Lieferanten und Kunden) eine Anreicherung der Daten zum Produkt einfach möglich und auch zukünftige Geschäftsmodelle können auf dieser Basis entwickelt werden.

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