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Bild 1: (Quelle: Rami)

Zu den großen Herausforderungen der Industrie 4.0 gehört, die Anforderungen aus Elektrotechnik, Maschinenbau und IT zusammenzuführen. Vor diesem Ziel haben sich die drei Verbände Bitkom, VDMA und ZVEI vor zwei Jahren zu einer Zusammenarbeit entschlossen und dazu die Plattform Industrie 4.0 ins Leben gerufen. Als wichtig erachteten es alle Beteiligten, in einer Referenzarchitektur von Industrie 4.0 die unterschiedlichen Aspekte in einem gemeinsamen Modell zusammenzuführen [1].

Die Ausgangssituation

Ausgangsbasis der Betrachtungen ist die Eingruppierung von Industrie 4.0 als Spezialisierung des „Internet of Things and Services“. Insgesamt werden ca. 15 Branchen in die Überlegungen einbezogen. Ein Referenzarchitekturmodell sollte es nun ermöglichen, Aufgaben und Abläufe in überschaubare Teile zu zerlegen und einen Sachverhalt so anschaulich zu machen, dass eine Diskussion, zum Beispiel bezüglich Normierung und Standardisierung, möglich wird. Dabei sollte mit so wenig wie möglich Standards ausgekommen werden.

Die Schichten des RAMI 4.0

Das von den Verbänden erarbeitete und zur Hannover Messe 2015 vorgestellte Referenzarchitekturmodell Industrie 4.0 (RAMI 4.0) ist dreidimensional angelegt. So befanden die Experten, dass sich damit der I4.0-Raum am besten darstellen lässt.

Grundsätzlich orientiert es sich in seinen Grundzügen am Smart Grid Architecture Model (SGAM), weil dies einen guten ersten Ansatz zur Darstellung der I4.0-Sachlage ermöglicht: Es behandelt das Stromnetz von der Erzeugung über die Übertragung und Verteilung bis zum Verbraucher. Bei Industrie 4.0 stehen Produktentwicklungs- und Produktionsszenarien im Mittelpunkt. Das heißt, es muss beschrieben werden, wie Entwicklungsprozesse, Produktionslinien, Fertigungsmaschinen, Feldgeräte und die Produkte selbst beschaffen sind bzw. funktionieren. Um sowohl Maschinen als auch Komponenten und Fabriken besser beschreiben zu können, wurde gegenüber SGAM dessen Component Layer durch einen Asset Layer ersetzt, als untere Schicht in das Modell eingefügt und darüber der Integration Layer neu hinzugefügt. Dieser ermöglicht die digitale Umsetzung der Assets für die virtuelle Repräsentation. Der Communication Layer behandelt Protokolle und Übertragung von Daten und Dateien, der Information Layer beinhaltet die relevanten Daten, der Functional Layer alle notwendigen (formal beschriebenen) Funktionen und im Business Layer ist der relevante Geschäftsprozess abgebildet. Diese Einteilung entspricht der Denkweise der IT bei der Clusterung komplexer Projekte in überschaubare Teileinheiten.

Die dritte Achse des RAMI 4.0 beschreibt die funktionale Einordnung einer Sachlage innerhalb der Industrie 4.0. Dabei geht es nicht um eine Implementierung, es geht allein um funktionale Zuordnungen. Für die Einordnung innerhalb einer Fabrik orientiert sich das Referenzarchitekturmodell für diese Achse an den Normen IEC 62264 und IEC 61512. Für eine einheit­liche Betrachtung über möglichst viele Branchen von Prozessindus­trie bis zur Fabrikautomation wurden aus den dort aufgeführten Optionen die Begriffe „Enterprise“, „Work Unit“, „Station“ und „Control Device“ verwendet. Ferner wurde das „Field Device“ hinzugefügt. Es stellt die funktionale Ebene eines intelligenten Feldgeräts, zum Beispiel eines intelligenten Sensors, dar. Da auch das herzustellende Produkt selbst für die Betrachtungen wichtig ist, wurde es als „Product“ ebenfalls gelistet. Zudem wurde am oberen Ende der Hierarchy Levels eine Ergänzung vorgenommen. So stellen die beiden erwähnten Normen nur die Ebenen innerhalb einer Fabrik dar. Industrie 4.0 beschreibt aber auch den Fabrikverbund, die Zusammenarbeit mit externen Engineering-Büros, Zulieferern und Kunden usw. Dieser Aspekt wird in der „Connected World“ berücksichtigt.

Der Ansatz erlaubt auch die sinnvolle Kapselung von Funktionalitäten. Somit sind die Voraussetzungen geschaffen, mittels des Referenzarchitekturmodells hoch flexible Konzepte zu beschreiben und zu realisieren. Dabei erlaubt das Modell die schrittweise Migration aus der heutigen in die I4.0-Welt und die Definition von Anwendungsdomänen mit speziellen Vorgaben und Anforderungen.

Das Referenzarchitekturmodell RAMI 4.0 wurde nun als DIN SPEC 91345 der Standardisierung zugeführt.

Nutzen von RAMI 4.0 und die nächsten Schritte

Der ZVEI [2] beschreibt RAMI 4.0 als 3D-Landkarte für Industrie-4.0-Lösungen. So gibt das Modell eine Orientierung, auf der die Anforderungen der Anwenderindustrien gemeinsam mit national und interna­tional vorhandenen Standards aufgetragen werden, um Industrie 4.0 zu definieren und weiterzuentwickeln. Überschneidungen ebenso wie Lücken in der Standardisierung werden dadurch aufgedeckt. Mit RAMI 4.0 wurde also ein branchenübergreifendes Modell geschaffen, das nun als Diskussionsgrundlage in den einzelnen Gremien dient. Es schafft ein gemeinsames Verständnis für Standards, Normen und praktische Fallstudien.

Als nächste Schritte gilt es laut ZVEI, Normen und Standards bei der Identifikation zu identifizieren. So nimmt die Identifikation eine Schlüsselrolle ein, damit sich Dinge selbstständig in der vernetzen Produktion finden. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der hersteller­übergreifende Datenaustausch, der die Kommunikation zwischen Maschinen oder Werkstücken und Maschinen ermöglicht. Hier muss eine einheitliche Semantik inklusive Syntax für die Daten geschaffen werden. Und auch wichtige Dienste, wie Zeitsynchronisation, Echtzeitfähigkeit oder Ausfallsicherheit von Industrie-4.0-Komponenten, müssen definiert werden.

Was die Industrie-4.0-Kommunikation anbelangt, bewegt man sich nicht auf einer grünen Wiese: Viele Kommunikationsverbindungen und Protokolle gibt es bereits, zum Beispiel ethernetbasierte Bussystem oder OPC UA. Nun gilt es, deren Tauglichkeit zu prüfen und Standards zu schaffen.

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