Drive Controller erhalten digitale Zwillinge

Drive Controller erhalten digitale Zwillinge (Quelle: KEB Automation)

Die Begriffe digitaler Zwilling und Simulationsmodelle werden teilweise synonym zueinander verwendet. Jedoch unterscheiden sie sich maßgeblich voneinander: Ein Simulationsmodell ist ein mathematisches Modell einer Komponente oder eines Systems, das zur Berechnung von Simulationen genutzt wird. Diese sind geeignet, um Tests mit diesen Modellen durchzuführen und so beispielsweise Fehlerfälle aufzudecken oder gar das Systemverständnis zu vertiefen. Dies kann zum größten Teil unter reproduzierbaren Bedingungen erfolgen. Ein digitaler Zwilling hingegen ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein weit gefächerter Begriff, der nicht standardisiert ist. In der IDTA (Industrial Digital Twin Association) wird er als „Datenabbild eines Assets“ bezeichnet. Hierbei werden digitale Zwillinge für die Industrie 4.0 anhand der Konzepte der AAS (Asset Administration Shell) umgesetzt. In der AAS werden sämtliche „Daten und Funktionalitäten eines bestimmten Assets, wie Merkmale, Eigenschaften, Zustände, Parameter, Messdaten und Fähigkeiten“ beschrieben. Die AAS setzt sich aus einzelnen Teilmodellen zusammen. Aktuell umfassen sie Identifikation, Typenschild, Dokumentation und Simulation. Im Teilmodell Simulation werden die hinterlegten Simulationsmodelle eines Assets durch festgelegte Merkmale beschrieben. Simulationsmodelle können demnach die Datenvielfalt digitaler Zwillinge anreichern.

Die Anwendung bestimmt das Simulationsmodell

Drive Controller beziehungsweise Antriebsregler können in unterschiedlichen Detailtiefen, die in der Regel vom Anwendungsfall bestimmt werden, als zeitbasiertes Simulationsmodell abgebildet sein. Ein Anwendungsfall ist beispielsweise die virtuelle Inbetriebnahme von Maschinen und Anlagen. Bei einer virtuellen Inbetriebnahme mit dem Fokus auf eine Hardware-in-the-Loop-Simulation (HIL) werden zum Beispiel Simulationsmodelle von Antriebskomponenten, Maschinenund Anlagenteilen auf einem echtzeitfähigen HIL-Simulator integriert. Der HIL-Simulator enthält des Weiteren eine emulierte Feldbus- oder Realtime- Ethernet-Schnittstelle, an die eine reale SPS angeschlossen ist. Die Serviceund Prozessdaten von beziehungsweise an die SPS werden über diese Schnittstelle an die einzelnen Simulationsmodelle verteilt. Die virtuelle Inbetriebnahme dient in diesem Fall dazu, etwa Programmierfehler im Steuerungs-Code aufzudecken oder um das dynamische Verhalten der simulierten Maschine oder Anlage zu testen und zu validieren. Das Ergebnis der virtuellen Inbetriebnahme hängt maßgeblich davon ab, in welcher Detailtiefe unter anderem die Antriebskomponenten modelliert sind. Kommen überwiegend Simulationsmodelle zum Einsatz, bei denen das Verhalten der Komponente durch Re-Engineering entwickelt wurde, können sich diese Simulationsmodelle im Fall einer fehlerhaften Konfiguration seitens des Steuerungs-Codes nicht entsprechend verhalten. Hierbei wurde das Verhalten für ideale Voraussetzungen nachgebaut, das heißt, Firmware-Fehler werden in der Regel nicht nachträglich in Simulationsmodelle integriert. Besonders bei der Durchführung von virtuellen Inbetriebnahmen ganzer Maschinen und Anlagen ist ein korrektes Verhalten von Simulationsmodellen der Antriebsregler sowie weiterer konfigurierbarer Komponenten im Fehlerfall hilfreich oder gar zwingend erforderlich. Ansonsten treten eventuelle Konfigurationsfehler erst in der realen Inbetriebnahme auf. Iterationsschleifen bei der Entwicklung von Maschinen und Anlagen lassen sich also reduzieren, je detaillierter die Simulationsmodelle für das Verhalten im Fehlerfall ausgelegt sind. Unter diesen Bedinungen liefert der Einsatz von idealen Simulationsmodellen nur unzureichende Ergebnisse. Darüber hinaus sind essenzielle Funktionserweiterungen der Drive Controller mit hohem Aufwand verbunden, weil diese nachträglich in die Simulationsmodelle integriert werden müssen. Dies hat einen entscheidenden Einfluss auf die Wartung und Pflege der Modelle. Um eine hohe Genauigkeit zu erreichen, sollte anstelle des Re-Engineerings die Original-Firmware genutzt werden.

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