Dr. Gunther Kegel, ZVEI-Präsident

Dr. Gunther Kegel, ZVEI-Präsident (Quelle: ZVEI/Alexander Grüber)

"Die wichtigste Botschaft für 2021: Wir sind optimistisch", mit diesen Worten eröffnete ZVEI-Präsident Dr. Gunther Kegel die Pressekonferenz. Konkret fügte er an: "Wir erwarten für die Branche ein Produktionswachstum von 5 % und könnten so vier Fünftel des letztjährigen Produktionsrückgangs wieder aufholen.“ Dafür spreche, dass wichtige Stimmungsindikatoren, wie Lagebewertung, Geschäftserwartungen und damit das Geschäftsklima insgesamt seit dem Sommer angestiegen sind. Mit Blick auf die Kapazitätsauslastung gibt er diese mit 82 % im ersten Quartal 2021 auf "fast wieder Vorjahresniveau an, nachdem sie im zweiten Quartal des vergangenen Jahres stark zurückgegangen war."  Zudem hätten auch die Auftragseingänge seit Herbst an Dynamik gewonnen und sich zu Jahresbeginn weiter positiv entwickelt. "Allein im Februar 2021 gab es hier einen Zuwachs von 13 % zum Vorjahr", gab er an.

"2020 bereitete und die schwache Nachfrage Sorgen;  2021 sind es die Lieferketten – vor allem im Bereich der Halbleitertechnik, aber auch bei Stahl, Kupfer und Kunststoff gibt es Engpässe", so der ZVEI-Präsident. Diese angebotsseitigen Knappheiten verschärfen sich noch durch zum Teil deutliche Transportprobleme. „Knappe Transportkapazitäten führen zu deutlich höheren Kosten bei gleichzeitig längeren Lieferzeiten“, berichtet Dr. Kegel von den Schwierigkeiten der Unternehmen. Für Verunsicherung sorge zudem die Corona-Lage. „Die Unternehmen müssen weiter produzieren können.“ Ein genereller Lockdown für die Wirtschaft würde nur wenige positive Effekte bei der Pandemiebekämpfung erzielen können, gleichzeitig aber einen hohen betriebs- und damit volkswirtschaftlichen Schaden anrichten. „Die Unternehmen der Elektroindustrie haben wirkungsvolle Schutzmaßnahmen ergriffen und leisten darüber hinaus mit Tests und betriebsärztlichen Angeboten einen wichtigen Beitrag zur Pandemiebekämpfung.“

Warnung vor Patchwork Globalisation

Mit Blick auf die einzelnen Regionen hebt Dr. G. Kegel hervor: "China hat in Pandemie seine Schlüsselstellung unter Beweis gestellt: Es ware die einzige Region, die 2020 überhaupt noch gewachsen ist." Konkret habe die Elektroindustrie hier ihre Exporte um 6,5 % auf 23,3 Mrd. € steigern können. „Der positiven wirtschaftlichen Entwicklung steht eine beunruhigende politische Entwicklung entgegen“, sagte er weiter und verwies damit auf die aktuell stattfindende Patchwork-Globalisierung. "Den Konflikt zwischen China und den USA, aber auch das rigide Durchsetzen der geo- und sicherheitspolitischen Interessen Chinas, beobachten wir mir Sorge“, so Dr. G. Kegel. Dadurch steige die Gefahr, dass die multilaterale Weltwirtschaftsordnung weiteren Schaden nehme. „Insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen wäre ein Zerfall der Wirtschaftsräume kaum zu managen. Europa muss sich entschlossen dagegenstemmen“, erklärte er und rief zu mehr Kooperationsbereitschaft auf

Ergebnisse einer aktuellen Umfrage

Wolfgang Weber, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung, bekräftigte: "Deutschland muss stark bleiben und dort, wo es Schwächen gibt, wieder stärker werden. Europa muss souverän bleiben." Er verwies auf eine aktuelle ZVEI-Umfrage, nach der sich die Mitgliedsunternehmen in dieser Weltlage eine deutlich aktivere Industriepolitik Europas und Deutschlands wünschen. Demnach befürworten 60 % den Auf- und Ausbau von Produktionsstätten zur Versorgungssicherheit. In seiner Rede verwies er zudem auf die beiden großen Megatrends Elektrifizierung und Digitalisierung. "Beide haben viel mit Infrastrukturen zu tun. Deshalb ist es wichtig, dass in elektrische und digitale Infrastruktur investiert wird. 96 % der Befragten sehen den Ausbau der digitalen Infrastruktur als dringlich an. Der Staat muss öffentliche Investitionen erhöhen. Zudem sehen nahezu alle Unternehmen Bedarf an Bildung", gibt er weiter an. „Die europäische Politik muss sich mehr um faire Wettbewerbsbedingungen kümmern“, so W. Weber. „Deutschland und Europa müssen Standort für Spitzentechnologie bleiben, um souverän und international wettbewerbsfähig zu sein.“ Die sogenannten ‚IPCEIs‘ (Important Projects of Common European Interests) seien hierfür ein geeignetes Mittel.

Zehn Jahre Industrie 4.0

Der Begriff Industrie 4.0 wurde auf der Hannover Messe 2011 erstmals in die Öffentlichkeit getragen. Dr. G. Kegel lobte das bislang Erreichte und stellte heraus, dass es sich um eine evolutionäre Entwicklung handle, die sich allerdings in gigantischer Geschwindigkeit vollziehe. "Wir haben den Begriff Industrie 4.0 in die Welt getragen und international etabliert. Heute ist er vergleichbar mit ,Made in Germany'", erklärte er. Er verwies auf die in diesem Zusammenhang mittlerweile gefundenen digitalen Geschäftsmodelle, die Nutzen für den Kunden brächten und stellte heraus: "Industrie 4.0 ist kein Selbstzweck, sondern muss immer vor dem Hintergrund des Kundennutzens gesehen werden."

 

ZVEI (ih)

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