Die Phoenix Contact E-Mobility GmbH entwickelt Komponenten und Lösungen sowohl für die externe Ladeinfrastruktur als auch für die Ladeschnittstelle in den Elektrofahrzeugen.

Die Phoenix Contact E-Mobility GmbH entwickelt Komponenten und Lösungen sowohl für die externe Ladeinfrastruktur als auch für die Ladeschnittstelle in den Elektrofahrzeugen. (Quelle: Phoenix Contact)

Herr Heinemann, die Phoenix Contact E-Mobility GmbH wurde im Jahr 2013 gegründet. Welche Bedeutung haben die Themen Elektromobilität und Ladeinfrastruktur für die Phoenix-Contact-Gruppe?

Heinemann: Als Anbieter von elektrischer Verbindungs- und Automatisierungstechnik wurden wir bereits Anfang der 2000er Jahre von unseren Kunden angefragt, Produkte für die Elektromobilität zu entwickeln. Seit 2009 haben wir Lösungen für das Laden von Elektrofahrzeugen im Markt. Die Bündelung all dieser Aktivitäten in der E-Mobility GmbH im Jahr 2013 war dann die logische Schlussfolgerung. Heute hat die Elektromobilität einen ganz entscheidenden Stellenwert für Phoenix Contact. Das Thema passt hervorragend zum Zukunftsbild und zur Strategie der Unternehmensgruppe: die All Electric Society. Sie beschreibt eine Welt, in der regenerativ erzeugte elektrische Energie kostengünstig und nahezu unbegrenzt als Hauptenergieform zur Verfügung steht und durch smarte, vernetzte Lösungen in allen Sektoren genutzt werden kann. Mit dem Portfolio der E-Mobility GmbH ebnen wir also den Weg hin zu einer klimaschonenden Mobilität.

Lässt sich dies auch in Zahlen ausdrücken, zum Beispiel im Umsatzanteil?

Heinemann: Der jährliche Umsatz der gesamten Phoenix-Contact-Gruppe beträgt rund 2,5 Mrd. €. Der Anteil des zarten Pflänzchens Elektromobilität ist natürlich noch gering. Anders sieht dies beim Wachstum aus. Die E-Mobility GmbH ist einer der am stärksten wachsenden Bereiche, und wir tragen entscheidend zum Wachstum der Unternehmensgruppe bei.

Elektromobilität ist noch ein recht junges Marktsegment – mit unterschiedlichen Technologien und Anwendungsfällen. Welche Marktentwicklung erwarten Sie und wie richten Sie Ihr Produktportfolio entsprechend aus?

Pucker: Die unterschiedlichen Anwendungsfälle sind wichtig für uns bei der Entwicklung neuer Funktionen und Lösungen. Im privaten Bereich herrscht beispielsweise momentan noch das AC-Laden vor – mit relativ einfachen Wallboxen. Aus unserer Sicht geht der Trend jedoch auch hier künftig zum DC-Laden, denn die Kunden wollen ihre Photovoltaikanlagen und Speicher mit in das System einbinden. Dies gelingt auch im kleinen Leistungsbereich am effizientesten mit DC-Systemen. Hierfür haben wir bereits DC-Stecker für Wallboxen entwickelt – die CCS C-Line. Im Anwendungsbereich Unternehmen/Parkhäuser ist das Last- und Lademanagement von besonderer Bedeutung und damit auch die Anbindung an vorhandene Energiemanagement- und GLT-Systeme, um die vorhandene Netzanschlussleistung effizient ausnutzen zu können. Anders sieht es wiederum beim Schnellladen, dem High Power Charging aus. Hier ist der Zeitfaktor entscheidend, also das Laden mit maximaler Leistung, um die Ladezeit zu minimieren. Dafür ist der Anschluss an das Mittelspannungsnetz über eine eigene Ortsnetzstation und mit entsprechender Kommunikationsinfrastruktur und Sicherheitstechnik unumgänglich. Für all diese unterschiedlichen Anwendungsfälle bieten wir spezielle Lösungen an.

Wie schätzen Sie das Kundenverhalten ein? Es wird viel diskutiert, wo und wie die Elektrofahrzeuge künftig geladen werden.

Pucker: Das ist sehr stark vom Umfeld abhängig. Im ländlichen Bereich wird das Zuhauseladen, eventuell kombiniert mit der eigenen Photovoltaikanlage, sicherlich vorherrschen, weil es die günstigste Option ist. Im städtischen Bereich ist die Situation anders, denn viele Bewohner haben nicht mal einen eigenen Parkplatz. Hier werden zum einen das öffentliche Laden, auch mit höheren Leistungen, einen deutlich höheren Stellenwert haben, zum anderen aber auch Lademöglichkeiten zum Beispiel beim Einkaufen. Hier gilt: Standzeit ist Ladezeit. Es wird also darauf hinauslaufen, dass ein Elektrofahrzeug überall dort, wo es für eine gewisse Zeit steht, auch geladen wird – außer beim Einkaufen zum Beispiel auch beim Arbeitgeber oder im öffentlichen Parkhaus. Dabei reicht häufig auch eine niedrigere Ladeleistung aus, denn die durchschnittliche Fahrstrecke beträgt meist nicht mehr als 60 km am Tag.

Thema Ladeleistung: Hier sprechen wir mittlerweile von der Ultraschnellladetechnologie mit 450 oder sogar 500 kW. An welchen Entwicklungen arbeiten Sie hier?

Heinemann: Eine möglichst hohe Ladeleistung ist ein viel diskutiertes Thema, schließlich macht sie durch kurze Ladezeiten die Elektrofahrzeuge alltagstauglich. Unser wassergekühltes HPC-Ladesystem ist heute das Maß der Dinge, was das Schnellladen auf der Infrastrukturseite angeht. Mit dieser Technologie, die wir erstmals auf der Hannover Messe 2016 vorgestellt haben, ist eine Ladeleistung von bis zu 500 kW möglich. So schaffen wir es, innerhalb von nur drei Minuten eine Reichweite von 100 km zu laden. Damit ist das Ladeverhalten schon sehr nah am heutigen Tankvorgang bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Aber auch an der fahrzeugseitigen Ladeschnittstelle arbeitet Phoenix Contact. Hier können wir mit einer patentierten Technologie die Ladeleistung in den Fahrzeugen ohne großen Aufwand deutlich erhöhen. Wir nutzen dafür ein passives Kühlkonzept, mit dem sich die Fahrzeuge um rund 30 % schneller laden lassen als mit einem herkömmlichen Fahrzeuginlet. Darüber hinaus arbeiten wir an mehreren Projekten, sowohl auf der Fahrzeugseite als auch für die Infrastruktur. Ein Beispiel ist der neue chinesisch-japanische Ladestandard mit Namen ChaoJi. Hier wird eine Ladeleistung zwischen 600 und 800 kW angestrebt. Für Busse und Nutzfahrzeuge entwickeln wir ein Megawatt-Ladesystem. So haben wir einen funktionsfähigen Prototypen mit einer Ladeleistung von 4,5 MW bei uns in der Vorentwicklung – mit fertig entwickeltem Kabel und Steckersystem. Hier sprechen wir von einer Spannung von 1 500 V bei 3 000 A – und dies nicht mit einem festen Anschluss, sondern steckbar.

An welchen Details arbeiten Sie hier, um diese Leistungen zu ermöglichen?

Heinemann: Das ist oft Materialforschung, um zum Beispiel möglichst geringe Übergangswiderstände zu erhalten. Notwendig ist aber auch die richtige Kühlstrategie. Das Megawatt-Ladesystem, das unter dem Namen MCS auf den Markt kommen soll, ist bereits in der Normung. Allerdings geht die Normung ein Stück weit zurück auf eine maximale Ladespannung von 1 000 V, sodass eine Ladeleistung von 3 MW standardisiert werden soll.

Anwendungsbereiche sind dafür Busse und Nutzfahrzeuge?

Heinemann: Richtig. Busse werden heute meist noch über normale CCS-Systeme geladen. Oft reicht jedoch die Standzeit für ein vollständiges Laden nicht aus. Anfangs hat man hier auf Batteriewechselsysteme gesetzt. Diese konnten sich aber aufgrund der hohen Kosten nicht durchsetzen.

Eine weitere Option ist das induktive Laden von Bussen? Wie ist hier der Stand der Entwicklung?

Heinemann: Auch hierfür haben wir Prototypen entwickelt, mit bis zu 500 kW Ladeleistung. Aber diese Technologie hat sich bei den OEM nicht durchsetzen können. Eine vielversprechendere Lösung ist dagegen das automatisierte konduktive Laden, bei dem der Ladestecker automatisiert in die Ladebuchse gesteckt wird. Interessant ist diese Technologie vor allem deshalb, weil sie sich auch für autonom fahrende Fahrzeuge eignet.

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