Wege in die Cloud

Feldgerät

Zustands- und Diagnosedaten von IO-Link-Feldgeräten werden über ein Edge-Gateway übertragen, um den Prozessablauf in der klassischen Steuerung nicht mit zusätzlichem Datenverkehr zu belasten. (Quelle: Bürkert Fluid Control System)

Geht es im Weiteren darum, die Feldgerätedaten in die Cloud zu transferieren, hat Bürkert die Erfahrung gemacht, dass Betreiber von Brownfield-Anlagen in der Regel nicht in eine funktionierende Prozesssteuerung eingreifen möchten. Deshalb stellt das Unternehmen ein Edge-Gateway bereit, das die Zustands- und Diagnosedaten von IO-Link-Feldgeräten quasi an der Steuerung vorbei an übergeordnete Systeme überträgt. „Der Datentransfer über das Edge-Gateway stellt einen Bypass zur klassischen Datenübertragung über die Steuerung dar. Auf diese Weise kann der Anwender beispielsweise die Zustandsdaten von einem qualitätskritischen Ventil direkt überwachen, ohne Programmierarbeiten an der Steuerung vornehmen zu müssen“, sagt H. Rohrbeck. Um aus diesen Daten Mehrwerte zu generieren, werden gemeinsam mit Kunden Applikationen entwickelt, mit denen sich Daten verarbeiten, auswerten und visualisieren lassen. „Auf diese Daten und Informationen geben wir unseren Kunden gemäß ihrer Anforderungen einfachen Zugriff – egal ob sie in der Cloud oder auf Dashboards des Edge-Gateways einsehbar sein sollen“, erklärt er weiter.

Bei den Themen Edge-Gateway und Cloud-Lösung setzt Bürkert auf Partnerprodukte bzw. -lösungen. Auf der SPS 2021 sollte beispielsweise live die Anbindung der eigenen Systemwelt an die Turck Cloud Solutions gezeigt werden.

Neue Kommunikationsstandards!?

Prinzipiell geht H. Rohrbeck davon aus, dass die klassische Automatisierungspyramide mit ihren Kommunikationsstrukturen keinen Bestand hat. Mit Blick auf das in der Prozessindustrie gerade viel diskutierte Thema Ethernet-APL, mit dem eine durchgängige Ethernet-Kommunikation realisierbar wäre, sieht er zwar den Nutzen, weist aber auch auf die Kosten hin. „Die Lösung ist kostenintensiv, da sie eine Sternverdrahtung erfordert, über die jedes Gerät einzeln angesprochen wird. Das ist einerseits vorteilhaft, andererseits ist der Verdrahtungsaufwand hoch“, verdeutlicht der CEO. Parallel verweist er noch einmal darauf, dass Bürkert jede Lösung im Gesamtzusammenhang mit der Applikation entwickle. Somit könnte Ethernet-APL in einigen Applikationen trotz der höheren Kosten aufgrund des Nutzens dennoch die bessere Lösung sein. Prinzipiell will sich Bürkert auch bei diesem Thema unabhägig positionieren. „Auch zukünftig bestimmt immer der Kunde, welchen Kommunikationsstandard wir verwenden. Unsere Aufgabe ist es, die Vielfalt zu bewahren, um unsere mehr als 300 Branchen bedienen zu können“, lautet sein Ansatz, denn diese Vielfalt mache Bürkert krisenfest.

Der eigene Transformationsprozess

Aus Sicht von H. Rohrbeck beginnt der Weg zur Industrie 4.0 aber zunächst einmal im eigenen Unternehmen. So müsse der Transformationsprozess zunächst intern durchlebt worden sein, bevor man damit an den Kunden herantritt. Dazu hat Bürkert ein eigenes Transformationsprogramm etabliert. „Unser Prozess startete bei der Schaffung einer einheitlichen Semantik und führt bis zum durchgehenden Product Lifecycle Management mit entsprechender Stücklistenverwaltung und -auflösung. Produktrückverfolgbarkeit steht hierbei ganz oben auf der Agenda. Das sind Themen, die gerade mit Blick auf den digitalen Zwilling von großer Wichtigkeit sind“, betont er.

Darüber hinaus ist er überzeugt, dass auch die Unternehmensstrukturen an den Zukunftsanforderungen ausgerichtet werden müssen. „Einzelne Abteilungen werden so angeordnet, dass sie optimal hinsichtlich des immer wichtiger werdenden Team-Gedankens zusammenarbeiten können“, erklärt H. Rohrbeck.

Auch die eigene Produktion wird in Richtung Industrie 4.0 umgestellt. Mensch und Roboter arbeiten nun immer näher zusammen. „Bürkert hat eine hohe Fertigungstiefe und hier unterstützen Roboter, zum Beispiel beim Einlegen von Teilen im Produktionsprozess. Da wir derzeit ausschließlich in Frankreich und Deutschland produzieren, sind Roboter ein wesentlicher Aspekt, um zukunftsfähig zu bleiben“, sagt der CEO.

Ausblick

Mit Blick auf die nächsten drei bis fünf Jahre sieht H. Rohrbeck unter anderem die aktuell wiederauflebende Brennstoffzellentechnik als interessantes Feld für Bürkert. Das Unternehmen hat bereits vor einigen Jahren Zulieferteile und Systeme einem bekannten Automobilhersteller bereitgestellt. „Auf dieses Know-how können wir nun wieder zurückgreifen“, erklärt er. Als weiteres potenzialträchtiges Feld nennt er Wasserstoff. „Wenn es um den Transport von Wasserstoff geht, kommen unsere Produkte ins Spiel. Hier sind wir bereits an einigen Projekten aktiv beteiligt“, gibt er an.

Prinzipiell will Bürkert auch zukünftig den Kunden in den Mittelpunkt seines Handelns stellen. „Wir werden uns weiterhin die Erfordernisse unserer Kunden sehr genau anschauen und uns an diesen projektbezogen ausrichten – und dies nicht nur in technologischer Hinsicht, sondern auch bezüglich unserer Abläufe und Prozesse. Dabei folgen wir unserem Motto ,We make ideas flow‘ weiter“, schließt H. Rohrbeck seine Ausführungen und macht noch auf eine applikationsbezogene Plattform neugierig, die sich derzeit in der Entwicklung befände. Prinzipiell soll zukünftig noch stärker in Software investiert werden.

Inge Hübner
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