Auf Digitalisierungspfaden

Heribert Rohrbeck

Heribert Rohrbeck ist CEO der Bürkert-Gruppe mit Hauptsitz in Ingelfingen. (Quelle: Bürkert Fluid Control System)

Vor einigen Jahren hat Bürkert auch den Weg in Richtung Industrie 4.0 bzw. Digitalisierung eingeschlagen. Für H. Rohrbeck ist es wichtig, diesen Trend nicht als Modewort zu begreifen, sondern sinnvoll zu begleiten. Und dazu zählt für ihn als wesentlicher Aspekt: „Unseren Kunden noch mehr zuhören und zu verstehen, was mögliche neue Geschäftsmodelle sein könnten.“ Gut zugehört haben die Experten beispielsweise in der Lebensmittelindustrie. Wie Kunden dort bereits Mehrwert im Sinne des Industrie-4.0-Gedankens geboten wird, beschreibt der CEO am Beispiel eines Molkereibetriebs. Aufgrund der großen Rohrleitungsdurchmesser treten hier oftmals Schließschläge beim Öffnen oder Verschließen von Ventilen auf. Diese haben Auswirkung auf das gesamte Rohrleitungssystem, zum Beispiel indem sich durch den Gegendruck andere Ventile ungewollt öffnen. Dies kann auch bei Ventilen der Fall sein, die der Umschaltung von einem Produktionsprozess zum anderen dienen, wie dem Abfüllprozess des Milchprodukts und dem Reinigungsprozess. Öffnet sich nun ein solches Ventil ungewollt, kann es passieren, dass Reinigungsmittel in das Milchprodukt fließt. „Wir haben nun eine Lösung entwickelt, mit der das ungewollte Öffnen eines solchen Ventils erkannt wird. Der Betreiber erhält also Aufschluss darüber, wann, wie lange und an welcher Stelle eine Kontamination seines Milchprodukts stattgefunden hat“, berichtet H. Rohrbeck. Dabei handelt es sich um ein System zur Regelung der Ventile: In den Regler ist Sensorik integriert, die den Weg der Ventilspindel aufnimmt. Diese Information gibt Aufschluss über das Öffnen des Ventils und wird an übergeordnete Systeme weitergeleitet und dort verarbeitet. Im Bedarfsfall erhält der Mitarbeiter eine Alarmmeldung. „An diesem Beispiel zeigt sich der konkrete Mehrwert für den Kunden: Er kann sofort einschreiten und somit teure, imageschädigende Rückrufaktionen vermeiden“, sagt H. Rohrbeck.

Die Frage der Herangehensweise

Der Begriff Industrie 4.0 hat 2021 sein Zehnjähriges gefeiert. Dennoch ist noch immer nicht jedes Unternehmen auf diesen Zug aufgesprungen. H. Rohrbeck: „Für einige Unternehmen ist es wichtig, dieses Thema mit voranzubringen – was aber nicht bedeutet, dass ihnen tatsächlich klar ist, wo die Reise hingeht. Andere Unternehmen nähern sich dem Thema von den anwendungsbezogenen Anforderungen. Das bedeutet: Ein Kunde kommt mit einem Problem auf den Hersteller zu und dieser prüft die optimale Lösung. Dabei kann diese dem Industrie-4.0-Gedanken folgen, indem sie ein Netz aus verschiedenen Komponenten umfasst, die an die Cloud angebunden sind und remote Informationen liefern, die entsprechend aufbereitet werden und Mehrwert liefern. Das ist aber nicht immer der Fall.“

Prinzipiell folgt Bürkert bei seiner Ausrichtung letztgenanntem Weg. Parallel wird allerdings das Sortiment an der einen oder anderen Stelle entsprechend aktueller Trends angepasst. „Ob Ventil, Sensor oder Regler – sie alle müssen Auskunft über ihren Zustand geben können. Dieser lässt sich unter anderem über Parameter wie Temperatur oder Druck feststellen“, gibt H. Rohrbeck an und erklärt weiter: „Bevor wir dann allerdings über OPC UA und ähnliche Kommunikationsstandards zur Weiterleitung von Daten an Cloud-Systeme sprechen, müssen erst einmal die Bürkert-Produkte untereinander die gleiche Sprache sprechen. Das haben wir mit unserer Efficient Device Integration Platform (EDIP) umgesetzt“, schließt er an. Diese Plattform umfasst diverse Funktionen, abgestimmte HMI-Geräte und weitere Services, die eine Systemintegration neuer Geräte und die Vernetzung dieser erleichtert. Sie besteht im Wesentlichen aus den Säulen Kommunikation, Software und Hardware. Ziel der Geräteplattform ist es, Bedienung, Kommunikation und Schnittstellen vieler Prozessgeräte zu vereinheitlichen. Dabei basiert die einheitliche digitale Geräteschnittstelle auf CANopen, sodass auch Produkte von Drittanbietern gut einbindbar sind. „Unser Anspruch war es, einen Standard mit Beständigkeit zu schaffen, der unabhängig von immer neuen Marktströmungen ist. Diesen haben wir mit unserem Bürkert-Systembus ,büS‘ erfolgreich umgesetzt“, verdeutlicht H. Rohrbeck.

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