Gemeinsam getrennte Wege beschreiten

Porträt Sami Atiya, ABB

Sami Atiya, President, Robotics & Discrete Automation Business, Member of the Group Executive Committee of ABB (Quelle: ABB)

Nun stellt sich die Frage, wie sich diese Neuausrichtung auf das bisherige ABB-Robotergeschäft auswirkt. „Wir werden innerhalb unseres Geschäftsbereichs das etablierte Modell wie gewohnt weiterverfolgen: Unsere Roboter, die bislang im Automobilbereich, im Bereich Consumer Electronics oder in den auf­strebenden Branchen Logistik und Medizin zum Einsatz kommen, werden den Kunden auch zukünftig vom bestehenden Vertriebsteam zur Verfügung gestellt", erklärt S. Atiya. Parallel dazu werde aber auch der Kundenkreis auf aktuelle B&R-Kunden erweitert. „Das B&R-Vertriebsteam bietet seinen bekannten Kunden aus dem Maschinenbau die Lösung Machine Centric-Robotics an, um deren Wunsch nach flexibleren Maschinen zu entsprechen. B&R-Kunden müssen sich dabei nicht auf einen zusätzlichen Lieferanten einstellen: Sämtliche Hard- und Software für die Automatisierung – inklusive der Roboter – kommt aus einer Hand. B&R bleibt der Ansprechpartner für den Maschinenbau", erklärt er weiter.

S. Atiya stellt heraus: „Unsere Roboter liefern die Basis für viele Applikationen. Erst durch den Einsatz von Software werden sie auf die jeweilige Applikation optimal zugeschnitten." Anhand dieser Aussage wird deutlich, welchen Stellenwert die Software heute innerhalb der Gesamtlösung einnimmt. „Die Zukunft ­gehört der Software. Die Tendenz geht ganz stark dahin, das Kern-Know-how in die Software einzubetten", sagt er. Mit diesem Ansatz sei man auch in den zuvor genannten ABB-Zielbranchen mit der Robotik unterwegs. Und auch beim Erschließen neuer Branchen wird dieser Weg beschritten. „In Zukunft wollen wir unsere kollaborativen Roboter für medizinische ­Labore und Krankenhäuser bereitstellen. Wir haben 2019 einen Health Care Hub auf dem Innovations-Campus des Texas Medical Center in Houston eröffnet, in dem sie zunächst zum Einsatz kommen," erläutert S. Atiya. Die Potenziale für dieses Marktsegment hat ABB in einer internen Studie ausgelotet. Demnach soll der weltweite Markt bis 2025 auf knapp 60 000 medizinische Roboter für nicht-operative Anwendungen wachsen – was gegenüber 2018 eine Vervierfachung des Markts darstellt. „Auch hier werden unsere bekannten Robotiklösungen zum Einsatz kommen. Die Adaption an die Anwendung – in dem Fall in der Medizintechnik – erfolgt auch hier wieder über die Software", verdeutlicht S. Atiya und fügt an: „Das ist einer der Gründe, warum wir immer stärker in den Bereich Softwareentwicklung und Engineering investieren."

M. Sandhöfner bekräftigt die steigende Bedeutung von Software: „Vor rund zehn Jahren war der Softwareanteil an unseren Lösungen noch sehr gering. Betrachten wir nun das aktuelle Investitionsverhalten von Maschinenbauern, zeigt sich, dass die Software im Vordergrund steht und einen immer größeren Raum einnimmt." Als Hintergrund nennt er, dass immer mehr Funktionen in Software abgebildet und diese in der Anwendung weiter vereinfacht würden. „Maschinenbauer gelangen durch den ­Einsatz von Software schneller ans Ziel. Mit unseren Mapp-Bausteinen beispielsweise können sie ihre Entwicklungszeiten deutlich reduzieren. Das ist ein wichtiger Aspekt, der immer öfter in der Entscheidungsfindung unserer Kunden Berücksichtigung findet", erklärt der Vertriebschef. Mit Blick auf das eigene Unternehmen gibt er an: „Mittlerweile arbeiten mehr als die Hälfte unserer Entwicklungsingenieure an Softwarelösungen."

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