SPE und IO-Link

Gruppenbild SPE Weidmüller

Weidmüller entwickelt eine SPE-Steckverbinderfamilie, die sowohl in der IP20- als auch in der IP67-Variante
das gleiche Steckgesicht aufweist (Quelle: Weidmüller)

Aber nicht nur das Partner Network erfreut sich weiterer Mitstreiter, sondern auch Lager 2 rund um Fluke Networks, Phoenix Contact, Reichle & De-Massari, Telegärtner und Weidmüller. Sie hatten sich im Frühjahr 2019 als loser SPE-Mitstreiter-Verbund zusammengetan, um ihr eigenes Steckgesicht umzusetzen. Doch warum getrennte Wege zu einem gemeinsamen Ziel ­beschreiten? Simon Seereiner, Leiter des Produktmanagements IE und SAI bei Weidmüller: „Unser Ansatz lautet: ,Von der Industrie für die Indus­trie‘. Aus unserer Sicht lehnt sich der Harting-Vorschlag zu sehr an den Anforderungen der generischen Verkabelung an." Was die steigende Zahl der Mitstreiter anbelangt, sagt er: „Es interessieren sich mittlerweile auch Hersteller von Chips, Switches und Geräten für unsere SPE-Schnittstelle und kommitten sich zu unserem Ansatz. Nun ebenfalls mit dabei sind beispielsweise Microchip, Moxa und Sick. Das heißt, es bildet sich ein Konsortium, das eine breite Zahl der Anwendungen bzw. der Lieferanten am Markt abbildet." Mit dieser Aufstellung sehen es die Mitstreiter als sinnvoll an, ihrem Zusammenschluss ebenfalls einen Namen zu geben. „Wir gehen nun mit der SPE System Alliance an den Start", informiert S. Seereiner. Dabei soll es sich weiterhin um eine gemeinsame Initiative handeln und nicht um einen Verein. „Ein Verein benötigt eine Satzung, einen Vorstand und viele weitere rechtliche Regularien – alles Punkte, die Zeit kosten. Ziel der SPE System Alliance ist es vielmehr, Experten aus unterschiedlichen Bereichen zusammenzuführen und gemeinsam die Infrastruktur für das IIoT aufzubauen. Wir möchten als Alliance die Technologie als Ganzes vorantreiben, das beinhaltet mehr als einen Steckverbinder."

Mit dem ­Fokus auf Querschnitte im Bereich AWG 26 bis AWG 22 entwickelt beispielsweise Weidmüller Steckverbinder, die sowohl als Patchkabel aber auch als frei konfektionierbare ­Varianten realisierbar sind.

„Unsere Stecker sind robust, komplett aus Metall gefertigt und folgen beim Entriegelungsmechanismus dem RJ45-Gedanken", sagt S. Seereiner. Als weiteren entscheidenden Aspekt im Vergleich zur anderen Lösung nennt er: „Die Baugröße: Sie entspricht der Hälfte eines Standard-RJ45-Steckers." Neben der Ausführung in Schutzart IP20 wird mit einer Ausführung in M8 auch Schutzart IP67 abgedeckt. „Das heißt, wir haben das gleiche Steckgesicht in der M8-Implementierung – mit Codierung, entsprechender Schirmauflage und Abdichtung. Außerdem gibt es bei uns sowohl die Male- als auch Female-­Ausführung", informiert er weiter. Dadurch können freie Steckverbinderkupplungen realisiert werden. Zusätzlich bietet das Steckgesicht die Möglichkeit, invertierte Steckverbinder aufzubauen. Damit lässt sich eine definierte Kodierung im M8-Steckgesicht umsetzen, die bei getrennten Netzwerken, zum Beispiel mit PoDL oder ohne, wichtig werden können. Parallel entfallen Verlängerungskabel, die an beiden Enden nur Stecker oder nur Buchsen aufweisen. Ein weiterer Vorteil liegt in der höheren HF-Performance. „Bezüglich der normativen Anforderungen der IEC CDV 63171 haben wir mit der Category C eine sehr große Systemreserve für aktuelle Applikationen bis 600 MHz". so S. Seereiner. Als typische technische Eckdaten wurden eine Verkabelung im Bereich AWG 26 bis AWG 22, eine industrielle Spannungsfestigkeit von DC 2,25 kV sowie ein zulässiger Verschmutzungsgrad 2 auf der Leiterplatte definiert. Zudem stellt S. ­Seereiner heraus: „Wir realisieren eine gute 100-Ohm-Anpassung – ohne Plattenkondensatoren."

Als weiteren generellen Vorteil von SPE nennt er die Möglichkeit, die Energieversorgung der angeschlossenen Peripherie via PoDL (Power over Data Line) zu realisieren. „PoDL stellt zur Einspeisung bis zu 60 W an der PSE (Power Source Equipment) zur Verfügung. So lässt sich die Sensorik selbst unter beengten Verhältnissen sowohl mit Energie als auch mit einer Datenschnittstelle versorgen. Eine zusätzliche, separate Zuleitung ist überflüssig", sagt der Leiter Produktmanagement. Mit dem Phy in Verbindung mit einer PoDL-Anschaltung lässt sich demnach einfach ein Ethernet-Sensor realisieren. „Außerdem kann die existierende Infrastruktur, beispielsweise mit M8-Steckern, ­beibehalten werden. Gerade die saubere M8-Implementierung stand für uns dabei ganz oben auf unserer SPE-Entwicklungsagenda", so der ­Experte.

Die Vorteile der SPE-Technologie sind unbestritten. Betrachtet man jedoch parallel, dass sich IO-Link als „­Industrie-4.0-­­­En­abler" im Sensorbereich durchgesetzt hat, stellt sich die Frage: Warum sollten Sensorhersteller, die viele Jahre Entwicklungs- und ­Umsetzungsarbeit sowie hohe Investitionen geleistet haben, um IO-Link in ihr gesamtes Portfolio zu inte­grieren, nun auf SPE umstellen? S. Seereiner: „Die Entscheidung für eine neue Technologie wird in der Regel durch den Anwender getroffen, der auf Grundlage der Vorteile entscheidet. Aus diesem Grund befassen wir uns derzeit damit, herauszuarbeiten, welche Synergie­effekte SPE und IO-Link dem Anwender gemeinsam bieten." In diesem Zusammenhang macht es aus seiner Sicht wenig Sinn, lediglich den Steckverbinder oder die Leitung zu betrachten. „Stattdessen muss die gesamte Infrastruktur in Augenschein genommen werden", ist sein Ansatz. Als Beispiel führt er eine Anlage mit 50 Sensoren, die via IO-Link verdrahtet sind, an. Hier dürften nicht nur die Kosten für die Sensoren betrachtet werden. Zusätzlich schlügen die weiteren erforderlichen IO-Link-Komponenten, wie Master, Anbaugruppen, die Verkabelungsstruktur, ebenso wie Parametrierung und Wartung zu Buche. „Die gleiche Rechnung kann für SPE aufgemacht werden: Hier schlagen zum Beispiel ein M8-Steckverbinder, ein günstiger Phy, eine Zweidraht-Leitung, quasi ,Plug-and-play-Anmeldung‘ der Sensoren im Netzwerk – ohne Parametrierung – zu Buche. Parallel fallen Kosten für Gateways weg. Hinzu kommt die Möglichkeit, weiterer Informationen, beispielsweise von der Website des Sensorherstellers, aufgrund der IP-basierten Kommunika­tion zu erhalten", gibt er an.

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