Das Industrial Metaverse

Siemens Process Simulate (links) ist mit Nvidia Omniverse (rechts) verbunden

Siemens Process Simulate (links) ist mit Nvidia Omniverse (rechts) verbunden, um einen fotorealistischen digitalen Zwilling mit voller Design-Treue in Echtzeit zu ermöglichen (Quelle: Siemens, Nvidia)

Das Tool zur virtuellen Fabrikplanung integriert verschiedene Planungsdaten und -anwendungen und ermöglicht Zusammenarbeit in Echtzeit

Im letzten Jahr kündigte BMW an, mit Omniverse von Nvidia die Planung hochkomplexer Fertigungssysteme revolutionieren zu wollen. Das Tool zur virtuellen Fabrikplanung integriert verschiedene Planungsdaten und -anwendungen und ermöglicht Zusammenarbeit in Echtzeit (Quelle: BMW Group)

Aber nicht nur die Gaming-, die Mode- oder die Immobilienbranche haben sich auf den Weg ins Metaverse gemacht, sondern auch Industrieunternehmen. Auf der Hannover Messe 2022 hatte die Deutschland-Chefin von Microsoft, Marianne Janik, bereits darauf hingewiesen, dass das digitale Paralleluniversum künftig auch in der Industrie eine maßgebliche Rolle spielen wird. So habe die Pandemie nicht allein dem Homeoffice und anderen Varianten des neu organisierten Arbeitens endgültig zum Durchbruch verholfen, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Sehr viele Unternehmen hätten sich zudem mit Verfahren auseinandersetzen müssen, bei denen bestimmte Szenarien virtuell durchgegangen werden, bevor sie in der Produktion oder der Entwicklung von Produkten in die Realität umgesetzt werden. „Das ist quasi das industrielle Metaverse“, gab sie an. Gemeinsam mit Partnerunternehmen, wie Kawaski, Rockwell Automation und Kuka, wurde auf der Hannover Messe ein Einblick in die Use Cases des Industrial Metaverse gegeben.

Und egal in welche Branche man blickt: Partnerschaften rund um das Industrial Metaverse sind weitreichend ein Thema, wie auch Nvidia und Siemens unlängst zeigten. Aus Sicht von Siemens-CEO Roland Busch stellt das Industrial Metaverse die nächste Phase der Disruption dar. Diese möchte Siemens aktiv mitgestalten und hat dazu Xcelerator neu aufgesetzt. Siemens Xcelerator ist eine offene digitale Business-Plattform, die zukünftig auf drei Säulen basieren soll: einem Marktplatz, einem Ökosystem und einem Angebot aus Software und IoT-fähiger Hardware, das as-a-Service angeboten wird. Ein Mitglied des Ökosystems ist auch Nvidia. Parallel zum Xcelerator-Launch wurde der gemeinsame Einstieg in das Industrial Metaverse bekannt gegeben. Nvidia bringt dazu Onmiverse ein, eine KI-fähige, physisch simulierte und industrietaugliche Virtual-World-Engine, die in Echtzeit originalgetreue digitale Zwillinge ermöglicht. Nvidia AI ist das Herzstück von Omniverse in der Cloud und autonomen Systemen am Edge. „Nvidia Omniverse und Nvidia AI sind ideale Rechen-Plattformen, um den umfassenden digitalen Zwilling von Siemens Xcelerator darzustellen“, geben die Partner in einer gemeinsamen Meldung an.

Nvidia-Gründer und CEO Jensen Huang ist überzeugt: „Mit unserem Omniverse und KI wird es möglich, die Zukunft vorauszusagen.“ Mit Omniverse stellt Nvidia einen ganzen Baukasten bereit, um sich sein Metaverse selbst zu bauen. Unternehmen, wie BMW, Ericsson, Siemens Energy und Lockheed Martin, profitieren bereits davon. Die Erstellung digitaler Zwillinge darin ermöglicht es ihnen, physikalisch genaue virtuelle Replikate von Objekten, Prozessen oder Umgebungen umzusetzen – alles ständig mit realen Dateneingaben synchronisiert und durch KI ermöglicht. „Mit digitalen Zwillingen von Nvidia Omniverse Enterprise werden Fabriken, 5G-Netzwerke, Kraftwerke und Klimaforschung schneller und mit höherer Genauigkeit als je zuvor umgesetzt“, gibt Nvidia weiter an. Omniverse basiert auf der Universal Scene Description (USD) von Pixar, einem quelloffenen Framework zum Austauch von 3D-Grafikdaten. „USD ist für das Metaverse das, was HTML für das Internet ist“, verdeutlicht J. Huang. „Mit Omniverse bieten wir die Engine, um reale Welten fotorealistisch in der digitalen Welt zu erstellen. Durch die Zusammenführung mit der umfassenden Digital Twin Suite von Siemens wird sie zur Echtzeitplattform.“ Die Idee ist, dass der digitale Zwilling auf dieser sein „ganzes Leben lang“ läuft. Das virtuelle Modell kann dann für Optimierungen, vorausschauende Wartung, zukünftige Design-Änderungen u. v. m. verwendet werden. Als Beispiel führt er an: „Wenn wir ein Produkt, eine Maschine oder ein Werk planen und designen, möchten wir an liebsten schon im Vorfeld wissen, ob es funktioniert, effizient arbeitet usw. Im laufenden Betrieb möchten wir wiederum im Vorfeld testen können, ob Veränderungen positive Auswirkung haben werden. Die Zukunft vorherzusagen, ist in vielen Bereichen des Designs möglich.“ Somit könnte ein komplettes Werk virtuell erschaffen, getestet und optimiert werden, bevor es in der Realität umgesetzt wird. „Damit versetzen wir Kunden in die Lage, ihre Ziele schneller und besser zu erfüllen“, so J. Huang. Als sich daraus ergebende mögliche Produktivitätssteigerungen werden 15 % bis 20 % genannt.

BMW macht es mit der iFactory vor

Ein Beispiel aus der Praxis liefert der Autobauer BMW, der bereits seit vielen Jahren mit Nvidia zusammenarbeitet. Im Frühjahr 2022 kündigte BMW an, mit Omniverse einen völlig neuen Ansatz für die Planung hochkomplexer Fertigungssysteme einzuführen. Milan Nedeljković, Produktionsvorstand der BMW AG, sagte: „Ein virtuelles Abbild unseres Produktionsnetzwerks ermöglicht uns zukünftig, einen neuartigen, integrierten Ansatz unserer Planungsprozesse umzusetzen. Mit Omniverse erhöhen wir die Präzision, die Geschwindigkeit und somit die Effizienz unserer Planungsprozesse.“ Als einen wesentlichen Vorteil der Omniverse-Plattform wurde der Fotorealismus angegeben. Als ein weiterer, dass Mitarbeiter an unterschiedlichen Standorten in unterschiedlichen Zeitzonen jederzeit Zugriff auf die virtuelle Simulation haben und gemeinsam im Detail einen Prozess oder eine Produktionsanlage planen oder optimieren können. Im Juni dieses Jahres kündigte BMW nun an, das bis Anfang 2023 jedes ihrer weltweiten Fahrzeugwerke über ein digitales Abbild verfügen soll. Neben Data Science und künstlicher Intelligenz ist die virtuelle Planung ein Kernelement der Digitalisierung im Rahmen des strategischen Zielbilds der BMW-Produktion, der BMW iFactory. Ziel ist es, sämtliche Prozesse und das gesamte Produktionssystem zu 100 % virtuell zu planen und zu simulieren. Ihre bestehenden Werke digitalisiert die BMW Group in Zusammenarbeit mit NavVis. Das Münchner Startup bietet Technologien im Bereich Reality Capturing und Digital Twins. Mittels mobiler 3D-Laserscanner sollen bis Anfang 2023 in sämtlichen Fahrzeugwerken der BMW Group fotorealistische Panoramabilder, Grundrisse und Punktwolken erstellt werden. Und zwar bis ins kleinste Detail: sämtliche Gebäudestrukturen, Anlagen und Außenbereiche. „Durch Partnerschaften wie mit Nvidia und NavVis verbinden wir unseren Pioniergeist und Prozesswissen mit Cutting-Edge-Technologien“, sagt M. Melchiorre.

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