Zuverlässig und präzise – aber nie im Takt

Die abgelängten Bolzen werden in die Presse eingelegt und mit 45 MN durch eine Matrize gepresst

Bild 02: Die abgelängten Bolzen werden in die Presse eingelegt und mit 45 MN durch eine Matrize gepresst (Quelle: Martin Witzsch)

Dieter Braun begutachtet die frisch gepressten Endlosprofile

Bild 03: Dieter Braun begutachtet die frisch gepressten Endlosprofile (Quelle: Martin Witzsch)

Richter Aluminium ist auf Strangpressprofile aus Aluminiumwerkstoffen spezialisiert (Bild 1). 40 % des Absatzes aus der hochautomatisierten Produktion geht an Hersteller von Unterkonstruktionen für Photovoltaik-Anlagen. Geschäftsführer Tobias Kreutzer erläutert: „Jeder große PV-Hersteller in Deutschland ist bei uns Kunde. Die eigentlichen Solarzellen kommen aus Fernost, aber die Unterkonstruktionen werden nach wie vor in Deutschland produziert.“ In diesem Markt ist das 30 Jahre junge Unternehmen bestens etabliert und kann mit zweistelligen Wachstumsraten glänzen. 2021 wurden 26.700 t Aluminium verarbeitet. Die gut 140 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erwirtschafteten einen Jahresumsatz von 150 Mio. €. Richter Aluminium gehört zu den wenigen Strangpresswerken in Europa, die sowohl auf 8-Zoll- als auch auf 12-Zoll-Pressen fertigen. Die vollautomatischen Anlagen sind für mittlere bis hohe Mengen, vorzugsweise ab einer Losgröße von 1, ausgelegt.

Die Fertigung benötigt nur wenige Schritte. Das Rohaluminium wird in sogenannten Bolzen angeliefert, die gereinigt und auf 480 °C erhitzt werden. So lassen sie sich mit einer Warmschere auf eine vorgegebene Länge schneiden und in die Presse einlegen (Bild 2). Mit 45 MN (Meganewton) wird das Material durch eine Matrize gepresst, die es als Endlosprofil verlässt (Bild 3). Nach dem Ablängen und Aushärten in einem Ausalterungsofen können die Produkte verpackt werden.

Die Fertigungsanlage mit den zwei Pressen wirkt übersichtlich. Trotzdem sind die Energieflüsse kaum vorhersagbar. Vor allem die große Presse mit ihren neun Hydraulikpumpen birgt Überraschungen. Natürlich werden deren Antriebe über Frequenzumrichter gesteuert. Das spart gut 20 % Energie gegenüber konventioneller Technik, bei der die Motoren permanent auf der höchsten Drehzahl laufen. Wider Erwarten fallen beim eigentlichen Pressvorgang keine Leistungsspitzen an. D. Braun erklärt: „Beim Pressen laufen nur zwei Pumpen auf einer gewissen Drehzahl, um die Pressgeschwindigkeit zu erreichen. Aber beim Rückzug des Hauptpresszylinders brauche ich Presskraft und Geschwindigkeit. Für den benötigten Volumenstrom werden die Pumpen mit einer sehr kurzen Rampe hochgefahren und alle Umrichter laufen auf dem Maximum“, (Bild 4). Aber auch der Pressvorgang ist nicht trivial, erläutert D. Braun: „Beim Pressen muss ich verschiedene Parameter, wie Druck und Geschwindigkeit, beachten. Da sich das Aluminium beim Pressen erwärmt, muss ich den Prozess genau steuern.

Das heißt, wir haben an der großen Presse nie eine kontinuierliche Stromlast, das ist nicht zu beeinflussen. Wir haben noch nicht mal einen gleichmäßigen Takt wie bei einer Transferpresse.“ Die 125 kW starken Antriebe der großen Presse entpuppten sich später als die Hauptverursacher für die Elektronikschäden und Anlagenstillstände, obwohl sie herstellerseitig bereits mit Filtern ausgestattet waren. Dazu kommen noch diverse kleinere Umrichter in der Fördertechnik und die kleine Presse. Sie verfügt zwar über ein eigenes Stromnetz mit Trafo und NSHV; trotzdem wirkten sich die drei 150 kW-Antriebe auf die Netzqualität aus. Oberwellen und andere Störungen werden durch den Trafogedämpft, aber nicht vollständig blockiert. All diese Störquellen summierten sich zu einem erheblichen Problem auf, das aber nur schwer zu fassen war.

2 / 4

Ähnliche Beiträge