Unsichtbare Störungen aufspüren und beseitigen
T. Kreutzer blickt auf seine Anfänge bei Richter Aluminium zurück: „Als ich im November 2020 in die Firma kam, lag die Maschinen verfügbarkeit bei unter 80 % – ein wirklich schlechter Wert. Deshalb haben wir im Frühjahr 2021 Herrn Braun mit ins Boot geholt.“ Die beiden nutzten zusammen mit weiteren Kollegen ein Wochenende für eine ausführliche Begehung. Danach stand für D. Braun fest: „Wir brauchen eine Netzanalyse.“ Damit wurde die Kühn Elektrotechnik GmbH [2] beauftragt. Der Vertriebsleiter Stephan Morgenthaler und der Projektleiter Stephan Thomi installierten kurze Zeit später einen mobilen Messkoffer von Janitza [3]. Eine zweiwöchige Messung am Einspeisepunkt sollte ein genaues Bild der Spannungsqualität liefern. Zusätzlich holte sich Morgenthaler Unterstützung bei Janitza. Alexander Lang, Teamleitung Vertrieb Deutschland Süd bei dem Spezialisten für Spannungsqualitäts und Differenzstromüberwachung, begleitete die Messungen (Bild 5). A. Lang weiß um die Phänomene, die im Zusammenspiel mit vielen Einzelverbrauchern entstehen: „Solche Probleme treten gern auch bei Neuanlagen mit einem hohen Robotikanteil auf. Bei Oberwellen beträgt im 10-min-Raster der zulässige Grenzwert 8 %, wobei man natürlich eher 4 % anstrebt. Jedes einzelne Anlagenteil hält das ein. In der Summe können das aber leicht 15 % bis 20 % werden. Da greift aber keine Vorschrift.“ Bereits die ersten Auswertungen brachten die Beteiligten auf die richtige Spur, berichtet D. Braun: „Mit der Messung nach Norm im 10-min-Raster war das Problem nicht zu erkennen. Die Spitzen tauchten erst auf, als Janitza genauer hingesehen hat.“
Gleichzeitig wurde klar, dass es keine Lösung „von der Stange“ geben würde, sondern viel Engineering erforderlich war. Deshalb stieß auf Anregung von Janitza der Powerquality-Spezialist Nosswitz [4] zum Team. A. Lang: „Bei so einer Anlage reicht ein normaler Filter nicht aus. Wir hatten ja keinen langsamen, gemütlichen Regelprozess, bei dem man ausreichend Zeit hat, Oberschwingungen herunterzufahren. Bei den Prozessen hier muss man blitzschnell reagieren.“ Auch S. Thomi war einverstanden. „Normale Kompensationsanlagen machen wir natürlich komplett selbstständig. Aber wir sind froh, dass wir als Solution Partner von Janitza das Netzwerk mitbenutzen können“, kommentiert der Projektleiter von Kühn Elektrotechnik die Entscheidung.
Gemeinsam entwickelten Nosswitz, Kühn und Janitza eine Hybrid-Anlage mit spannungs- und stromgeführten Filtern, mit der sie einerseits die Blindleistung, andererseits die Oberschwingungen sehr schnell in den Griff bekamen. Die spannungsgeführten Komponenten dämpfen nun die Netzrückwirkungen der schnellen Lastwechsel. Die stromgeführten senken dauerhafte Störungen und übernehmen die Blindstromkompensation.
Der Hybrid-Aufbau ist nicht die einzige Besonderheit der Anlage. Eine weitere Herausforderung war die Position der NSHV auf einer Galerie oberhalb der Fertigung. S. Morgenthaler erklärt: „Wenn der Trafo dort sitzt, wo die Energie gebraucht wird, spart man viele Meter Kabel mit großen Querschnitten. Allerdings haben wir in diesem Fall ein Problem mit der großen Hitze und Metallstäuben.“ Die Kühn Elektrotechnik hat deshalb eine komplett gekapselte und klimatisierte Anlage engineert und gebaut. Drei Klimageräte und eigene Lüftungskanäle stellen nun sicher, dass keine Aluminiumstäube in die Schränke gelangen und die Temperaturen erträglich bleiben (Bild 6).