Vollständiges digitales Abbild einer Maschine

Porträt von Burkhard Balz

Burkhard Balz ist Senior Vice President Automation Systems bei Lenze (Quelle: Lenze)

Grafik zu Digitaler Zwilling Maschinenbau

Der Digitale Zwilling als Herzstück von Industrie 4.0 in der konkreten Umsetzung (Quelle: Lenze)

„Ein digitaler Zwilling ist das vollständige digitale Abbild einer Maschine oder Anlage in all ihren Aspekten“, setzt B. Balz fort. „Er ist nicht zwangsläufig eine bestimmte Datei oder ein bestimmtes Modell, sondern vielmehr eine Klammer um alle versionierten und referenzierten Daten eines Produkts.“ Alle Werkzeuge können über den Produktlebenszyklus auf einem gemeinsamen Datenstamm arbeiten, der sukzessive um weitere Informationen ergänzt wird. „Damit wird der Endkunde bzw. der OEM über den gesamten Lebenszyklus unterstützt“, fügt der Lenze-Manager an.

Das Konzept des Digitalen Zwillings ist unter dem Namen Verwaltungsschale ein Kernbestandteil im Referenzarchitekturmodell Industrie 4.0 (RAMI 4.0). „Die Verwaltungsschale ist sozusagen der standardisierte Digitale Zwilling“, hebt B. Balz hervor. Im internationalen Sprachgebrauch wird der etwas eingängigere Name Asset Administration Shell (AAS) verwendet. Wesentliche Schritte zur Standardisierung der AAS wurden von der Plattform Industrie 4.0 bereits vor ein paar Jahren verabschiedet. Die AAS unterstützt mit dem „aasx“-Dateiformat der Plattform Industrie 4.0 und einer standardisierten Schnittstelle (Rest API) erste Anwendungen entlang des Lebenszyklus von Geräten und Maschinen.

Doch auch heute sind noch nicht alle Lücken auf dem Weg zu einer durchgängigen Datennutzung geschlossen. Es müssen alle Komponentenlieferanten und Automatisierungsanbieter, Maschinenbauer und Anlagenbetreiber an einem Strang ziehen und auf Standards setzen, die den Datenaustausch zwischen den Tools ermöglichen. „Wir engagieren uns daher zum Beispiel in der IDTA, der zentralen Anlaufstelle rund um den industriellen digitalen Zwilling“, unterstreicht B. Balz.

Digitale Werkzeuge ermöglichen praktische Umsetzung

Lenze bietet Design-Werkzeuge und Apps an, die das AAS-Konzept bereits heute anwendbar machen. Dazu zählt der Easy System Designer (ESD) für die ersten Engineering-Schritte, wie Idee, Design und konkrete Entwicklung. Damit lässt sich das erste digitale Abbild einer Maschine erstellen. Das webbasierte Werkzeug ermöglicht allen am Planungsprozess beteiligten Personen der unterschiedlichen Fachdisziplinen die komplette Planung der Automatisierungslösungen. „Die Interoperabilität zwischen den Disziplinen Mechanik, Elektronik, Software, Dokumentation und Inbetriebnahme wird erhöht“, schlussfolgert B. Balz.

Die in der AAS gesammelten Informationen stehen in den folgenden Lifecycle-Phasen zur Verfügung. Mit passenden Schnittstellen können ebenso Werkzeuge von Drittherstellern für Simulation und Virtual Commissioning darauf zugreifen. Dies reduziert die Zeit für Auslieferung und Inbetriebnahme. Weiterhin werden Fehler schneller entdeckt. „Wir leisten mit unseren Apps und Werkzeugen einen wesentlichen Beitrag zur durchgängigen Datennutzung“, betont B. Balz. Ziel ist es laut dem Spezialisten, mit dem smarten Easy System Designer grundsätzliche Maschinenfunktionen zu definieren und auf dieser Grundlage bereits programmgestützt eine Machbarkeitsprüfung zu erstellen: „Die Auswahl von Komponenten, die Planung von Strukturen und das Aufspüren von Inkonsistenzen und potenziellen Problemen wird mithilfe des intelligenten Helfers beschleunigt und vereinfacht.“

Der Easy System Designer bildet den Grundstein für einen digitalen Zwilling, also die Asset Administration Shell (AAS), die Struktur und Daten der Maschine als Single Point of Information enthält. „Die Datenkonsistenz und -durchgängigkeit werden signifikant erhöht“, stellt der Manager heraus.

Auch später kann auf alle benötigten Informationen zentral und standardisiert zugegriffen werden. „Ein einheitliches Datenmodell eröffnet die weitere Nutzung auch in anderen Werkzeugen oder sogar in Tools anderer Hersteller“, erläutert B. Balz. Weitere Webdienste reichern diese Struktur dann direkt mit technischen Daten und Dokumentationen der eingesetzten Geräte an. Der so entstandene digitale Zwilling schafft eine standardisierte Durchgängigkeit von Daten und Informationen und ist damit die Basis für die Nutzung in weiteren Tools und Anwendungen.

2 / 3

Ähnliche Beiträge