Steuerung 5.0: virtuelle Steuerungen

Multifunktionale Steuerungsplattform

Multifunktionale Steuerungsplattform ctrlX Core. (Quelle: Bosch Rextron)

Die virtuelle Steuerung

Die virtuelle Steuerung ist nicht mehr abbildbar – sie läuft in einer oder mehreren Instanzen unter anderem auf modernen Rechnerarchitekturen. (Quelle: Codesys)

Alle Steuerungen ab der Version 3.0 basieren auf der Hardware-Plattform, dem elektronischen Unterbau – die Software bestimmt die Funktion des Prozesses. Dennoch ist es die Hardware, die verkauft und verbaut wird. Wenn man neuerdings von virtuellen Steuerungen spricht, so ist dafür natürlich ebenfalls eine Hardware zur Ausführung erforderlich. Im Gegensatz zu den Software-basierten Steuerungen (Steuerung 4.0) wird die Hardware jetzt aber komplett abstrahiert. Dies bedeutet, dass die ausgeführte Soft-SPS gar nicht mehr wissen muss, auf welchem Gerät sie läuft. Das können nach wie vor dedizierte Steuerungsgeräte sein, wie etwa multifunktionale Steuerungsplattformen oder Industrie-PC, oder neuerdings auch Edge-Computing-Plattformen. Letztgenannte sind heute immer häufiger in Steuerungsnetzwerken von Maschinen- und Anlagenbetreibern zu finden. Oder in letzter Konsequenz sogar Cloud-Computing-Plattformen, die in irgendeinem Rechenzentrum stehen. Entscheidend ist die Abstraktion der Hardware durch Container oder Hypervisor. Darauf wird die Soft-SPS mit Standardmitteln „deployed“ bzw. per Tool orchestriert – eine Installation wie bei Steuerung 4.0 entfällt. Um Applikationen feingranular als Microservices aufzuteilen, kann man bei Bedarf einfach mehrere Instanzen parallel für unterschiedliche Steuerungsaufgaben anlegen – skalierbar in Speicher und CPU-Performance. Über virtuelle LAN-Schnittstellen lässt sich bequem eine Anbindung an physikalische Feldbussysteme realisieren. Das Echtzeitverhalten der Steuerung realisieren Container oder Hypervisor in den Anpassungen an das Betriebssystem. Als Vorteile gegenüber den anderen Steuerungstypen ergeben sich: eine Reduktion von Kosten und Aufwand für Beschaffung, Verdrahtung, Instandhaltung, Ausrollen von Applikationen sowie für die Administration der Geräte. So wird der teuerste Platz in einer Maschine – bekanntlich der Schaltschrank – nicht mehr von einer oder mehreren Steuerungen belegt. Netzteile und deren Verdrahtung entfallen. Anstatt der Beschaffung und Montage mehrerer Steuerungen genügt es, eine verfügbare IT-Plattform im Netzwerk mit virtuellen Steuerungen zu bespielen und diese zentral zu verwalten – und das von IT-Spezialisten anstelle von Automatisierern. OT und IT sind damit vollständig ineinander verschmolzen.

Projektierung seit Steuerung 3.0

Wie wird die Funktion der Steuerung festgelegt? Im Fall von Steuerungen 1.0 und 2.0 ganz eindeutig über die Hardware, und zwar durch Auswahl und Kombination von mechanischen oder elektrischen Komponenten. Seit Steuerung 3.0 sind es Programmier-Tools, zumeist nach IEC 61131-3 international normiert, mit denen die Anwendungsspezialisten die Funktion projektieren bzw. programmieren. 

Als von Geräteherstellern unabhängiges Tool hat sich Codesys seit Jahren etabliert. Zusätzlich zur Logikprogrammierung wurden immer mehr weitere Automatisierungsfunktionen in die Plattform integriert, sodass sich heute komplette Automatisierungsaufgaben in einer IDE projektieren lassen. Gleichzeitig setzen viele Anwender die kompatiblen Codesys Control Soft-SPS auf verfügbaren Standardplattformen mit MS Windows oder Linux ein und sprengen damit die traditionelle Abhängigkeit vom Gerätelieferanten. Gerade in Zeiten von Lieferschwierigkeiten ist es von Vorteil, wenn man bei Bedarf auf eine andere Hardware umsteigen kann, ohne die Steuerungsapplikation portieren zu müssen. Damit ist die Codesys Control die gesetzte Plattform, um virtuelle Steuerungen zu realisieren. Wie diese fünfte Steuerungsgeneration in der Praxis funktioniert, wie sie sich administrieren lässt und welche konkreten Anwendungsvorteile sich daraus ergeben, ist Thema eines Beitrags in der Schwesterzeitschrift etz, H. 4, S. 38 – 41 (siehe auch Online-Archiv: https://emagazin.etz.de).

Roland Wagner
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