Drei Klassen für Echtzeit-Ethernet

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Bild 2: (Quelle: Profinet)

Die zurzeit diskutierten Herstellerkonzepte für Echtzeit-Ethernet lassen sich in drei Klassen einteilen. Die Klassen unterscheiden sich im Hinblick auf die erreichbare Performance.

Systeme der Klasse 1 übernehmen Ethernet und die TCP/IP-Protokoll-Familie ohne jede Veränderung. Lediglich auf der Applikationsebene wird ein automatisierungsspezifisches Protokoll hinzugefügt. Zu dieser Klasse zählen unter anderem die Ansätze Modbus/IDA und Highspeed-Ethernet der Fieldbus Foundation.

Mit diesem Ansatz können Echtzeitanwendungen realisiert werden, die Latenzzeiten für die Prozessdatenübertragung im Bereich von 10 ms bis 100 ms erfordern.

In der Klasse 2 wird von der Priorisierung des Switched-Ethernet nach IEEE 802.1Q/D Gebrauch gemacht. Zusätzlich werden die signifikanten Laufzeitanteile der Endgeräte an der gesamten Latenzzeit durch Umgehung des TCP/IP-Stacks für die Echtzeitdaten optimiert. Es konnte gezeigt werden, dass mit diesem Ansatz in einer Linientopologie mit 50 Teilnehmern Worst-Case-Latenzzeiten von 10 ms für die hochprioren Daten garantiert werden können. Für eine optimale Performance sind in diesem Schritt anspruchsvolle Schicht-2-Software-Treiberkonzepte erforderlich, die die Eigenschaften des jeweils verwendeten Ethernet-Controllerchips berücksichtigen. In diese Klasse gehören zum Beispiel Profinet mit RT und Ethernet/IP.

In der Klasse 3 sind Echtzeiterweiterungen des Standard-Ethernet notwendig. Hierbei werden Zeitschlitzverfahren auf Basis individueller Frames benutzt, die, wie bei dem hubbasierten Powerlink, zentral durch ein Master-Slave-Verfahren oder, wie bei Profinet mit IRT, verteilt durch die Verwendung spezieller Switches realisiert werden. Beim Ethercat-System, das ebenfalls dieser Klasse zuzuordnen ist, wird ein Summenrahmenverfahren in Kombination mit einem Master-Slave-Prinzip sowie spezieller Slave-Protokollchips genutzt.

Mit den Ansätzen dieser Klasse wird das Problem gelöst, dass ein wichtiges Echtzeittelegramm auf seiner Reise durch das Netzwerk durch niederpriore Telegramme verzögert werden kann. Daher sind nur hier Latenzzeiten im Sub-Millisekundenbereich sowie ein Jitter im Sub-Mikrosekundenbereich erreichbar.

Verschiedene Ansätze für Echtzeit-Ethernet

Im Folgenden soll der Frage nachgegangen werden, welches Echtzeit-Ethernet-Verfahren bezüglich der Performance möglichst viele Anwendungsbereiche abdeckt und damit vom Anwender universell eingesetzt werden kann. Wie schon erwähnt, lassen sich in Bezug auf die Organisation der Frameübertragung in der Klasse 3 zwei Prinzipien bei den dort angesiedelten Echtzeit-Ethernet-Systemen ausmachen. Zum einen das Summenrahmenverfahren, bei dem mit einem Frame mehrere Teilnehmer gleichzeitig mit Daten versorgt werden, zum anderen der Ansatz der Datenzustellung mit individuellen Frames für jeden Teilnehmer. Prominenter Vertreter des Summenrahmenverfahrens ist Ethercat und der individuellen Frames Profinet. Daher konzentrieren sich die Leistungsbetrachtungen im Folgenden auf diese beiden Systeme.

Physikalische Laufzeit und Übertragungszeit

Die beiden wichtigsten Einflussfaktoren für Performancebetrachtungen sind die physikalische Laufzeit und die Übertragungszeit eines Frames. Während die Laufzeiten im Vergleich zu den Übertragungszeiten von Frames bei den heutigen Feldbussystemen vernachlässigbar sind, wird diese Zeitkomponente bei Ethernet aufgrund der hohen Bitrate schnell zu einem dominierenden Faktor. Die Laufzeit setzt sich aus der Zeit auf dem Medium und der Summe der Durchleitezeiten der aktiven Teilnehmer zusammen.

Die Analyse verschiedener realer Anlagen hat gezeigt, dass sich für eine optimale Verkabelung häufig Topologien in Form sogenannter Kammstrukturen, das heißt Hauptlinien mit mehreren Abzweigen, ausprägen. Weiterhin sind durch die Modularisierung von Anlagen häufig unterschiedliche Update-Zeiten der Teilnehmer zu berücksichtigen. Im Bereich der einfachen Sensor-Aktor-Vernetzung innerhalb einer Maschine ist hingegen oft eine reine Linienstruktur vorteilhaft, und die Feldgeräte werden mit der gleichen Update-Zeit angesprochen. Diese beiden Anwendungsfälle eines schnellen Echtzeit-Ethernet wurden mithilfe entsprechender Szenarien näher betrachtet.

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