Babylonische Sprachverwirrung
Christoph Neumann, VP Technology, Kontron: „TSN ermöglicht eine echtzeitfähige, deterministische Datenkommunikation von der Sensorebene bis in die lokale Cloud. Es wird sich daher auf Sicht als weltweit anerkannter, einheitlicher Industriestandard etablieren“. (Quelle: Kontron)
Ethernet ermöglicht zwar die schnelle Übertragung großer Datenmengen, hat jedoch kein wirklich berechenbares Zeitverhalten und erfüllt somit diese Kriterien nicht. Daher entstand unter dem gemeinsamen Begriff Industrial Ethernet eine Fülle verschiedener – im Grunde proprietärer – Systeme, die vom Ethernet-Standard mehr oder weniger stark abweichen und nicht miteinander kompatibel sind.
„Unterschiedliche inkompatible Protokolle über Schnittstellen zu einem Gesamtnetzwerk zusammenzuschließen, ist immens aufwendig“, weiß Christoph Neumann, Vice President Technology beim Embedded-Computerhersteller Kontron. „Nur mit einem einheitlichen, echtzeitfähigen Netzwerk, das interoperabel ist und die Standards der IT mit den Standards der Industrie vereinheitlicht, wird die Umsetzung der Methoden von Industrie 4.0 realistisch."
Herstellerübergreifende Kommunikation
Die Voraussetzung dafür ist ein offenes und zugleich echtzeitfähiges Kommunikationsprotokoll. Führende Hersteller von Automatisierungs- und Informationstechnik setzen hier bei auf die herstellerunabhängige Kommunikationslösung OPC UA over TSN. Deren Weiterentwicklung und Verbreitung widmet sich die Field-Level-Communication-Arbeitsgruppe innerhalb der OPC Foundation. Aktuell ist dieser universelle Kommunikationsstandard dabei, sich als weltweit einheitlicher Echtzeit-Kommunikationsstandard zu etablieren.
Der Hintergrund: Mit Open Platform Communication Unified Architecture (OPC UA) nach IEC 62541 existiert bereits seit 2006 ein industrieller Kommunikationsstandard, mit dem sich Maschinendaten maschinenlesbar semantisch beschreiben lassen. Neben seiner Herstellerunabhängigkeit und inhärenten Security verdankt OPC UA seine hohe Popularität einem integrierten Vorstellungsmechanismus. „Damit lassen sich neue und bis dahin unbekannte Geräte später ins Netzwerk einbinden, ohne dies von vorn herein im Programm oder bei der Konfiguration berücksichtigen zu müssen“, beschreibt C. Neumann dessen Nutzen. „Das macht Produktionsanlagen zukunftssicher, denn es reduziert den Aufwand für Umbauten und Modernisierungen.“
Allerdings verfügt OPC UA nicht über ein deterministisches Zeitverhalten, sodass es sich nicht für die Übertragung von Echtzeitdaten innerhalb synchronisierter Anlagenteile eignet. Für den Datenaustausch zwischen Steuerungen führte die OPC Foundation daher das schnelle Kommunikationsmodell Publisher-Subscriber (Pub/Sub) ein. Der kontinuierliche Versand, ohne zwischen einzelnen Nachrichten Antworten der Empfänger abzuwarten, bringt bereits eine erhebliche Beschleunigung der Kommunikation und eine Entlastung des Netzwerks. Die Fähigkeit zu einem deterministischen, harten Echtzeitverhalten entsteht jedoch durch Nutzung des echtzeitfähigen Ethernet-Standards TSN (Time Sensitive Networking)