Interview mit A. Fritsch und T. Rummel

Beispiel-Topologie für den Einsatz von Ethernet-APL in Prozessanlagen

Beispiel-Topologie für den Einsatz von Ethernet-APL in Prozessanlagen (Quelle: R. Stahl)

Welcher Aufwand erwartet Anwender bei der Umstellung der bestehenden Infrastruktur, mit zum Beispiel Hart oder FF, auf Ethernet-APL-Technologie?

A. Fritsch: Ziel der Ethernet-APL-Arbeitsgruppe war und ist es, diesen Umstieg für den Anwender so einfach wie möglich zu gestalten. So haben wir beispielsweise großen Wert darauf gelegt, dass die bei FF H1 und Profibus PA häufig eingesetzten Typ-A-Leitungen auch mit Ethernet-APL weiter verwendbar sind. Selbst qualitativ weniger hochwertige Leitungen, die eventuell bei klassischen 4...20-mA- und Hart-Installationen eingesetzt wurden, sind mit Einschränkungen verwendbar. Dazu wurden verschiedene Leitungskategorien spezifiziert, mit denen auch Bestandsanlagen ohne Änderung der Verkabelung modernisiert werden können. Ein weiterer Vorteil der Ethernet-Technologie ist, dass ganz unterschiedliche Systeme in einem Netzwerk miteinander funktionieren. So kann man zum Beispiel einen Anlagenteil mit Ethernet-APL-Feldgeräten bauen, während ein anderer Anlagenteil noch konventionelle Feldgeräte nutzt und diese über ethernetfähige Remote-IO-Systeme dann in den gemeinsamen Ethernet-Backbone bringen.

Das machen wir bereits heute ohne Ethernet-APL. Unser IS1+- Remote-IO-System für die Zone 1 sammelt alle Feldgerätedaten inklusive Hart-Signale ein und kommuniziert beispielsweise über einen Profinet-S2-Ring mit dem Leitsystem.

T. Rummel: Und auch an die 2-Draht-Feldbusse wird gedacht: Um die einfache Umstellung und den frühen Einsatz von Ethernet-APL zu ermöglichen, beabsichtigen wir, Funktionalitäten unserer existierenden Produkte wie dem „pnGate PA“ in die APL-Switches zu integrieren. Damit würde eine schrittweise Umstellung der Feldgeräte in den Anlagen von Profibus PA auf Profinet möglich.

Herr Rummel, der Softing-Geschäftsbereich IT Networks ist Mitglied im SPE Partner Network. SPE (Single Pair Ethernet) ist quasi das APL-Pendant im Bereich der Fabrikautomation. Inwieweit ist das Zusammenspiel beider Zwei-Draht-Ethernet- Technologien in welchen Applikationen sinnvoll und möglich?

T. Rummel: Ethernet-APL basiert auf dem IEEE-SPE-Standard 10Base-T1L und realisiert zusätzlich eine eigene, Ex-fähige Stromversorgung der Switches und Feldgeräte. Deswegen sind Switches und Feldgeräte spezifisch für Ethernet-APL und können nicht in Standard-SPE-Umgebungen genutzt werden. Das Zusammenspiel von Ethernet-APL und Standard-SPE erfolgt über eigene Switches, die via Standard-Ethernet (100/1000Base-TX) in einem Ring oder Stern verschaltet sind. Dies ist sehr sinnvoll für hybride Anwendungen in denen Steuerungsaufgaben der Fabrik- und Prozessautomatisierung zusammenkommen. Unser Geschäftsbereich IT Networks arbeitet neben dem Engagement in dem SPE Partner Netzwerk auch weltweit in Normungsgremien an Testlösungen für Single-Pair-Verkabelungen.

Die Vergangenheit hat gezeigt: Neue Kommunikationstechnologien benötigen in der Regel rund 15 Jahre, bis sie sich etabliert haben. Bis wann rechnen Sie mit einem ernstzunehmenden Ecosystem an APL-Produkten und dem breiten Einsatz der Technologie im Prozessumfeld?

T. Rummel: Ich gehe davon aus, dass bereits in fünf Jahren das Ecosystem für den breiten Einsatz von Ethernet-APL vorhanden sein wird. Die Installationsansätze von Ethernet-APL bieten den Vorteil, dass die Controller mit ihren bereits existierenden Ethernet-Anschaltungen und Kommunikationsprotokollen arbeiten können. Nur für die Switch-Infrastruktur und die Feldgeräte werden neue Produkte für die Unterstützung von Ethernet-APL benötigt.

Softing Industrial wird auch die Verfügbarkeit von Ethernet- APL-Geräten durch Technologie-Integrationsprodukte wie das „commModule APL“ unterstützen, welches die Erstellung von Ethernet-APL-Feldgeräten vereinfachen wird.

A. Fritsch: Vielleicht geht das alles sogar schneller als wir es uns heute vorstellen können. Die Zeit ist reif für eine moderne Ethernet-Infrastruktur. Unser Verkauf an ethernetfähigen Remote- IO-Systemen ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. In Verbindung mit Ethernet-APL und den dann verfügbaren intelligenten Feldgeräten sowie den neuen Lösungen zur Integration in Leitsysteme und Plant Asset Management Tools gibt es eigentlich keinen Grund, weiter mit konventioneller Technik zu arbeiten.

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Inge Hübner
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